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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 66 von 81

 

ähnliches Thema wie bei Public Netbase geht, wo er mir die Frage gestellt hat, was sozusagen Wirtschaftlichkeit ist und wie soll denn eine Organisation gut wirtschaften, zum Beispiel in der Privatwirtschaft, wenn sie nicht ausreichend subventioniert wird?

 

Das ist sehr einfach, da braucht man nur einen Begriff einführen, der in der Privatwirtschaft an sich eine gewisse Bedeutung hat, und dieser Begriff heißt "Eigenmittel". Das ist offensichtlich ein Fremdwort für manche in diesem Haus. (GRin Marie Ringler: Vom Stadtfest kann man das auch sagen!) Das Stadtfest hat einen durchaus beachtlichen Eigenmittelanteil. (GRin Marie Ringler: Warum steht das dann nicht drinnen?) Weil diese Post leider vorbei ist und ich nicht meine wertvolle Zeit jetzt ... Aber ich bin gerne zu einem privaten Tutorium über den Eigenmittelanteil des Stadtfestes bereit. Jetzt geht es um Wien ... (GRin Marie Ringler: Das nehme ich nicht an!) Also, gleichzeitig mit der Besichtigung wird dann der Eigenmittelanteil erklärt.

 

Kommen wir zu "Wien ist andersrum". Das ist insofern ein wichtiger Akt, weil er symbolisch für die Kulturpolitik und auch für die Veränderung der Kulturpolitik in dieser Stadt ist. Ich glaube, wir alle, so wir einander nicht ... Ich glaube, das mir da vorhin von Frau Kollegin Themel unterstellt wurde ... Ich glaube, wir alle haben sehr gute Kontakte zu Künstlern in dieser Stadt. Mit manchen ist man sogar ein bisserl näher befreundet. Ich kann das für mich behaupten. Ich weiß daher, wie und wovon die meisten von den Wiener Künstlern und Künstlerinnen leben und wie sie produzieren. Da gibt es viele, die davon träumen würden, einmal nicht mit 40 000 S oder 50 000 S produzieren zu müssen, sondern vielleicht sogar mit 200 000 S oder 300 000 S.

 

Wie gehen Sie von der SPÖ und der heutige Stadtrat mit jemandem um, der sein Budget in den letzten Jahren entgegen eindeutigen auch schriftlichen Vereinbarungen hemmungslos überzogen hat? Nicht um das Doppelte, sondern um das Vierfache und um das Fünffache!

 

Erstens. Sie geben ihm eines der ehemals spannendsten Theater von Wien, nämlich den Rabenhof, als Chefdramaturgen, damit er dort "Trash" produziert. Für alle, die im Englischen nicht so sicher sind, wenn Sie im Wörterbuch nachschauen, heißt "Trash" Müll, Kitsch, Schund und so weiter. StR Mailath-Pokorny wünscht sich auch öffentlich mehr trashiges Theater. Na, das wird er kriegen.

 

Zweitens. Ich komme auf das Finanzielle. Sie entschulden diesen Geschäftsführer oder Intendanten heute in Millionenhöhe, wissend, dass das nicht reichen wird, um die finanziellen Sünden der Vergangenheit zu bezahlen.

 

Ich weiß, wie sich jene Theater, gerade die Theatermacher in Wien, fühlen, die oft zwischen Sozialhilfe und Arbeitslose hin und her pendeln, wenn Sie heute jemanden entschulden, nur weil er erstens sehr gute Nerven gehabt hat und zweitens offensichtlich seiner parteipolitischen Schuldigkeit gegenüber der SPÖ nachgekommen ist. Ich sage Ihnen, das ist nicht cool, das ist kalt! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es geht aber nicht nur um diesen Einzelfall, sonst hätte ich mich gar nicht zum Wort gemeldet, weil mir das gar nicht wichtig genug ist. Ich habe das Gefühl, Ihnen ist nicht klar, dass Sie damit wieder genau jenes verhängnisvolle Kulturklima der Pasterk-Ära wiederbeleben, wo eiserne Nerven bei der Überschuldung, demütige Willfährigkeit, ständige Überschuldung und Entschuldung jene chaotische Wiener Landschaft, was den finanziellen Bereich betrifft, kreiiert haben, die wir vor fünf Jahren vorgefunden haben. (GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Ihr habt's das ja auch jahrelang gemacht! Ihr habt's das auch jahrelang gemacht!) Nein, Moment! In der Ära Marboe wurde kein einziger Fall von zusätzlicher neuer Verschuldung geschaffen, weil wir die Strukturen mit den Drei-Jahres-Verträgen verändert haben. Jetzt findet ein Aufbrechen dieser Strukturen wieder statt.

 

Ich sage es ganz offen: Die Wiener Theaterlandschaft weiß das auch und wir werden das auch bei der Enquete, die demnächst stattfindet, diskutieren, dass nämlich jene professionellen Theatermacher, die richtig kalkulieren und die ihre Budgets einhalten, die Dummen sind, weil die Unmäßigen, die sich an nichts halten, die Kriegsgewinner sind. Das kann doch kein System sein, das man fördern sollte! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Das ist es, was mir heute hier wehtut und nicht die inhaltliche Bewertung eines in der Szene selbst eher sehr umstrittenen und ich würde einmal sagen künstlerisch bescheidenen Festivals.

 

Mit dieser moralischen Verantwortung und auch der kulturpolitischen Verantwortung mit der Auswirkung auf das Kulturklima in dieser Stadt, sehr geehrter Herr Stadtrat, sind Sie alleine und dort lassen wir Sie auch gerne. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Frau GRin Zankl, bitte.

 

GRin Inge Zankl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!

 

Die ÖVP ist glücklich in der Opposition. Der Kollege Salcher fühlt sich endlich wohl. Er kann endlich gegen Dinge stimmen, wo er jahrelange seine Meinung unterdrücken musste. Er kann endlich gegen Ecce homo stimmen. Er kann endlich gegen Public Netbase stimmen. Außerdem hat er uns gerade in einem Großteil seiner Rede über den Rabenhof erzählt.

 

Die ÖVP war in den Jahren vor der Regierungsbeteiligung ursprünglich gegen Ecce homo, die Förderungszusage war im vorigen Jahr schon sehr zögerlich. Da sind Gerüchte über Unregelmäßigkeiten durch Herrn Herdickerhoff im Umlauf gewesen, die nicht bewiesen werden konnten. (GR Gerhard Pfeiffer: Aber nicht allein!)

 

Noch dazu habe ich ein Protokoll aus dem Jahr 2000 gefunden, wo Herr StR Marboe als Einziger der Fraktion

 

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