Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 138
reüssiert - ich nenne
sie jetzt nicht, weil es nicht um die Werbung geht -, hat in einigen Bereichen
Aufträge vorzuweisen, sie hat eine neue technologische Entwicklung gemacht und
ist dann von Pontius zu Pilatus, zu Bundesstellen, Risikokapitalfonds gewandert
und gewandert und gewandert und hat eineinhalb Jahre gebraucht, bis eine
Finanzierung möglich war. Auf Grund der Konjunktursituation der
Risikokapitalgeber hat das nicht funktioniert, aber es hat dann nur einiger
weniger Anrufe bei einer sehr engagierten Mitarbeiterin im
Wirtschaftsförderungsfonds bedurft, dass es dann doch geklappt hat.
Aber das kann doch nicht eine Struktur sein, meine Damen und Herren,
dass wir all jene, die über innovative Ideen verfügen, in einen Dschungel
schicken, in einen abweisenden Dschungel der Nichtzuständigkeiten, und nur die
Härtesten kommen durch. Ich meine, es ist ja auch bezeichnend, dass wir zwar
eine der geringsten Unternehmensgründungsraten haben, dass aber die, die es
trotz allem schaffen, die geringsten Konkursraten haben. Was heißt denn das? -
Wer es einmal geschafft hat, eineinhalb Jahre durchzuhalten und trotz dieser
Wirtschaftspolitik, trotz dieser bürokratischen Förderpolitik nicht aufzugeben,
der kommt durch. Das ist die Logik - das ist nicht nur in Wien so, das ist
österreichische Gesamtkultur -: Wer das erträgt, wer das geschafft hat, der ist
- wie soll ich sagen - schon fast nobelpreisreif. Aber wie viele bleiben da auf
der Strecke?
Wie viele begnadete
Musiker, wie viele begnadete Menschen, die Kreativität haben, sind nicht
automatisch mit einem wirtschaftspolitischen Gesamtpackage ausgestattet, können
nicht aus sich heraus, können nicht sofort Businesspläne machen. Gerade darum
setzen viele deutsche, setzen viele britische Institutionen auf eine
Unternehmensgründungskultur. Das ist wie beim Häuselbauen. Wenn man ein Haus
selber gebaut hat und nach zwölf Jahren und viel Schweiß fertig ist, sagt man:
Jetzt wüsste ich alles, wenn ich noch einmal anfangen müsste. So ist es auch im
Bereich der Unternehmensgründung. Ein, zwei Jahre wird Know-how angesammelt,
dann hat man es geschafft oder man hat es nicht geschafft, und dann fängt der
Nächste an.
Anstatt dass
Sie entsprechende Beratungsstellen bereitstellen, nicht einen neuen
Finanzierungsfonds, sondern Business-Angels, oder wie immer man das nennt, die
speziell im Kulturbereich, der wesenhaft nicht unmittelbar mit wirtschaftlicher
Kompetenz ausgestattet ist, beraten. Warum soll eine Band ausgerechnet Formen
der Internationalisierung, des Auftritts, des Verhandelns mit Labels wirklich
geübt sein? - Ja, einige wenige sind es und die sind dann auch erfolgreich.
Aber verdammt noch einmal, ist das nicht Aufgabe der Wirtschaftspolitik und
nicht primär eine Aufgabe der Kulturpolitik? - Ja, das muss Kern der
Wirtschaftspolitik werden, dass man sagt: Wie bringen wir zwei zusammen?
Um nur ein
Beispiel zu nennen - ich habe es schon einmal gebracht und hoffe, dass das für den
Kollegen Riesland umsetzbar ist -, ein kleiner Bereich: Was ist das
Marketinginstrument im Bereich von Musik, dieses gesamthaft wachsenden Markts?
- Das sind Musikvideos, die in VIVA und MTV gespielt werden. Deren Produktion
kostet aber Geld. Es wäre doch wunderbar - und das wäre ein Zwanzigstel
Volksgarage; ich sage es bewusst in derartigen Einheiten, um zu zeigen, dass
genug Geld da ist -, einen Fonds auszuschreiben, dass drei, vier, fünf, die
wirklich gut sind, in einem Wettbewerb, um Musik- und Filmindustrie
zusammenzubringen, für einen internationalen Auftritt aus
wirtschaftspolitischen Gründen die Produktion eines kreativen Spots unterstützt
bekommen. Für ein kleines Musikunternehmen ist die Finanzierung eines
Videospots durchaus nicht leistbar. Darum machen es auch viele nicht. Aber wer
weiß, wie der internationale Musikmarkt funktioniert, muss wissen, dass es ohne
nicht geht. Wo ist das in der Wiener Wirtschaftsförderung? - Solche Beispiele,
wo das nicht funktioniert, könnte ich Ihnen Dutzende nennen.
Ich nehme das
Angebot von Rieder und Riesland durchaus ernst, dass man es versucht und bis
zum Sommer des Jahres 2002 wirklich etwas für die cultural industries herlegt.
Dass das nicht so einfach ist, ist klar. Es ist natürlich leichter, eine Straße
zu finanzieren oder ein Fabriksareal oder ein Grundstück zu geben, als wenn es
um etwas geht, das knowledge based ist und sich die Frage stellt: Wie geht man
damit um?
Aber bauen wir
auf diese Bereiche auf, die Sie bereits kennen: zeitgenössische Architektur,
zeitgenössische Literatur als wirtschaftspolitischer Cluster. Verlage,
Webproduktionen, Lesungen, Bücher - das ist auch ein Bereich. Wenn man sich das
Drama der österreichischen Verlage anschaut, gegenüber deutschen Verlagen,
frage ich mich: Wo ist hier die Wirtschaftspolitik geblieben?
Es stellt sich
auch die Frage neuer Umsetzungen im musealen Bereich. Es ist doch verrückt,
dass es im Bereich der USA entsprechende Museen gibt, die weitaus weniger an
Substanz, an Content haben, die aber in der Vermarktung einfach besser sind.
Genau in diese Vermarktung hinein zu steigen, wäre eine Aufgabe.
Das ist mir
ein leidenschaftliches Anliegen, darum bringe ich das jetzt auch so
ausführlich. Wir wollen uns da auch massiv einbringen. Sie sollten erkennen,
wie viele Menschen es gibt, die hin und her geschickt werden, die, wenn
überhaupt angesprochen, zwischen Kultur als abgeschlossenem Bereich und
Wirtschaftsförderung als abgeschlossenem Bereich mitten durchfallen. Sie
sollten erkennen, welche Möglichkeiten der wirtschaftspolitischen Entwicklung
wir hätten, wie viele Beschäftigungsmöglichkeiten wir hätten. Um das endlich zu
nutzen, sollte uns das - um eine Größenordnung zu nennen - drei Volksgaragen im
nächsten Jahr wert sein.
Ich glaube daran,
oder ich hoffe - das liegt in
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