«  1  »

 

Gemeinderat, 12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 81

 

endlich einen wesentlichen und auch international anerkannten Durchbruch erreicht hat. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich muss schon sagen: Andere hatten 50 Jahre Zeit und da hat es zwar viele Lippenbekenntnisse, aber keine Taten gegeben. Und das Ausland misst uns halt an den Taten.

 

Und es war in Wien der damalige Kulturstadtrat Marboe, der die Zeit genutzt hat, um auch initiativ zu werden und die Restitution gemeinsam in der Regierung von den Kunstgegenständen in Wien durchzusetzen. Und er war der Erste, der das hier gemacht hat.

 

Wir sind auch stolz darauf, dass es gelungen ist, letztlich das Mahnmal am Judenplatz ohne großen öffentlichen Widerstand durchzusetzen, die Zurückholung der Exil-Kultur. Das sind alles wichtige Daten auf einem sehr langen Weg mit dem verantwortungsbewussteren Umgang mit der Vergangenheit.

 

Der Spruch von Ingeborg Bachmann, uns ist die Wahrheit zumutbar, der war immer Leitlinie unseres Handelns. Und gerade deshalb waren wir auch für eine sehr verantwortungsbewusste Entscheidungsfindung bei der Frage: Wann, in welcher Form und wer soll die Wehrmachtsausstellung nach Wien bringen?

 

Und da war uns der Zuruf einer Fraktion, das waren damals die GRÜNEN, zu wenig, die vor allem nicht auf Fakten basiert haben, weil ja damals alle Fraktionen zugeben mussten, dass die Ausstellung von niemandem dieses Hauses gesehen wurde, und die erste Ausstellung ja zu Recht berechtigte Kritik mit teilweise verheerenden Ausstellungskritiken nach sich gezogen hat.

 

Es war daher nicht die Verdrängung, wie uns damals Landtagspräsident Hatzl nicht ganz korrekt und auch nicht ganz fair vorgeworfen hat, sondern ganz im Gegenteil der verantwortende Umgang mit der Vergangenheit. Wenn man so eine Ausstellung zu schnell nach Wien holt, kann es letztlich mehr Schaden als Nutzen stiften, weil uns gerade der Entscheidungsprozess des Judenplatzes gezeigt hat, dass man, wenn man vorschnelle Entscheidungen trifft, mehr Schaden als Nutzen anrichten kann. Das war der Grund, warum wir sehr vorsichtig an das Thema herangegangen sind.

 

Wir haben einen Historiker unseres Klubs zur Ausstellung geschickt, der sich diese Ausstellung angeschaut hat und einen sehr umfassenden Bericht darüber geschrieben hat. Wir haben uns ausführlich die Pressekritiken angeschaut, die im Vergleich zur ersten Ausstellung zum Großteil positiv bis sehr positiv waren, auch innerhalb der "FAZ", also der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", wo derselbe Redakteur, der bei der ersten Ausstellung sehr kritisch war, seine Meinung für die neue Ausstellung positiver umgestimmt hat. Daher können wir heute, basierend auf Fakten, guten Gewissens sagen: Ja, das ist eine sinnvolle Entscheidung.

 

Ich möchte Ihnen nur zwei Zitate aus der "Frankfurter Allgemeinen" bringen. Das eine von einem Beitrag und das andere aus einem Leserbrief, um zu zeigen, wie auch innerhalb der "Frankfurter Allgemeinen" das Spannungsfeld diskutiert wird.

 

Ich bringe das erste Zitat, ein sehr positives: "Die neue Ausstellung verzichtet auf den anklagenden Ton der alten Ausstellung, auf das staatsanwaltliche Gestus und die Wucht der Bilder sowie auf die Emotionalität. Sie hat nichts von der viel beklagten Arroganz der Nachgeborenen. Sie ist nüchtern und wissenschaftlich ausgewogen."

 

Und auf der anderen Seite zum Thema der Pauschalverurteilungen in einem Leserbrief auch in der "Frankfurter Allgemeinen": "Unlängst hat sich die Stadt Lübeck erfolgreich dagegen verwahrt, als fremdenfeindlich abgestempelt zu werden, wie Bürger der Stadt beschuldigt wurden, ein Asylantenheim angesteckt zu haben. Und dabei wurde deutlich: Ein geringer Anteil Schuldiger gibt niemand das Recht zur pauschalen Verdammnis."

 

Und das ist, glaube ich, genau das Spannungsfeld, das wir hier diskutieren sollen.

 

Uns erscheint daher auf Grund der Faktenlage, der Seriosität des Veranstalters, nämlich der Akademie der bildenden Künste, und auch von der Höhe des Betrags her sowie der prinzipiellen Unterstützung des Unterrichtsministeriums mit der Zurverfügungstellung von Unterrichtsmaterialien gesichert, dass diese Ausstellung in Wien ein wichtiger und interessanter Beitrag für eine seriöse Debatte über die Beteiligung der Wehrmacht sein kann.

 

Diese soll aber nicht Anklage sein, sie soll auch nicht Verleumdung sein, sondern sie soll sich verstehen als eine Chance, aus der Geschichte, und zwar gerade aus der dunkelsten Zeit der Geschichte, zu lernen.

 

In diesem Sinne können wir zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr GR Mag STEFAN, bitte schön.

 

GR Mag Harald STEFAN (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren! (GR Johann Hatzl: GR Salcher hat seine Meinung geändert! Bei Ihnen nehme ich an, Sie werden konsequent sein wie beim letzten Mal!)

 

Ich wurde gerade gefragt, ob ich konsequent bleiben darf. Ich kann Sie beruhigen: Ich bin stets konsequent, ich werde auch heute konsequent bleiben, und im Sinne unserer Fraktion werden wir auch heute wieder gegen die Subvention stimmen, und ich werde das auch ausführen.

 

Es ist eigentlich gerade Ihre Wortmeldung vom letzten Mal auch, die mich wieder bestärkt, gegen die zweite Auflage der Ausstellung zu sein, denn bei der ersten Auflage wurden ja, wie wir wissen, sehr viele Bilder falsch zugeordnet, es war letztlich eine Katastrophe, wie diese Ausstellung untergegangen ist.

 

Sie haben bei der letzten Diskussion gesagt: Es macht ja gar nichts, wenn da Fehler passieren, Hauptsache, es wird darüber diskutiert. Wenn man so an eine wissen-

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular