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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 01.2.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 94

 

dann noch zur näheren Ausführung.

 

Jetzt könnte man sagen, Vorarlberg, das ist ländliches Gebiet, dort gibt es viele Bauern, die werden das alles hinten im Hof kompostieren. Aber im Vergleich zu Graz ist es so, dass Wien - jetzt noch einmal - 316 Kilogramm Hausmüll pro Kopf und Jahr produziert, Graz 185 Kilogramm pro Kopf und Jahr und Linz 200 Kilogramm pro Kopf und Jahr. Das heißt also, Wien hat um insgesamt 116 Kilogramm pro Kopf und Jahr mehr als Linz und um 131 Kilogramm mehr als Graz. Graz ist immerhin die zweitgrößte Stadt Österreichs und da gibt es nicht nur Äcker, Wiesen und Felder und lustige Bauern, die mit dem Traktor herumfahren, sondern im Grunde genommen auch eine arbeitende Bevölkerung, die aus ganz vielen Singles und auch aus arbeitenden Frauen besteht.

 

Und da bin ich schon bei einem ganz wichtigen Punkt. Die Frau Stadträtin hat uns ja gestern auf meine Anfrage, wieso denn in Vorarlberg weitaus weniger Müll pro Kopf produziert wird, erklärt - und das möchte ich Ihnen vorlesen -: "Selbstverständlich, jedes Bundesland hat seine eigene Systemmüllabfuhr, hat eigene Regelungen zur getrennten Sammlung. Sicherlich ist es so, dass in einer Großstadt eine andere Familienkultur auftritt als auf dem Land" und so weiter und so weiter. Und jetzt kommt es! "Zum Glück arbeiten in der Stadt sehr viel mehr Frauen als auf dem Land und damit ergibt sich natürlich die Notwendigkeit eines anderen Einkaufens, eines anderen Lebensverhaltens, eines anderen Kochens." - Gut.

 

Weiters dann über die Singles: "Auch ein wesentlicher Punkt im Lebenszusammenhalt in einer Stadt ist normal die Situation, dass wir sehr viele Singlehaushalte aufweisen mit sehr vielen Vereinzelungen und Vereinsamungen und deswegen eben ein anderes Konsumverhalten."

 

Wir wollen von der Frau Stadträtin in diesem Zusammenhang natürlich auch wissen, warum sie der Meinung ist, dass berufstätige Frauen eben aus diesem Grund mehr Müll produzieren. Wenn das nämlich wirklich ihre Meinung ist, widerspricht das eigentlich diametral allen Anregungen, allen Wünschen, allen politischen Aussagen der regierenden Partei, nämlich der SPÖ. Möglicherweise wäre es so für die ÖVP, aber sicherlich nicht für die SPÖ. Ich würde mir wünschen, dass die Frau Stadträtin uns einmal erklärt, was sie damit meint.

 

Erster großer Komplex ist also: Die Müllverbrennung bringt höhere Müllgebühren. Da fährt die so genannte Eisenbahn drüber, in Wien möglicherweise die Straßenbahn.

 

Zweiter Punkt: Es gibt ein Müllvermeidungskonzept, erklärt uns die Frau Stadträtin, und zwar in ganzseitigen Inseraten im "Standard", die insgesamt 450 000 S kosten. Da wird einerseits gesagt, Wien ist super, superer, am supersten - wie ohnedies überall -, andererseits heißt es: Wien hat das superste Abfallvermeidungskonzept der Welt. Dann liest man genauer und findet einen einzigen Punkt und der heißt: Einführung eines Pfandsystems auf Einwegflaschen.

 

Wir haben diesen Antrag gestellt, die SPÖ hat uns zugestimmt, es war ein Antrag an den Bund. Die SPÖ hat auch die Verpackungsverordnung angefochten. Das finden wir ausgezeichnet. Das einzige Problem bei dieser Müllvermeidungsmaßnahme ist nur: Wien kann eigentlich gar nichts machen, sondern es ist Bundesangelegenheit, ein Bundesgesetz. - Gut. Wenn man das abzieht, was bleibt an berichtenswerten Vermeidungsmaßnahmen von der Frau Stadträtin oder der Politik, die sie momentan verfolgt, übrig? - Gar nichts! Überhaupt gar nichts!

 

In einem ganzseitigen Inserat in der Bezirkszeitung, also in allen Bezirkszeitungen durchgeschaltet - und das finde ich ganz interessant, denn das Inserat ist natürlich auch nicht umsonst, kostet auch einiges an Geld -, ist wiederum von genau dem Gleichen die Rede: Es gibt so viele tolle Maßnahmen. Letztendlich bleibt aber nur das Pfand übrig und - was ganz, ganz wichtig ist bei dieser Geschichte - schuld daran, dass es so viel Müll gibt, sind die KonsumentInnen. Schuld sind nur die KonsumentInnen, alle anderen nicht. Der Staat ist eigentlich nicht dafür verantwortlich, die Politik kann sich davon verabschieden.

 

Liebe Frau Stadträtin! Das ist neoliberale Politik. Schuld sind immer nur die kleinen Leute. Die müssen nur nachdenken darüber und dann wird alles besser oder eben nicht. Die Politik hat eine Steuerungsfunktion und auch Ihre Politik hat eine Steuerungsfunktion. Es kommt immer darauf an, wo man hinsteuert. Sie steuern in Richtung Müllpreiserhöhung und nicht in Richtung Müllvermeidung.

 

Ich möchte Ihnen das Zitat gerne vorlesen - normalerweise kann man Zitate ja gegenlesen -, und da steht drinnen: "DI Isabella Kossina: 'Nicht die Politik ist für die steigenden Müllmengen verantwortlich, sondern die Menschen - jeder Einzelne selbst.'" - Wenn das richtig ist, dürfen Sie die Verpackungsverordnung gar nicht anfechten, denn da ist jeder einzelne Konsument, jede Konsumentin schuld, dass es so viel Müll gibt. Das heißt, man muss zu den Haushalten gehen, Aufklärungspolitik machen, und dann könnte man sagen, da und da soll das und das passieren.

 

Das ist genauso wie einer Ihrer Vorschläge zur Müllvermeidung, man soll Quizspiele im Fernsehen veranstalten, bei denen die Leute einen Preis bekommen, wenn sie die richtige Antwort geben bezüglich Müllvermeidung. Ich glaube, die Müllvermeidung in Österreich würde massiv zunehmen, wenn Sie zum Beispiel als Preis ein Frühstück mit dem Bürgermeister vergeben könnten oder so. Das wäre eine tolle Angelegenheit.

 

Kommen wir zur nächsten Geschichte, die wir ebenfalls einmahnen sollten. Eine Ihrer tollen Initiativen, die natürlich auch einiges Geld kostet - deswegen ja auch die Müllpreiserhöhung -, ist eine Internet-Seite, die sich sauberbrenner.at nennt. Ich habe diese tolle Geschichte kopiert, und da steht: "Wer richtig Müll sortiert" - und wohlgemerkt, Müllvermeidung ist bei Ihnen immer nur Müll sortieren -, "hat die Chance auf ein Wochenende in einer europäischen Hauptstadt nach Wahl." Und so ein-

 

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