«  1  »

 

Gemeinderat, 14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 81

 

ein Argument für die heutige Tariferhöhung. Es zeigt uns ja diese Benchmarking-Studie, die also den Verkehr in den europäischen Städten vergleicht, dass bei uns die Zuschüsse mit Abstand am höchsten sind. Bei uns machen die Zuschüsse nach dieser Rechnung 60 Prozent der Einnahmen aus, in Stockholm 50 Prozent, in Helsinki, Kopenhagen oder Barcelona sogar nur zwischen 30 und 40 Prozent.

 

Es wäre daher im Interesse der Wiener Linien selbst, durch eine Strukturreform den Kostendeckungsgrad anzuheben, und zwar anzuheben etwa auf das Niveau der europäischen Vergleichsstädte, und es wäre vor allem im Interesse der Wiener Linien selbst, diese Position als betriebswirtschaftliches Schlusslicht in ganz Europa abzugeben.

 

Herr Stadtrat! Sie haben heute Morgen - und das ist ja schon aufgegriffen worden - in der Fragestunde auch hervorgehoben, dass es Ihnen gelungen ist, den Antrag der Wiener Linien herunterzuverhandeln. Sie haben gemeint, der Antrag der Wiener Linien wurde von Ihnen um ganze 0,7 Prozent herunterverhandelt. Ich meine, das ist nicht wirklich ein großartiges Ergebnis.

 

Wenn man sich nun diesen europäischen Vergleich anschaut, wenn man den Kostendeckungsgrad in den anderen europäischen Städten betrachtet, dann zeigt das doch ganz klar, dass dieses Rationalisierungspotenzial, diese Sparmöglichkeiten bei uns zwischen 10 und 20 Prozent der Gesamteinnahmen betragen müssten. Es ist daher Ihr Ergebnis, dieses Verhandlungsergebnis von 0,7 Prozent, in Wahrheit doch ein sehr, sehr bescheidenes.

 

Meine Damen und Herren! Wenn man sich aber diesen europäischen Vergleich ansieht und aus diesem Vergleich heraus das Rationalisierungspotenzial bei uns in Wien ableitet, dann müsste ja im Gegenteil eigentlich eine Tarifsenkung finanzierbar sein. Ich möchte hier nicht so weit gehen wie die GRÜNEN, die eine Tarifsenkung im Ausmaß von 25 Prozent in den Raum stellen. Aber auf Grund dieses Vergleichs und des Rationalisierungspotenzials müsste unserer Auffassung nach doch eine Tarifsenkung von zumindest 10 Prozent durchaus realistisch sein. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Herr Stadtrat! Es ist die Tariferhöhung ja auch verkehrspolitisch natürlich ein falsches Signal. Es werden zwar viele umsteigen auf Grund dieser heutigen Tariferhöhung, aber sie werden in die falsche Richtung umsteigen. Sie werden wieder umsteigen vom öffentlichen Verkehr, weg von der U-Bahn, hin zum Auto etwa. Die Wiener Linien werden durch diese Tariferhöhung zu einer weniger attraktiven Alternative und es drohen daher in Wahrheit natürlich sogar Einnahmenausfälle. Es ist das daher verkehrspolitisch das falsche Signal, aber auch betriebswirtschaftlich wird diese Tariferhöhung - und darauf haben die GRÜNEN auch hingewiesen - bei weitem nicht das bringen, was veranschlagt ist, eben wegen des Absinkens des Fahrgastvolumens.

 

Es bedeutet ein höheres Fahrgastvolumen - wenn es uns gelingen würde, das Fahrgastvolumen zu erhöhen - natürlich auch höhere Einnahmen. Es wären die Wiener Linien daher wirklich besser beraten, sich Maßnahmen zu überlegen, um neue Fahrgäste zu gewinnen, mit einer breit angelegten Kampagne etwa, mit einer Attraktivierung der Verkehrsmittel, mit einer Intervallverdichtung. Das Potenzial an Umstiegswilligen ist bei uns in Wien ja vorhanden. Es sagen uns daher viele Experten, dass man diese Umstiegswilligen mit einem deutlichen Signal sehr wohl motivieren könnte, etwa mit einem deutlichen Signal wie einer Tarifsenkung. Viele Experten meinen daher, dass durch diese Signalwirkung einer Tarifsenkung das Fahrgastvolumen und damit auch die Einnahmen für die Wiener Linien sogar steigen würden.

 

Herr Stadtrat! Das Drehen an einer Verteuerungsschraube ist unserer Auffassung nach eben der falsche Weg. Es ist der falsche Weg, neue Fahrgäste zu gewinnen. Wir sollten lieber positive Maßnahmen setzen, um die Autofahrer zum Umsteigen zu motivieren. Überlegen wir uns doch gemeinsam etwa eine Tarifsenkung, um mit diesem Signal eben den öffentlichen Verkehr attraktiver zu machen.

 

Meine Damen und Herren! Es ist mit den Tariferhöhungen, über die wir diskutieren, das wahr geworden, was die Opposition, was die gesamte Opposition in diesem Haus befürchtet hat. Die Befürchtung hat sich als berechtigt erwiesen, dass es nach den Wiener Wahlen zu einer Belastungslawine, zu einer Verteuerung kommen wird. Es hat sich die Befürchtung bewahrheitet, dass das Jahr 2002 eine Verteuerungslawine in Wien bringen wird. Lassen Sie mich daher diese Belastungsmaßnahmen zum Abschluss noch einmal ganz kurz zusammenfassen:

 

Am Beginn stand die Einführung einer neuen Wiener Stromsteuer.

 

Es folgte die Verteuerung im sozialen Wohnbau durch die Kürzung der Wohnbauförderung, eine Verteuerung um durchschnittlich 500 S pro Monat.

 

Es folgt die Erhöhung der Müllgebühren, die vom Stadtrat bereits angekündigt wurde.

 

Es kommt jetzt die kräftige Erhöhung der Tarife bei den Wiener Linien zur Jahresmitte auf uns zu.

 

Die Aktionen des Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds wurden eingeschränkt und teilweise gestrichen.

 

Die Kinderbetreuungsmittel wurden im heurigen Budget um 55 Millionen pro Jahr gekürzt.

 

Unsere Wiener Spitäler werden durch eine reale Kürzung des Budgetzuschusses an den Krankenanstaltenverbund ausgehungert.

 

Es gibt Kürzungen bei der Aktion "Essen auf Rädern".

 

Die Wiener Wirtschaft leidet unter der drastischen Kürzung der kommunalen Investitionen, die ja heuer wieder einen Tiefstand erreichen, und gleichzeitig hat man noch die Wiener Wirtschaftsförderung halbiert. Diese drastische Verschlechterung der Richtlinien ist ja bereits mit 1. Jänner heuer in Kraft getreten.

 

Meine Damen und Herren! Ich meine, wir sollten daher vor solchen drastischen Schritten tatsächlich in Zukunft gemeinsam nach Einsparungspotenzialen suchen.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular