Gemeinderat,
9. Sitzung vom 14.12.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 138
Fehler zu dringen.
Seine Mittel sind allerdings beschränkt. Er hat keine exekutiven Möglichkeiten
zur Durchsetzung; er muss Überzeugungsarbeit leisten. Es ist daher sehr
wichtig, dass der Rechnungshof, dass sein Präsident die Möglichkeit hat, diese
Überzeugungsarbeit in direkter Diskussion mit dem Kontrollherrn, dem
Gemeinderat, zum Ausdruck zu bringen, und dass er sich dort artikulieren kann.
Auch unter diesem Gesichtspunkt halte ich daher das Rederecht des Präsidenten
für ganz besonders wichtig.
Die Kritik des Rechnungshofs - und das ist nun wieder
ein Anliegen der geprüften Stellen, aber auch des Gemeinderats - hat
konstruktiv zu sein. Darauf lege ich ganz besonderen Wert. Destruktive Kritik,
die nichts anderes tut, als Fehler aufzuzeigen, ohne Wege zu weisen, wie diese
Fehler beseitigt werden können, halte ich für falsch oder zumindest für eine
Halbheit. Ich glaube auch sagen zu können, dass wir in den Berichten, die heute
zur Behandlung anstehen, nicht nur Kritik geübt, sondern auch jeweils darauf
hingewiesen haben, wie dieser Kritik Rechnung getragen werden soll und wie jene
Stellen, die sich mit den Rechnungshofberichten zu befassen haben, agieren
sollen, damit die Fehler in Zukunft vermieden werden.
Der Rechnungshof betrachtet sich ganz allgemein als
Berater, in erster Linie als Berater jener Stellen, die er zu überprüfen hat
und mit denen er in ein Stellungnahmeverfahren eintritt, in dessen Verlauf er
sich die Stellungnahmen selbstverständlich sehr gut ansieht, auch den eigenen
Standpunkt überdenkt und dann seine Gegenäußerung abgibt.
Der Rechnungshof betrachtet sich aber auch als
Berater des Gemeinderats, der es ja gleichfalls in der Hand hat, durch
entscheidende Maßnahmen auf die Verwaltung einzuwirken und eben damit die
Kontrollrechte zu effektuieren, die ihm zustehen, um für eine bessere
Verwaltung - wenn Sie wollen, auch für eine noch bessere Verwaltung - zu
sorgen. Natürlich richtet sich der Bericht des Rechnungshofs auch an den
Stadtsenat, an die einzelnen zuständigen Mitglieder, damit sie in ihrem
Verantwortungsbereich das Nötige vorkehren, um in Hinkunft jene Mängel, die der
Rechnungshof festgestellt hat, vermeiden zu können und vermeiden zu lassen.
Dass es dabei unterschiedliche Standpunkte gibt -
sowohl mit der überprüften Stelle als auch mit der Stadtregierung und auch, wie
durchaus denkbar ist, mit dem Gemeinderat, mit einzelnen Mitgliedern des
Gemeinderats -, liegt auf der Hand. Der Rechnungshof kann nicht verlangen, dass
alle seiner Meinung sind und dass alle, seien es die Mitglieder der
Stadtregierung, seien es die Mitglieder des Gemeinderats, ihm in allen Punkten
Recht geben. Aber er nimmt doch für sich in Anspruch, dass man sich mit seiner
Kritik und seinen Feststellungen ernsthaft auseinander setzt. Er nimmt auch für
sich in Anspruch, dass die Berichte, die er legt, im Geiste der Kooperation
behandelt werden. Denn nur dann, wenn der Gemeinderat als Kontrollherr und der
Rechnungshof als Kontrollorgan kooperativ vorgehen, kann Gewähr dafür bestehen,
dass Mängel in Zukunft beseitigt werden.
Hoher Gemeinderat! In der Vergangenheit ist immer
wieder eine Diskussion darüber abgeführt worden, ob es überhaupt notwendig sei,
dass die Gemeinde Wien neben dem Kontrollamt der Stadt Wien auch noch ein
weiteres Kontrollorgan, nämlich den Rechnungshof, beanspruchen kann. Man hat
vielfach darauf verwiesen, dass das Kontrollamt als qualifiziertes Prüforgan
allein ausreichen müsse, um all jene Mängel aufzudecken, die es aufzudecken gilt.
Den Rechnungshof würde man dann nicht brauchen.
Ich glaube, dass diese Argumentation - um die es
allerdings in letzter Zeit Gott sei Dank stiller geworden ist - zu kurz greift.
Gewiss schätzt der Rechnungshof die Qualität des Kontrollamts der Stadt Wien.
Er hat ein sehr gutes Verhältnis zum Kontrollamt der Stadt Wien und ist sehr
froh, dass es dieses Kontrollamt gibt. Denn dieses Kontrollamt, das nicht nur
über hoch qualifizierte Prüfer verfügt, hat auch wesentlich mehr Ressourcen zur
Verfügung, um im Bereich der Gemeinde Wien Prüfungen vornehmen zu können. Der
Rechnungshof kann, was die Gemeinde Wien und die dort vorzunehmenden Prüfungen
betrifft, klarerweise nur einen geringen Teil seiner Prüfer zum Einsatz
bringen. Ich bin sehr froh darüber, dass es das Kontrollamt der Stadt Wien
gibt.
Ich bin auch sehr froh darüber, dass das Kontrollamt
jeweils sehr zeitnahe Prüfungen vornimmt. Das ist die Stärke des Kontrollamts
der Stadt Wien. Es besitzt eine wesentlich größere Nähe zur Stadtverwaltung und
hat daher einen wesentlich tieferen Einblick in einzelne Angelegenheiten. Einen
solchen tiefen Einblick muss sich der Rechnungshof bei seinen Prüfungen
vielfach erst verschaffen. Ich glaube auch sagen zu können, das Kontrollamt
kann rascher reagieren, wenn es darum geht, Mängel schneller abzustellen. Der
Rechnungshof kann sein Prüfungsprogramm nicht immer so rasch umstellen.
Auf der anderen Seite muss man allerdings auch
bedenken, dass es Dinge gibt, die das Kontrollamt der Stadt Wien beim besten
Willen nicht machen kann. Das sind zum einen die Vergleiche mit anderen
Bundesländern. Es ist dem Kontrollamt der Stadt Wien begreiflicherweise nicht
möglich, in anderen Bundesländern zu prüfen und auf Grund der dort gemachten
Erfahrungen Vergleiche mit der Verwaltung in Wien anzustellen. Der Rechnungshof
kann dies tun.
Es trifft sich besonders günstig, dass die heute zur
Behandlung stehenden Berichte dafür gute Beispiele abgeben. Sowohl die Prüfung
der Wohnbauförderung quer durch Österreich als auch die Prüfung der sanitären
Aufsicht quer durch Österreich sind solche Beispiele, bei denen der
Rechnungshof seine vollen Prüfungskapazitäten und seine vollen
Prüfungskompetenzen ausschöpfen kann. Er hat in allen Bundesländern geprüft und
kann daher einen Vergleich vornehmen, wie die Situation in den einzelnen
Bundesländern ist.
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