Gemeinderat,
13. Sitzung vom 20.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 36
dass unter Umständen ich selbst als amtsführender Stadtrat
der erste Stadtrat sein kann, der von einer solchen Untersuchungskommission
betroffen ist.
Ich habe damals, weil wir lange innerhalb der Koalition
diskutiert haben, sogar eine kleine Koalitionskrise in Kauf genommen, weil ich
gemeinsam mit meiner Fraktion der Meinung gewesen bin, dass die Einsetzung
eines solchen Untersuchungsausschusses ein Minderheitenrecht sein soll. Ich
gebe zu, dass auch manche in meiner Partei mich gefragt haben: Bernhard,
übertreibst du deinen Masochismus nicht allzu sehr - im Übrigen eine Frage, die
mir in den letzten Tagen öfters gestellt worden ist (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) -, wenn du ein Minderheitenrecht haben
möchtest?
Ich bleibe dabei: Es ist demokratiepolitisch wichtig,
dass wir jetzt als einziges Bundesland in Österreich Untersuchungskommissionen
als Minderheitenrecht haben. Ich bleibe auch dabei, wenn ich jetzt zwar nicht
über den so genannten Bauskandal und über der MA 28-Runde - oder meine
Amtszeit Gegenstand eines solches Untersuchungsausschusses ist, sondern jetzt
die MA 21, die auch, zumindest für die Zeit von Ende 1996 bis Anfang 2001,
in meinen Verantwortungsbereich gefallen ist.
Meine Damen und Herren! Eines vorneweg: Flächenwidmungen
laufen nicht nach einem wissenschaftlich exakten Verfahren ab. Da gibt es keine
mathematische Formel, nach welcher Flächenwidmung zu erfolgen hat. Flächenwidmung
basiert im Wesentlichen auf drei oder vier Elementen.
Zunächst einmal sind das politische Wertvorstellungen.
Es macht einen Unterschied aus, ob einem die Politik sagt, wir wollen vor allem
den Wohnbau fördern, oder unter Umständen, wir wollen vor allem die Ansiedlung
von Betrieben fördern, und wir wollen es ermöglichen, dass Betriebe in dieser
Stadt sich entwickeln oder erweitern können. Das ist eine politische Wertvorstellung.
Dann kommen Interessen dazu. Der Grundstückseigentümer
hat ein Interesse, bestimmte organisierte Interessenvertretungen, Sozialpartner
haben Interessen, Bezirkspolitiker haben Interessen, und dergleichen mehr. All
das ist nicht exakt mit einem wissenschaftlich begründbaren Verfahren zu
vereinen.
Drittens kommen Geschmacksfragen herein. Nehmen wir
nur das jetzt so viel diskutierte Beispiel des Bahnhofs Wien-Mitte her: Soll
eine Flächenwidmung zulassen, dass der Turm bis 97 Meter oder nur bis
70 Meter hinaufgeht? - Das ist keine Frage einer wissenschaftlich exakten
Formel, sondern das ist letztlich auch eine Frage des individuellen Geschmacks
der beteiligten und verantwortlichen Personen. - Das zunächst einmal als
Vorbemerkung.
Meine Damen und Herren! Zum Zweiten muss ich sagen,
weil in der Öffentlichkeit dieser Eindruck entstanden ist oder versucht worden
ist, diesen Eindruck entstehen zu lassen: Ein Beamter kann keine Flächenwidmung
vornehmen. Er hat einmal eine bürokratische Hierarchie über sich und darüber
hinaus den verantwortlichen Stadtrat. Auch der verantwortliche Stadtrat kann
nicht wirklich Flächen widmen - was ich immer bedauert habe; ich hätte gerne
selbst entschieden, wie Flächenwidmungen sein sollen -, sondern das kann nur
der Gemeinderat. Daher gibt es zusätzliche Kontrollinstrumente, das sind der
Planungsausschuss und dann der Gemeinderat.
Meine Damen und Herren! Alle Widmungen - mit Ausnahme
des Atzgersdorfer Friedhofs, der aber nie den Status einer Vorlage an den
Gemeinderat erreicht hat -, alle Flächenwidmungen inklusive jener, Herr Kollege
Kenesei, die Sie jetzt gerade aufgeführt haben, haben zumindest eine Mehrheit
in diesem Gemeinderat gefunden. Also, können diese Flächenwidmungen nicht ganz
blöd gewesen sein, sonst hätte es ja keine Mehrheitsentscheidung hier im Wiener
Gemeinderat gegeben.
Ich möchte mich mit zwei Dingen, mit denen ich mich
im Untersuchungsausschuss sowieso noch auseinander zu setzen haben werde, ganz
konkret auseinander setzen. Erstens sind das die Fragen, die im Kontrollamtsbericht
aufgeworfen werden, zu den beiden Flächenwidmungen, die mich hauptamtlich betreffen,
wenn ich das so sagen kann. Das ist der Atzgersdorfer Friedhof und das ist die
Aßmayergasse.
Meine Damen und Herren! Zunächst zum Atzgersdorfer
Friedhof, ich habe es schon in der letzten Gemeinderatssitzung ganz kurz
erwähnt: Erstens ist dieser Vorschlag für eine Flächenwidmung nie Widmung geworden.
Wobei ich gleich sage, über den Vorschlag an sich kann man durchaus
diskutieren, auch wenn er im Widerspruch zum STEP steht. Herr Kollege Kenesei,
da sage ich ganz ehrlich: Für mich war der STEP nie eine Bibel. Ich habe ganz
im Gegenteil immer gesagt, der STEP ist ein teilweise brauchbarer Ansatz einer
Grundsatzidee der Flächenwidmung, aber es ist ein verkürzter Ansatz, weil der
Gedanke der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit dieser Stadt im STEP
überhaupt nie die Berücksichtigung gefunden hat, die ich ihm gerne gegeben
hätte. Ich hätte also überhaupt kein Problem gehabt, den Vorschlag des Herrn SR
Vokaun in die Tat umzusetzen.
Gescheitert ist das Ganze an einem Detail, für das
Herr SR Kotyza die Verantwortung trägt, der in der Sitzung, in der mir das
vorgetragen worden ist und auch der Leiter der Gruppe Planung letztlich
sachlich zugestimmt hat, das Argument mit dem Rechtsanspruch vorgebracht hat,
das mich erst hellhörig gemacht hat, sodass ich gesagt habe: Na, das möchte ich
jetzt wissen, gibt es da wirklich einen Rechtsanspruch? Das hat dann das Verfahren
überhaupt gestoppt und letztlich zum Versiegen gebracht. - Mehr möchte ich zum
Atzgersdorfer Friedhof, weil ich es hier im Gemeinderat ohnehin schon einmal
apostrophiert habe, nicht mehr sagen.
Das Zweite ist die Aßmayergasse. Da hat das Kontrollamt -
wie bei anderen - moniert, dass nach der öffentlichen Auflage größere
Veränderungen vorgenommen worden sind. Erstens muss man hier klipp und klar
sagen, meine Damen und Herren, weil irgendwo einmal der Antrag kam, dass es
nach der öffentlichen Auflage keine Änderungen mehr geben soll: Das ist der
größte Blödsinn, den ich je gehört habe. Dazu ist die öffentliche
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