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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 81

 

Dankenswerterweise wird auch Ihrerseits das Sozialstaats-Volksbegehren unterstützt. Es ist eine hervorragende Unterstützung des Sozialstaats-Volksbegehrens, zwei Wochen vor Beginn der Eintragungsfrist die Tarife der Wiener Linien um bis zu 25 Prozent zu erhöhen. Das ist Ihre Unterstützung des Sozialstaats-Volksbegehrens! Und das ist politische Heuchelei! Es ist ein Dolch in den Rücken der ProponentInnen des Sozialstaats-Volksbegehrens. Denn wem sollen sie denn noch vertrauen, wenn nicht einmal eine absolute Sozialdemokratie in Wien sich wirklich hinter das Sozialstaats-Volksbegehren stellt, sondern genau das Gegenteil macht, vor allem für diejenigen, die häufig öffentliche Verkehrsmittel benutzen, und wir wissen, das sind vorwiegend Frauen. Wir wissen auch, dass vor allem die mittleren und ärmeren Einkommensschichten die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. Und zwei Wochen vor dem Sozialstaats-Volksbegehren erhöhen Sie die Tarife der Wiener Linien um bis zu 25 Prozent!

 

Kurz gesagt: Die Wiener Sozialdemokratie entledigt sich ihrer sozialpolitischen und kommunalpolitischen Verantwortung und verabschiedet sich von einer vernünftigen Politik zur Bewältigung des Stadtverkehrs.

 

Jetzt einleitend, bevor ich zu den Halbwahrheiten komme, mit welchen die Tariferhöhung begründet wurde, noch einige Sätze zur gegenwärtigen Konstruktion im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen. Sie waren dafür verantwortlich, dass die Wiener Stadtwerke und auch die Wiener Linien ausgegliedert wurden. 1999 haben Sie noch davon gesprochen: Na, selbstverständlich wird damit kein Kontrollverlust einhergehen. Und was haben wir heute in der Präpotenz von StR Rieder in der Beantwortung der Anfrage erlebt? (GR Andreas Schieder: Wer redet da von Präpotenz?) Nein, die betriebswirtschaftliche Grundlage der Tariferhöhung wird selbstverständlich nicht der Opposition zur Verfügung gestellt! - Na selbstverständlich! Wo kämen wir denn da hin, wenn die Opposition mitreden könnte, in der Bewertung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens? Sie soll ja überhaupt nicht nachvollziehbar sein.

 

Zu den anderen Begründungen kommen wir noch, aber eines ist gänzlich klar geworden heute: Der Kontrollverlust durch die Ausgliederung der Wiener Linien ist ein erheblicher. Es ist für Oppositionsparteien nicht mehr nachzuvollziehen, auf welcher Grundlage die Tarifgestaltung bei den Wiener Linien funktioniert.

 

Dass jedoch der öffentliche Verkehr eine wesentliche öffentliche Aufgabe ist, ist hoffentlich auch hier im Saal nach wie vor allen klar. Nur, in Hinkunft, und es wird mit jeder Ausgliederung so weitergehen, stellt sich dann langsam, aber sicher die Frage: Warum sitzen wir tatsächlich noch hier im Gemeinderat? - Um Kleinigkeiten zu beschließen. Weil bei so wesentlichen Brocken, wo es um Milliardensummen geht, da sollte besser niemand außer der Sozialdemokratie etwas mitzureden haben, geschweige denn in irgendeiner Art und Weise ein Kontrollrecht haben.

 

Und da sagt StR Rieder in seiner Anfragebeantwortung, er hat sich mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Wiener Stadtwerke AG besprochen. Ja, wer ist denn der Vorsitzende des Aufsichtsrats? Das hat ja fast so geklungen, als ob das jemand wäre, der weit, weit abgehoben von der Wiener Kommunalpolitik ist. Nein, ist er nicht. Es ist der Magistratsdirektor. Das heißt, der Stadtrat bespricht sich mit dem Magistratsdirektor, und beide gemeinsam entscheiden. Die Opposition, die hat keine Einsicht in irgendwelche Grundlagen.

 

Das ist Politik? Das ist Ihre offene Politik? Das ist die Politik, die Sie als transparent erklärt haben, wenn es um Ausgliederung geht?

 

Liebe Sozialdemokraten und sozialdemokratische Freunde und Freundinnen, ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Genieren Sie sich für diese Art der Politik! Wenn es Ihre Art und Weise ist, intransparent zu agieren, dann werfen Sie dieses nicht der Bundesregierung vor. Denn Sie machen es da, wo Sie regieren, nicht anders.

 

Und dabei ist in Wirklichkeit dem StR Rieder sogar noch zu widersprechen, steht doch im ÖPNV-Vertrag tatsächlich drinnen, wo es um die Finanzierung der Stadt Wien geht: Jede der Vertragsparteien, also auch die Stadt Wien und damit auch der Gemeinderat, ist berechtigt, zu verlangen, dass der finanzielle Ausgleich neu zu ermitteln ist, wenn sich für den finanziellen Ausgleich relevante Umstände nachweislich geändert haben und deren Auswirkungen auf die finanzielle Situation einer der Vertragsparteien nicht bloß geringfügig sind.

 

Na, eine Tariferhöhung um 10 Prozent, in manchen Bereichen sogar um 25 Prozent bei den Wiener Linien, das wird ja wohl eine ausreichende Änderung der finanziellen Situation der Wiener Linien sein. Daher wäre dieser Punkt selbstverständlich auch in der Kompetenz des Gemeinderats und selbstverständlich auch im Finanzausschuss zu besprechen gewesen.

 

Aber jetzt kommen wir zu den Halbwahrheiten. Die erste Halbwahrheit ist: Die Stadt Wien, StR Rieder, hat sich in den Verhandlungen durchgesetzt. - Ja, wenn der Eigentümer mit seinem Geschäftsführer verhandelt, dann von so harten Verhandlungen zu sprechen, wo sich einer der beiden durchgesetzt hat, niemandem in der Privatwirtschaft käme das irgendwie in den Sinn, das noch als positiv darzustellen. Normalerweise macht der Eigentümer klare Vorgaben und der Geschäftsführer setzt sie um. (VBgm Dr Sepp Rieder: Werden wir sehen, ob sich der Minister Bartenstein gegen den Haider durchsetzt!) Daher sagen Sie nicht, Sie haben sich durchgesetzt. Sie sind verantwortlich für eine Tariferhöhung von bis zu 25 Prozent. Nicht in einem konsensualen Verfahren. Vielleicht haben Sie gemeinsam die Tariferhöhung entwickelt. Das kann ich mir durchaus vorstellen. Aber durchgesetzt, wenn der eine der Eigentümervertreter ist, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende der Magistratsdirektor ist und der Generaldirektor vom eigenen Betrieb beziehungsweise der Geschäftsführung. Die sitzen zusammen, da wird verhandelt, und es hat sich keiner durchgesetzt.

 

Die Halbwahrheit des Belastungsstopps für 2006. Es wird argumentiert: Die jetzigen Tariferhöhungen garantieren

 

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