Gemeinderat,
13. Sitzung vom 20.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 36
nicht nur die fünf Beispiele sind, die das Kontrollamt schon
geprüft hat und da zu sehr scharfen und klaren Schlussfolgerungen gekommen ist,
sondern doch ein System gewesen zu sein scheint. Daher ist es eben das
Entscheidende, dass man nicht sagt, das Kontrollamt hat geprüft, wobei ich
wirklich sagen muss, auch wir waren dem Kontrollamt gegenüber ein bisschen
skeptisch. Ich muss aber bei dieser Überprüfung sagen: Hut ab vor dem Kontrollamt.
Es hat wirklich objektiv geprüft und ist eben zu sehr bedauerlichen, aber
klaren Erkenntnissen gekommen. (Beifall
bei der FPÖ.)
Aber man hätte jetzt sagen können: Dabei lassen wir
es bewenden. Und ich glaube, dass es richtig ist, weil genau das stattfinden
muss, was Sie gesagt haben, Herr Dr Görg. Es muss ja auch noch die Verantwortlichkeit
im politischen Bereich durchleuchtet werden: Wer ist jetzt wirklich
verantwortlich? Wer hat etwas davon gewusst? Wer hat mitgetan? Und wer hat
nichts dagegen getan, obwohl er es gewusst hat? - Der Kontrollamtsbericht lässt
ja an Schärfe und Deutlichkeit primär einmal nichts zu wünschen übrig.
Aber es gibt auch in diesem Kontrollamtsbericht eine
Passage, wo sich die Abteilung 21B wehrt, und das ist auch der Aufhänger
dazu, warum es so positiv ist, dass es zu dieser Untersuchungskommission kommt.
Jetzt kann man sagen: Na gut, klarerweise müssen sie sich wehren, das ist ja
auch legitim. Aber es ist auch interessant, was da in diesem Schriftstück von
der Abteilung 21B in ihrer Entgegnung auf den Kontrollamtsbericht gesagt
wird. Dort heißt es unter anderem, und ich zitiere jetzt wörtlich: "Dass
die Angelegenheit magistratsweit den übergeordneten Dienststellen und den politischen
Entscheidungsträgern nicht bekannt war, wäre wohl eine mehr als kühne
Behauptung." - Das heißt auf gut Deutsch, dass die vom Kontrollamt
schärfstens kritisierten Umwidmungspraktiken auf höchster Beamten- und
Politikerebene bekannt waren! Das behauptet zumindest die MA 21B.
Aus dieser Aussage lässt sich ja einiges erahnen und
schließen. Das heißt, es hat Mitwisser auf höchster Beamten- und Politikerebene
gegeben. Diese Mitwisser, die in Kenntnis dessen waren, haben jedoch augenscheinlich
über Jahre hinaus nichts gegen diese Missstände unternommen! Und dadurch, weil
sie wahrscheinlich weggeschaut haben, haben sie diese Vorgangsweise prolongiert
und es ist eben über Jahre hinaus so gegangen. Der Herr neue Planungsstadtrat
sagt ja, dass die MA 21B bei Flächenwidmungs- und Bebauungsverfahren im
Stile der Sechzigerjahre vorgegangen sei. Auf Rechtskonformität und Nachweisbarkeit
der Rechtskonformität sei viel zu wenig Wert gelegt worden. Das war ein großer
Fehler, im Nachhinein betrachtet.
Auch das ist eine ganz wichtige Aussage. Wenn man sie
jetzt umlegt, dann heißt das nichts anderes, als dass eigentlich 30 bis
40 Jahre gegen die Gesetze gehandelt wurde - denn was heißt das: "Auf
Rechtskonformität ist viel zu wenig Wert gelegt worden"? - und dass diese
Fehlentwicklungen, Malversationen, dieser Skandal eben ein wirklich schon sehr
lang andauernder gewesen ist.
Daher ist es so wichtig, dass diese Untersuchungskommission
eingesetzt wird, die dann auch möglichst lückenlos all das aufzudecken hat, was
hier an Anlassfällen vorhanden ist. Und es kommen ja immer wieder solche
Anlassfälle dazu. Ich weiß alleine von zwei, drei, vier, die sozusagen noch
verifiziert werden müssen, noch im Raum vorhanden sind, noch nicht ganz heraußen
sind. Es ist also dann das, was eben das Kontrollamt hier auch an sehr klaren,
unmissverständlichen und scharfen Schlussfolgerungen ausgesprochen hat und auch
das, was der neue - ich betone "neue" - Planungsstadtrat, jetzt auch
rückwirkend und rückblickend sagt. Das alles muss man durchleuchten, damit es
eben so etwas nicht mehr geben darf und geben kann. Da muss man sich dem eben
auch stellen, dass man hier die Frage aufwirft: Welche politischen
Entscheidungsträger der Stadt Wien haben von den Missständen im Planungsbereich
gewusst? Welche politischen Entscheidungsträger, die von den Missständen im
Planungsbereich wussten, haben etwas unternommen oder haben eben nichts
unternommen, obwohl es ihre Pflicht gewesen wäre? Was haben jene politischen
Entscheidungsträger, die hier tätig waren und etwas gewusst haben, tatsächlich
unternommen und hat es etwa Kommunikation, man kann auch sagen Druckausübung
gegenüber Beamten gegeben oder waren das Alleingänge von Beamten und so weiter?
- Das alles ist wichtig, dass man das feststellt und durchleuchtet.
Ich stimme vollkommen damit überein, dass man sagt,
bei einer so riesigen Mitarbeiterzahl, die es bei der Gemeinde Wien gibt, ist
ganz klar, dass es auch zu Fehlern, zu Fehlhaltungen, zu Missständen Einzelner
kommen kann. Das wird nicht der Punkt für diese Untersuchungskommission sein,
sondern wenn Missstände und Verfehlungen magistratsintern und auf politischer
Ebene bekannt gewesen sind und nichts dagegen unternommen worden ist, dann,
glaube ich, ist das eben etwas, was in der Öffentlichkeit jetzt schon auf Grund
der Kontrollamtsberichte als Skandal gewertet wird. Und das muss aufgearbeitet
werden.
Man muss auch fragen, welche übergeordneten
Dienststellen im Magistrat nach Meinung der MA 21B über diese Missstände
tatsächlich informiert gewesen sind. Diese Zusammenhänge restlos aufzuklären,
wird Aufgabe der Untersuchungskommission sein.
Der Kern des Flächenwidmungsskandals ist aber klar
und eindeutig: Das Aufdecken, das Aufrollen der politischen Verantwortung dort,
wo es dubiose Umwidmungspraktiken gegeben hat.
Ich verweise noch einmal darauf, dass eben das, was
alleine die 21B in ihrer Stellungnahme und zu ihrer Verantwortung gesagt hat,
darauf hinweist, dass auch politische Entscheidungsträger über die
Angelegenheit, nämlich Anlasswidmungen zu Gunsten Dritter, gesetzwidrige
Vorgangsweise und so weiter, informiert waren. Alle diese Fragen müssen in der
Untersuchungskommission durchleuchtet werden und es muss eben geschaut werden,
dass man hier zu Antworten kommt. Das alles muss die Untersuchungskommission
hier durchleuchten.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular