Gemeinderat,
12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 81
Ich sage Ihnen noch
eines: Mir ist schon klar, dass es viele Künstler gibt, die ein kritisches Verhältnis
zu den Regierungsparteien, vielleicht auch zur ÖVP haben - das ist überhaupt
nicht das Problem -, und deren Mitleid hält sich auch in Grenzen, wenn Public
Netbase sehr unsachlich die Regierung kritisiert. Aber der Fehlschluss, dem Sie
von den Sozialdemokraten unterliegen, ist der: Diese Künstler haben
mittlerweile auch verstanden, mit wessen Geld das passiert, nämlich mit dem
Geld, das den Wiener Kulturinitiativen, vor allem den unabhängigen, weggenommen
wird. Da verstehen die Wiener Künstler überhaupt keinen Spaß und das werden Sie
noch sehr stark merken. (Beifall bei der
ÖVP.)
Jetzt sage ich
noch etwas in Richtung der Sozialdemokraten, denn ich weiß schon, da wird jetzt
jemand herauskommen und sagen: Das ist die Meinungsfreiheit, und das steht
denen zu und so weiter. Jetzt werde ich einmal etwas an die Adresse der
Sozialdemokraten zum Thema Meinungsfreiheit sagen, eine Partei, die selber
immer sehr betroffen reagiert, wenn man sie an ihre unaufgearbeiteten
Versäumnisse bei der Bewältigung des Dritten Reichs in der eigenen Partei
erinnert - ich sage nur Gross und so weiter -: Ich würde mir ein bisschen
Sensibilität von Ihnen wünschen, wenn ein Sprecher von Public Netbase die ÖVP
einer Geistesverwandtschaft mit der Nachfolgeorganisation der NSDAP bezichtigt,
jener NSDAP, die den damals sicher autoritären, aber auch für ein selbständiges
Österreich kämpfenden Bundeskanzler Dollfuß umgebracht hat (GRin Mag Sonja Wehsely: Er war ein Wegbereiter!) und die gesamte
Führungsgarnitur der christlich-sozialen Partei ins KZ gesperrt hat, wo sie mit
ihren Leuten von der Sozialdemokratie zusammentrafen. - Und das auf Kosten der
Steuerzahler! Das lassen wir uns nicht gefallen! (Beifall bei der ÖVP. - GRin Mag Sonja Wehsely: Das spricht ja nicht
für, das spricht gegen die ÖVP!)
Ich mache es
Ihnen ein bisserl konkreter. Ich kann Ihre Betroffenheit und Ihre
Meinungsfreiheit auch in die heutige Zeit übertragen. Stellen Sie sich vor, auf
Bundesebene ... (Zwischenrufe bei der
SPÖ.) Herr Kollege Schuster, wollen Sie sich einbringen? - Bitte! Ich
glaube, Sie haben sich gestern sehr gut eingebracht. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich will jetzt keine Debatte
darüber, aber bitte, wenn Sie an der Debatte teilnehmen wollen. Ich glaube, Sie
haben sich gestern ohnedies sehr gut eingebracht in der, glaube ich, von Ihnen
initiierten Aktuellen Stunde, deren Thema es war, die Demontage des Sozialsystems
durch die schwarz-blaue Bundesregierung aufzuzeigen. Das hat gestern allerdings
damit geendet, dass alle drei anderen Parteien die Demontage der Sozialpolitik
durch die rot-rote Stadtregierung in Wien aufgebracht hat. Ich glaube, eine
kurze Pause wäre angesagt bei diesem Thema. (Beifall
bei der ÖVP.)
Ich sage
Ihnen, worum es bei Public Netbase geht. Stellen Sie sich vor, auf Bundesebene
gründet sich ein Verein für demokratischen Ausdruckstanz, der jede Woche große
Demonstrationen am Rathausplatz organisiert, um gegen die absolute Diktatur zu
kämpfen, die die SPÖ seit der letzten Wahl mit einem manipulierten Wahlrecht
errichtet hat. (GR Harry Kopietz: Was
heißt manipuliert?) Der Rathausplatz wird am wichtigsten Tag der Stadt -
das ist nicht der 1. Mai, sondern die Festwocheneröffnung - besetzt und
eine vom Bund finanzierte Multimediashow vorgeführt, wo die stalinistische und
bolschewistische Tradition der Wiener SPÖ aufgearbeitet wird. Und diese Organisation
fordert dann, dass sie natürlich auch in die Arkadenhöfe im Rathaus einziehen
will, damit sie im Sommer dort besonders präsent sein kann. Diese Organisation
wird vom Bund massiv unterstützt und fordert von der Stadt Wien für ihre
Aktivitäten 10 Millionen S. Da schaue ich mir Ihre Meinungsfreiheit
an! (Heiterkeit bei der ÖVP und bei den GRÜNEN. - beifall bei der ÖVP. -
Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Sie sagen, das
ist skurril? - Sie haben Recht: Das ist skurril! Ich werde Ihnen sagen, was Sie
bei Public Netbase lesen können - um das Geld der Steuerzahler.
"Wird die
Akzeptanz für das bisherige parlamentarisch erstarrte Modell beibehalten, kann
sich am traditionell autoritär-demokratischen Strickmuster der Repräsentation
aber nur wenig bis gar nichts ändern. Offene demokratische Strukturen bedingen
auch jederzeit außerparlamentarische partizipative Eingriffs- und
Steuermöglichkeiten."
Übersetzt für
jene, die im Soziologenkauderwelsch nicht so gut bewandert sind, heißt das: So
lange wir an freien demokratischen Wahlen festhalten, tun sich die wenigen
verbliebenen Kommunisten, Stalinisten und Marxisten offensichtlich ein bisserl
schwer, die Macht in diesem Land zu übernehmen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. - GR Dipl Ing Martin Margulies:
Sehr frei übersetzt!)
Derartige
feingeistige Analysen waren bisher ja eher nur dem elitären Leserkreis der
"Volksstimme" vorbehalten. Ich habe den gestrigen Zeitungen
entnommen, dass die "Volksstimme" mittlerweile den Sonntagsvertrieb
einstellt. Ich nehme an, das ist der vorletzte Schritt zum historischen
Lagerplatz, wo auch schon andere Zeitungen lagern. Ich habe kein Problem damit,
aber wir wehren uns gegen diese exhumierten kommunistischen, stalinistischen
Inhalte, denen in der Vergangenheit viele Bäume geopfert wurden. Das tut mir ja
noch immer Leid. Ich bin Gott sei Dank kein Buddhist. Wenn ich mir vorstelle,
ich werde als Baum wieder geboren und dann wird auf mir die "Volksstimme"
gedruckt, da wird es mir ja gleich ganz anders. (Allgemeine Heiterkeit. - Beifall bei der ÖVP.) Insofern ist es ja
ein gewisser Fortschritt, dass die ihren stalinistischen Informationsmüll nur
mehr im Internet verbreiten. Ich habe auch kein Problem damit, wenn es eine
virtuelle Fassung der "Volksstimme" im Internet gibt, aber eine Bitte
habe ich schon: Auch die sollen das selbst zahlen, denn die haben genug Geld
aus der Kriegskassa der ehemaligen SED, und die brauchen nicht den Wiener
Steuerzahler. (Beifall bei der ÖVP.)
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