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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 8 von 81

 

bekommen irgendwann ihre Kinder, daher sind viele Arbeitsverträge anfangs als Karenzverträge eingestuft.

 

Ich bin der Meinung, dass wir wirklich alles daransetzen müssen, die Personen bei uns zu halten. Aber was Sie sich in Bezug auf andere Arbeitszeiten vorstellen, ist gerade im Spitalsbereich sehr schwierig. Sie wissen, wir müssen 365 Tage im Jahr 24 Stunden am Tag besetzen. Es gibt sehr unterschiedliche Einstellungen der verschiedenen Pflegepersonen zu den verschiedenen Dienstzeiten. An den meisten Orten gibt es eine freie Dienstvereinbarung.

 

Ich war selbst sehr lange im Spital und habe diese Diskussionen gehört. Die einen haben gesagt, das sind ungesunde Dienstzeiten, länger als acht Stunden pro Tag soll man nicht arbeiten. Da haben die Schwestern sofort gesagt: Das wollen wir auf keinen Fall, dass wir dann Schichten in einem Betrieb von dreimal acht Stunden machen. Wie kommen wir nachts nach Hause? Wie machen wir die Einteilung mit der Familie? - Dann gab es eine völlig freie Dienstvereinbarung. Das haben sie auch nicht sehr geschätzt, weil man sich im Privatleben nach nichts richten kann.

 

Was die KrankenpflegerInnen bei ihrem schweren Beruf besonders lieben, ist eine länger zusammenhängende Blockfreizeit. Diese erreichen sie aber fast nur mit den 12 Stunden und ein bisschen mehr für die Dienstübergaben, sonst kommt es nicht dazu, dass sie Schlaftag und drei Tage frei haben. Das ist den meisten Frauen, die Kinder haben, lieber, als sie haben die Dienste geschichtet und weniger Arbeitszeit pro Tag. Ich habe die größten Schwierigkeiten mit der Verträglichkeit von Beruf und Familie in jenem Spital gehabt, in dem auf die "gesunden Dienstzeiten" geachtet wurde. Gerade dort waren sie von allen am unzufriedensten. Diejenigen mit den längeren Dienstzeiten haben sich besser hineingefunden.

 

Ein besonderes Problem im Bereich der Pflege ist, dass die Frauen ab Mitte 40 auch schon sehr große physische und psychische Probleme haben, diesen Beruf auszuüben. Durch den ständig wechselnden Tag-Nacht-Dienst ist der Körperrhythmus sehr verändert und sie haben durch diese körperliche Schwerarbeit multiple Beschwerden. Denn der Wiener ist kein sehr leichter Mensch. Die Patientinnen und Patienten sind immer wieder zu heben, dadurch entstehen ziemliche Probleme mit der Wirbelsäule, sodass man für diese Altersgruppe danach trachtet, sozusagen Schonposten zu finden.

 

Wo habe ich die Schonposten? - Vor allem im Ambulanzbereich. Daher war ich nie davon begeistert, dass man gesagt hat: weg von den Ambulanzen. Ich habe gesagt: Dort habe ich auch das Personal, dem ich diese Posten anbieten kann. Wenn ich keine Ambulanzen in den Spitälern habe, habe ich weniger Posten, die nur eine Tagesbeschäftigung sind. Der Nachteil ist natürlich, dass sie in diesem Bereich um ein Erkleckliches weniger verdienen, weil viele Zulagen, Nacht-Überstunden, Sonntags- und Feiertags-Überstunden wegfallen.

 

Es ist schwierig, diesen Beruf mit der Familie zu vereinbaren, vor allem wenn sie damit rechnen müssen, dass sie von vielen Wochenenden in einem längeren Zeitraum nur an einem Einzigen ungestört sind, sei es von sechs Wochenenden oder von acht Wochenenden, je nachdem, was für ein "Radl" es ist. Es wird meist in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Pflegepersonen festgestellt, welchen "Radl"-Dienst man macht. Es ist das - das gebe ich zu - äußerst familienunfreundlich. Aber man hat viele Modelle betrachtet, um einen besseren Weg zu finden, und einen Besseren hat man bis jetzt nicht gefunden. Man macht es konsensual, es ist nur nicht so, dass es wirklich immer gut mit dem Familienleben verträglich ist.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Vierte Zusatzfrage: Frau GRin Yilmaz, bitte.

 

GRin Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Was halten Sie von den privaten Vereinen?

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.

 

Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Ich werde mich bemühen, kürzer zu sein; dem Herrn Vorsitzenden spreche ich zu lange.

 

Herzlichen Dank für Ihre Frage! Ich erhalte in letzter Zeit immer öfter solche Informationen und es beklagen sich auch die Träger von privaten Vereinen über den Einsatz von Personen, die illegal beschäftigt werden. Sie kommen im Bereich der Hauskrankenpflege und Seniorenbetreuung sozusagen als Kurzpendler vor allem aus der Tschechei und der Slowakei.

 

Es übernehmen meist Frauen diese Betreuung gegen Kost, Quartier und ein kleines Taschengeld, und sie müssen rund um die Uhr in dem Haushalt sein. Diese Personen haben im Allgemeinen keine gesetzlich vorgeschriebene Ausbildung durchlaufen und es fehlen ihnen die entsprechenden Einschulungen. Sie sind aber zur ständigen Anwesenheit verpflichtet und haben an persönlicher Freizeit lediglich einen halben Tag pro Woche zur Verfügung. Das sind in meinen Augen unmenschliche Arbeitsbedingungen und es kann sich dies auch nicht sehr gut für die zu pflegenden Personen auswirken.

 

Diese Pflegekräfte sind, soweit mir bekannt ist, nicht bei der Sozialversicherung gemeldet und sie verfügen über keine gültigen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen. Die Vermittlung erfolgt über obskure Vereine und andere juristische Personen, die mit Konstruktionen abenteuerlichster Art alle diese Bestimmungen des Arbeits-, Ausbildungs- und Aufenthaltsrechts umgehen. Der rechtliche Beweis ist jedoch sehr schwierig anzutreten.

 

Es ist in sozialpolitischer Hinsicht sehr wichtig, dass wir nur Personen mit der entsprechenden Ausbildung und mit der entsprechenden sozialen Absicherung einsetzen. Ich habe ein wirklich schlechtes Gefühl dabei, Menschen von Menschen betreuen zu lassen, die das nicht gelernt haben. Schwierig wird es aber auch für die Beschäftigten in den Vereinen, denn es besteht doch eine erhebliche Konkurrenz. Wenn die Vereine weniger Klienten für ihre Angestellten haben, werden sie auch den Angestelltenstand, die gut ausgebildeten, ordentlich honorierten und in einem Sozialversicherungsverhältnis

 

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