Gemeinderat,
11. Sitzung vom 01.2.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 94
Verbrennungsart und auch so viel Kapazität als möglich und,
wenn möglich, dann auch noch, wenn sie mit dem Wiener Abfall nicht das
Auslangen findet, mit Zukauf aus den anderen Bundesländern. Das mag ein
legitimes Geschäftsinteresse eines privaten Unternehmens sein, aber es kann
nicht im Interesse und auf Kosten der Wienerinnen und Wiener gehen.
Und zu der von der Frau Stadträtin immer wieder
zitierten Autarkie. Das ist zwar sehr begrüßenswert, aber es gilt ja auch nicht
beim Sondermüll. Schließlich und endlich wird bei der Sondermüllverbrennung,
bei der EBS, 70 Prozent Sondermüll aus anderen Bundesländern verbrannt.
Und im SUP-Abfallwirtschaftsplan wird über Kooperationen mit dem Wiener Umland
gesprochen. Ja, was soll denn das dann heißen? - Sie sagen, der Müll wird
jedenfalls in Wien behandelt und es wird keinen Zukauf aus dem Umland geben.
Was sollen das dann für Kooperationen sein? Warum soll man über die nicht
nachdenken dürfen? - Selbst Bgm Häupl hat in den letzten Tagen - zumindest in
einigen Zeitungsmeldungen wurde das so gebracht - über eine Gemeinschaftsanlage
in Niederösterreich im Großraum Wien nachgedacht. Und ich denke, das ist
legitim. In Wien fällt ja auch sehr viel Müll des Großraums Wien, also auch der
Pendler und so weiter, an. Warum soll man nicht nachdenken können über
Alternativen der Form der Müllentsorgung - es muss nicht eine Verbrennung sein
- im Umfeld von Wien, vielleicht in Gemeinden in Gegenden, die nicht sehr dicht
besiedelt sind, in Gemeinden, die vielleicht Geld brauchen könnten? - Das muss
durchaus legitim sein, darüber nachzudenken, dass der Müll nicht unbedingt
gerade im Ballungszentrum verbrannt werden muss.
Und wenn der Vorschlag von BV Brix durchgeht, nämlich
dass der Flötzersteig offen bleiben soll, dann bin ich davon überzeugt, dass
dort nicht nur auf Minimum verbrannt werden wird. Ich glaube nicht, dass
irgendjemand daran glaubt, dass die Fernwärme Wien oder wer auch immer der
Betreiber ist, dort auf Minimum-Kapazität läuft, sondern selbstverständlich
wird der Betreiber versuchen, seine Anlage auszulasten, und eine optimale
Auslastung in diesem Fall heißt jedenfalls Zukauf von Müll aus anderen
Bundesländern. Und da kann uns die Stadträtin ruhig einreden, sie ist gegen
einen Müllimport. Der wird dann stattfinden, weil das sind die
Geschäftsinteressen eines privaten Betreibers.
Und was jetzt die Standortfrage anlangt: Auch das war
ein trauriges Schauspiel. Es gab wochenlange Spekulationen, verschobene Termine
für die Expertenergebnisse und Äußerungen, wie: Einer muss die Krot schlucken.
- Das ist sehr wenig professionell und auch kein adäquater Umgang mit der
Bevölkerung. Und wenn man Leuten, besorgten Bürgern, die anrufen und sich
vielleicht ein bisschen unbotmäßig äußern über möglicherweise betroffen zu sein
als Standort, auch noch mit rechtlichen Schritten droht, wegen ihrer
Äußerungen, dann ist das sicherlich auch kein sehr freundlicher Umgang mit der
betroffenen Bevölkerung, mit der ängstlichen Bevölkerung, die bangt und hofft,
weil ja nach wie vor noch immer niemand genau und dezidiert weiß - auch heute
nicht -, wer jetzt das Match Simmering gegen Inzersdorf/Rothneusiedl gewinnen
wird.
Und man könnte die Frage stellen: Zieht Gemüse Müll
an? - Wien ist anders. In Wien ist es so. Denn offenbar läuft es darauf hinaus,
dass entweder Tausende Lkw durch das Gebiet der Wiener Gärtner zur nächsten
Müllverbrennungsanlage fahren oder aber die Müllverbrennungsanlage wird
überhaupt gleich neben dem Großgrünmarkt erbaut. Also, überall anders würde man
das nicht Umweltmusterstadt, sondern Schildbürgerstreich nennen. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Entscheidung ist nach wie vor ausständig, die
politische Entscheidung. Wir wissen nicht, wann sie fallen wird. Im Bericht
wird über die Standorteignung wörtlich gesagt: "Obwohl bei der endgültigen
Festlegung des Standorts die Akzeptanz durch die betroffene Bevölkerung eine
wesentliche Rolle spielen wird, wurde dieser Gesichtspunkt beim Vergleich
ausgeschlossen" - das ist natürlich nicht sehr begrüßenswert -, "da
dessen Berücksichtigung den politischen Gremien beziehungsweise den weiteren
Verfahren vorbehalten bleiben soll." - Na ja, wie das dann vor sich gehen
soll, auf das bin ich auch schon neugierig.
Das heißt also: Immer wieder zeigt sich, dass die
Stadtregierung nicht die Interessen der Wienerinnen und Wiener vertritt,
sondern offensichtlich Lobbyist für verschiedene Betriebe ist. Das hat sich in
der Vergangenheit, in der jüngeren, gezeigt bei WIENSTROM. Da wird ein sehr
hoher KWK-Zuschlag eingehoben im Sinne der Umwelt. Nur, von einer
kostengerechten Einspeisevergütung für die erneuerbare Energie, die Sie
angeblich so forcieren wollen, ist nach wie vor keine Rede.
Oder bei den Wasserwerken und WIENKANAL. Die Frau
Stadträtin unterstützt es wenig, wenn wir fordern, Maßnahmen zum Wassersparen
zu setzen, damit die Einnahmen bei WIENKANAL und beim Wiener Wasser gesichert
werden. Und trotzdem droht noch eine Gebührenerhöhung.
Und letztendlich: Die Fernwärme Wien erhält, was sie
will und wo sie will und auch jede Menge, die sie will. Also, in der Form kann
man ganz einfach mit den Wienerinnen und Wienern unserer Meinung nach nicht
vorgehen. Und es zeigt sich, wie die absolute Mehrheit der SPÖ die Bevölkerung
ins Unzumutbare belastet, eben in diesem Fall durch Erhöhung der Müllgebühr,
durch massive Belastung der Stadtfinanzen mit Hunderten Millionen Euro oder
Milliarden Schilling, mit einer Verkehrslawine im Umfeld der
Müllverbrennungsanlage, mit 100 000 Lkw im Jahr oder 2 000 in der
Woche oder wie auch immer, wenn man es dann herunterrechnen will, 40 in der
Stunde, wie der Kollege gesagt hat. Die Lärmbelästigung selbst durch das
zusätzliche Verkehrsaufkommen wurde allerdings in der Studie nicht untersucht.
Und, wie gesagt, bis jetzt hat es keine Beteiligung der Öffentlichkeit gegeben.
Wir Freiheitliche meinen daher: Der Schwerpunkt muss bei
einer sinnvollen Müllvermeidung liegen, statt bei einer dritten
Müllverbrennungsanlage. (Beifall bei der FPÖ.)
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