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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 81

 

einen Belastungsstopp bis 2006. - Jetzt bleibe ich noch einmal in Ihrer betriebswirtschaftlichen Kategorie des Denkens. Ich werde später ausführen, warum ich das ablehne für den öffentlichen Bereich als einzige Kategorie. Aber entweder Sie erhöhen jetzt die Tarife zu hoch, wenn Sie von einer Inflationsrate bis 2006 ausgehen. Auch eine Ausweitung der Wiener Linien auf 45 Prozent Anteil des Modal Splits ist angedacht. Also, entweder Sie erhöhen jetzt zu viel, oder es ist betriebswirtschaftlich nicht haltbar. Denn wenn Sie nur das erhöhen, was jetzt betriebswirtschaftlich notwendig ist, dann werden wir im Jahr 2003, im Jahr 2004, im Jahr 2005 möglicherweise wieder vor derselben Situation stehen.

 

Da kommen wir zum nächsten Punkt der Halbwahrheit. Wo ist die schriftliche Garantie des VOR, dass im VOR der Einzelfahrschein bis 2006 nicht erhöht wird, wo wir doch gerade im letzten Jahr, von den GRÜNEN schärfstens kritisiert, drei Preiserhöhungen beim VOR durchgemacht haben? - Sie argumentieren damit, der Einzelfahrschein muss auf 1,50 EUR angehoben werden, damit die Tarifeinheit wiederhergestellt ist. Für wie lange wird diese Tarifeinheit hergestellt sein? Es ist doch gegenwärtig damit zu rechnen, dass die ÖBB ihre Tarife in etwa so schnell wieder anhebt wie in Wien. Aber dann argumentieren Sie nicht mit dem VOR-Tarif, wo jetzt schon absehbar ist, dass dieser VOR-Tarif sehr wohl wieder erhöht werden wird. Oder was machen Sie dann zur Beibehaltung? Dann erhöhen Sie den Einzelfahrschein weiter? Dann erhöhen Sie ihn weiter? (GR Godwin Schuster: Natürlich!) Sie erhöhen ihn weiter. In dem Moment, wo VOR seine Tarife wieder erhöht, erhöhen Sie die Tarife in Wien weiter. Ist das richtig? Denn nur dann wird das Argument stichhaltig, dass man es wieder auf einer Ebene haben will. Oder haben Sie eine schriftliche Erklärung des VOR, dass die Tarife bis 2006 nicht erhöht werden, eine schriftliche Erklärung der ÖBB, dass die Tarife bis 2006 nicht erhöht werden? - Also, Sie stimmen mir zu. Diese Angleichung an den VOR-Tarif ist an den Haaren herbeigezogen und wird bestenfalls wahrscheinlich ein Jahr, ein halbes Jahr halten.

 

Die Halbwahrheit der Nachtautobusse. Sie sagen, es war der Wunsch von vielen, dass es keinen gesonderten Tarif gibt für die Nachtautobusse. Na, selbstverständlich war es der Wunsch der Netzkartenbesitzer (VBgm Dr Sepp Rieder: Der Arbeiterkammer! Herr Margulies: Der Arbeiterkammer!) - ich komme auf das zurück -, dass sie nicht zusätzlich, obwohl sie eine Netzkarte besitzen, den Nachtautobus bezahlen sollen. Aber für alle anderen bedeutet dies eine Tariferhöhung von fast 100 Prozent. Jeder, der sich vorher für den Nachtautobus eine Vierstreifenkarte gekauft hat, hat 75 Cent bezahlt, jeder, der sich jetzt einen Fahrschein im Vorverkauf kauft, zahlt 1,50 EUR. Eine Verdoppelung der Nachtautobustarife, für manche sogar das Zweieinhalbfache!

 

Ich unterstelle Ihnen jetzt etwas, denn es wird ja, gerade wenn betriebswirtschaftlich gerechnet wird, immer der Kostendeckungsgrad beurteilt. Sie werden sehen, dass möglicherweise bei den Netzkartenbenutzern der Anteil derjenigen, die Nachtautobusse benutzen, steigt. Sie werden bemerken, dass die BenutzerInnen mit Einzelfahrscheinen in Hinkunft, vor allem, wenn sie zu zweit unterwegs sind, wieder auf das Taxi umsteigen wollen.

 

Glauben Sie allen Ernstes, dass man mit einer Verdoppelung der Tarife bei den Nachtautobussen auch nur einen einzigen Kunden, eine einzige Kundin gewinnen kann? - So viel betriebswirtschaftliche Logik unterstelle ich Ihnen, dass Sie wissen, dass das nicht geht.

 

Das heißt: Was ist Ihr Ziel dahinter? Ist Ihr Ziel, in zwei Jahren nachzuweisen, dass der Kostendeckungsgrad der Nachtautobusse schlichtweg gesagt unterm Hund ist? Ist Ihr Ziel, nachzuweisen, dass Nachtautobusse nicht mehr benutzt werden, weil es sich die Leute einfach nicht leisten wollen, und wenn sie zu zweit oder dritt unterwegs sind, mit dem Taxi fahren? Ist Ihr Ziel, die Nachtautobusse einzustellen? Warum verdoppeln Sie dann die Tarife?

 

Zur Frage: Wer wird wie belastet? In der Aussendung von StR Rieder beziehungsweise der Wiener Linien steht: 36 Prozent der Fahrgäste benutzen Jahreskarten, nur 3 Prozent der Fahrgäste benutzen Einzelfahrscheine. Ja, man kann mit Statistiken täuschen. Denn wenn man sich den Geschäftsbericht der Wiener Linien aus dem Jahr 2000 ansieht, dann liest es sich gänzlich anders. Dort liest es sich nämlich so, dass 26 Prozent der Tariferlöse aus den Jahreskarten kommen, 16 Prozent der Tariferlöse aus Fahrscheinen. Das heißt, es wird vorgegaukelt, dass die massivsten Erhöhungen - beim Einzelfahrschein 15 Prozent beziehungsweise im Fahrzeug 25 Prozent - nur 3 Prozent der Fahrgäste tatsächlich treffen. Schaut man sich allerdings an, wie sich tatsächlich die Einnahmen 2002 bei den Wiener Linien aufgeteilt haben, kommt man drauf: 16 Prozent der Tarifeinnahmen erfolgen mit Einzelfahrscheinen. Und das sind diejenigen Menschen, die entweder mit 15 oder mit 25 Prozent belastet worden sind beziehungsweise mit 100 Prozent, wenn wir wieder auf den Nachtautobus zurückkommen.

 

Jetzt kommen wir zur AK. Klar war es eine Forderung der Arbeiterkammer, dass es keinen eigenen, gesonderten Tarif gibt bei den Nachtautobussen. Aber es war sicher nicht die Forderung der Arbeiterkammer, die Tarife zu verdoppeln. Mein Gott, man hätte ja auch sagen können, so wie es im grünen Modell, das ich nachher vorstellen werde, auch vorgesehen ist, dass der Halbpreis-Fahrschein zur Fahrt mit einem Nachtautobus berechtigt und zusätzlich all jene, die eine Netzkarte besitzen, die Nachtautobusse benützen können.

 

Und vielleicht noch eines zu den Netzkarten, weil bei der 24-Stunden-Netzkarte haben Sie ja mit der Erhöhung um 16,3 Prozent gleich den Nachtautobus mit hineingerechnet. Weil warum wird ansonsten die 24-Stunden-Netzkarte gleich doppelt so hoch angehoben wie alles andere im Schnitt? - Sie sagen immer, der Schnitt ist 8,2 Prozent. Da gebe es ja ansonsten keinen diesbezüglichen Grund.

 

Aber wie wahr oder wie unwahr die Daten, die veröffentlicht wurden, tatsächlich sind, das lässt sich auch an einer Presseaussendung erkennen, die gestern von

 

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