Gemeinderat,
14. Sitzung vom 22.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 81
ein Forschungszentrum zu fördern, sind mehr als begrüßenswert.
Wir würden uns mehr solcher Anträge hier im Gemeinderat wünschen.
Wenn die angestrebten Ziele, die in diesem Geschäftsstück
angeführt sind, wie die wirtschaftliche und technische Beratung der Klein- und
Mittelbetriebe, die Stärkung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit dieser
Betriebe, die Verbesserung des Images von Ziel-2-Gebieten durch die
Lokalisierung dieser Maßnahmen in einer Fachhochschule im Ziel-2-Gebiet und die
Stärkung, vor allem die Stärkung der Zusammenarbeit von Fachhochschulen mit
anderen Forschungseinrichtungen der Wirtschaft und den Universitäten, wirklich
gelingen, dann zeigt uns das, was Kooperation und Zusammenarbeit im
bildungspolitischen, im universitären, im forschungspolitischen Bereich bringen
und wie alle beteiligten Seiten davon profitieren können. Deshalb unsere
Zustimmung zu diesem Geschäftsstück.
Ein anderes Thema erschüttert die bildungspolitische
Situation in diesem Land seit dem 8. März und eigentlich schon vorher
massiv. Das ist der Gesetzesentwurf, präsentiert von der Bundesregierung am
8. März, zum neuen Universitätsgesetz 2002. In diesem Gesetz, das jetzt
durch die Medien bekannter geworden ist und wo sich auch der Widerstand schön
langsam an den Hochschulen manifestiert, schlägt man unter anderem die Schaffung
eigener Medizinuniversitäten in Graz, Innsbruck und Wien vor. (GR Dkfm Dr
Fritz Aichinger: Das gehört ins Parlament!) - Ja, das gehört ins Parlament,
aber auch die Stadt Wien hat damit zu tun, falls Sie das Gesetz schon gelesen
haben. Wenn Sie meinen Antrag gelesen haben, so werde ich darauf zurückkommen,
was Wien betrifft.
Diese Ausgliederung der
medizinischen Universitäten aus dem Universitätenverband, die wir ablehnen,
zeigt, dass die bewährte Zusammenarbeit der Fakultäten im Universitätenverband
anscheinend nicht mehr gewünscht wird, dass Kooperation über Fakultätsgrenzen
hinweg nicht mehr erwünscht ist und dass auch Forschung und Lehre und das
wechselseitige Spiel zwischen den Fakultäten in diesen Bereichen ebenfalls
nicht mehr gewünscht wird. Studierende dieser Fakultät und auch Lehrende dieser
Fakultät sehen sich nämlich nicht nur als Mediziner, sondern dem Universitätenverband
als Gesamtes verpflichtet und wollen diese Kooperationen, diese
fächerübergreifende Interdisziplinarität weiterhin haben. Für uns ist die
Interdisziplinarität ein wesentlicher Faktor einer Universität, denn
Kommunikation wird immer bedeutender in den hochspezifischen divergierenden
Fachrichtungen. Wir brauchen diese Interdisziplinarität, um ein
wissenschaftlich gesamtheitliches Weltbild zu haben und es ist notwendig für
die Synergie zwischen Forschung, Lehre und auch die Organisation. Die Ausgliederung
dieser medizinischen Universitäten würde beinhalten, dass die Prinzipien, die
im UG 93 eigentlich festgeschrieben sind, aufgehoben und für null und
nichtig erklärt werden. Das ist nicht unser Zugang zu diesem Thema.
Deshalb stelle ich einen
Beschlussantrag, der lautet:
"Im Interesse der
verstärkten Zusammenarbeit der Stadt Wien mit der Universität Wien und im
Interesse der Erhaltung, Förderung und Weiterentwicklung des Wissensstandorts
Wien lehnt der Gemeinderat der Stadt Wien entschieden die Ausgliederung der
medizinischen Fakultät und die Gründung einer Medizinischen Universität Wien ab
und unterstützt damit nachdrücklich alle universitären Gremien und ProponentInnen,
die sich für die Erhaltung der Volluniversität ausgesprochen haben.
Eine Ausgliederung der
medizinischen Fakultät würde die wechselseitige Ergänzung und Befruchtung von
Forschung und Lehre verschiedener Fakultäten behindern und damit die Qualität
des universitären Angebots insgesamt verschlechtern.
Die Ausgliederung wäre
insbesondere ein schwerer Schlag für die Forschung auf dem Gebiet der theoretischen
Medizin und für die Weiterentwicklung des Life Sciences Standorts Wien.
Eine Ausgliederung der
medizinischen Fakultät würde entgegen den Grundsätzen und Aufgaben der Universitäten,
wie sie im Universitätsorganisationsgesetz 1993 und im Entwurf zum
Universitätsorganisationsgesetz 2002 festgeschrieben sind und die der
Gemeinderat der Stadt Wien nachdrücklich unterstreicht, einseitig und im
Interesse einiger weniger Universitätsangehöriger die Verwertung von
Forschungsergebnissen und die praktische Anwendung im Klinikbetrieb zu Lasten
von Forschung und Lehre und zu Lasten der generellen humanistischen
gesellschaftlichen Zielsetzungen der Universität fördern und begünstigen.
Der Gemeinderat der Stadt
Wien ersucht die Bundesregierung und den Bundesgesetzgeber, dringend gesetzliche
Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Weiterbestand der Volluniversitäten und
die Wahrung berechtigter Interessen und Anliegen der einzelnen Fakultäten
sicherstellen.
Der Gemeinderat Wien ersucht
die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, dringend die Bestimmung
über die Schaffung der Medizinischen Universitäten aus dem Begutachtungsentwurf
herauszunehmen.
Der Gemeinderat
unterstreicht auch die Möglichkeit, durch eine entsprechende Fassung der universitären
Satzung und der Wahrung der Einheit und Autonomie der Universität Wien, offene
Fragen der Sonderstellung der medizinischen Fakultät zur beiderseitigen
Zufriedenheit zu regeln."
In formeller Hinsicht
beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrags.
Nur zur Information: Ein
ähnlich lautender Antrag wurde vom Gemeinderat der Stadt Innsbruck einstimmig
angenommen.
Zu einem weiteren
Punkt: In einer APA-Meldung vom 8. März hat Bgm Häupl gemeint, es gäbe
eigentlich nichts gegen eine Vollrechtsfähigkeit der Universität einzuwenden,
solange die Grundfinanzierung der Universitäten garantiert wird und es gäbe
prinzipiell wichtigere Themen. Ich denke, damit mag er vielleicht aus seiner
Sicht Recht haben, an den Universitäten ist diese
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