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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 81

 

heikle Angelegenheit, weil Vertragspartner der Stadt Wien in dem Fall sozusagen ein Wohnbauträger war. Da geht es um jede Menge Geld. Da geht es um jede Menge Bauvolumen, das durch eine rechtswidrige Vorgangsweise des ehemaligen Leiters der MA 21B dramatisch erhöht worden ist, nämlich um satte 22 000 Kubikmeter beim Baublock A und um 5 000 Kubikmeter beim Baublock C. Da geht es um Hunderte Millionen S mehr an Umsatz für den Bauträger. Das ist sicher ein Fall, den wir uns in der Untersuchungskommission noch gründlicher ansehen müssen.

 

Zum Friedhof Atzgersdorf sage ich jetzt nichts mehr, weil ich das in der Aktuellen Stunde bereits ausführlich erwähnt habe.

 

Herr StR Schicker! Wenn Sie diese skandalösen Flächenwidmungen als Stil der Sechzigerjahre bezeichnet haben, dann mögen Sie damit möglicherweise sogar Recht haben. Sie haben aber ein ganz wesentliches Faktum vergessen. Wenn das der Stil der Sechzigerjahre ist, dann ist 40 Jahre lang in dieser Stadt einfach nichts passiert! 40 Jahre lang hat sich im Bereich der Flächenwidmungen nichts geändert! 40 Jahre lang haben Beamte der Stadt Wien rechtswidrige Flächenwidmungen herbeigeführt! Das ist schlicht und einfach skandalös! Das ist der Wiener Widmungsskandal! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Daher ist es gut, dass es einen breiten Antrag gibt, breit deswegen, weil er von drei Fraktionen unterstützt wird und weil er inhaltlich breit ist, der all diese Dinge politisch klären soll. Wir wollen die ergänzende Untersuchung der fünf vom Kontrollamt geprüften Fälle durch die Untersuchungskommission. Wir wollen die ergänzende Untersuchung von sämtlichen Magistratsabteilungen, die mit der Flächenwidmung in Wien befasst waren. Wir wollen die Untersuchung der Frage, welche der politischen Entscheidungsträger und leitenden Magistratsbeamten vom Vorliegen der Kontrollamtsberichte Kenntnis hatten, zu welchem Zeitpunkt das der Fall war und wann sie über Unregelmäßigkeiten in der MA 21B informiert waren. Wir wollen die Frage untersuchen, welchen Beitrag die politischen Entscheidungsträger zur Aufklärung dieser Unregelmäßigkeiten geleistet haben. Wir wollen eine genaue und penible Darstellung der Nutznießer und Profiteure der Unrechtmäßigkeiten von Flächenwidmungsverfahren in Wien. Wir wollen eine genaue Klärung der Mitverantwortung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der MA 21. Wir wollen eine genaue Klärung der Frage, ob, durch wen und nach welchen Vorgaben magistratsintern neben den Prüfungen des Kontrollamts tatsächlich geprüft wurde. Wir wollen auch eine genaue Klärung der rechtlichen Konsequenzen von rechtswidrigen Flächenwidmungen.

 

Wir wollen uns in einem zweiten Komplex, dem sich diese Untersuchungskommission zu stellen haben wird, mit der Persönlichkeit und mit der Person des ehemaligen Leiters der MA 21B beschäftigen. Wir wollen die Vorgänge rund um die seinerzeitige Bestellung von Herrn Dipl Ing Vokaun zum Abteilungsleiter der MA 21B klären. Wir wollen klären, was damals hinter den Umstrukturierungen im Hause stand. Wir wollen eine genaue Untersuchung der Frage, ob der ehemalige Abteilungsleiter der MA 21B im Zusammenhang mit den Flächenwidmungen Gegenleistungen zum persönlichen Vorteil erhalten hat. Wir wollen eine genaue Klärung der Frage, wer die Kosten für die Besuche des Herrn Obersenatsrats auf Immobilienmessen getragen hat. Wir wollen eine genaue Klärung der Sachlage hinsichtlich der Vereinbarkeit seiner Funktion als oberster Flächenwidmungsplaner im Süden Wiens und der Nebentätigkeiten des Herrn Vokaun.

 

Ich stehe nicht an, auch hier noch einmal zu betonen, es ist ein klassischer Fall von Unvereinbarkeit, wenn der oberste Flächenwidmungsplaner für den Süden Wiens gleichzeitig einen Konsulentenvertrag mit einer gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft hat, die deswegen "Wien-Süd" heißt, weil sie im Süden Wiens baut. Da ist es kein Argument, wenn man sagt, diesen Konsulentenvertrag hat er für irgendwelche Geschichten gehabt, welche die Wien-Süd in Niederösterreich gemacht hat. Meine Damen und Herren, das ist doch nur ein Mascherl, das diesem Beschäftigungsverhältnis verpasst worden ist, dass sozusagen möglichst wenig rundherum auffällt.

 

Diese und andere Fragen werden wir uns genauestens ansehen. Wir wollen eine detaillierte Klärung der politischen Verantwortlichkeiten rund um diese rechtswidrigen Flächenwidmungen in Wien. Wir wollen eine genaue Klärung des Wissensstands der politischen Entscheidungsträger. Wir wollen eine genaue Klärung der Frage, zu welchem Zeitpunkt die verantwortlichen Politiker die Rohentwürfe des Kontrollamts erhalten haben und welche Maßnahmen gesetzt worden sind. Ich frage noch einmal, warum es bis heute kein Disziplinarverfahren gegen den pensionierten Obersenatsrat gibt. Wir wollen eine genaue Klärung der Frage, wer wann und auf Grund welcher Tatsachen beurteilt hat, dass im Zusammenhang mit dem, was vom Herrn Vokaun bekannt ist, keine strafrechtlich relevanten Maßnahmen vorliegen sollen. Wir wollen eine genaue Klärung der Hintergründe rund um die Aussage, dass es im Zusammenhang mit Atzgersdorf politische Signale gegeben hätte. Wir wollen eine genaue Klärung der Frage, wer von den verantwortlichen Politikern über die Praxis des Herrn Vokaun in Wien informiert war. Diese und andere Dinge werden und wollen wir in der Untersuchungskommission klären.

 

Heute ist nicht der Zeitpunkt für Vorverurteilungen. Es wartet jede Menge Arbeit auf uns. Wir werden uns dieser Arbeit stellen und am Ende der Tage werden wir hier über die Berichte diskutieren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Schieder zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Andreas Schieder (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Das Thema dieser Diskussion dreht sich in Wahrheit

 

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