«  1  »

 

Gemeinderat, 15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 99

 

wesend. Sie können mir nicht vorhalten, was ich nicht gehört habe. Er hat es drei Mal ... (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ich habe die Antworten gehört!) Ja, aber er hat drei Mal nicht geantwortet! Er hat gesagt, allgemein ist die Wehrmacht als Institution eingebunden gewesen - aber die Frage war ja: wie viele der Wehrmachtsangehörigen waren an so etwas beteiligt? - Also, Herr Stadtrat, nicht böse sein! Ich habe mich sehr konzentriert - ich weiß nicht, ob Sie auch so konzentriert zugehört haben, wenn Sie nicht anwesend waren und vielleicht nur irgendwo am Lautsprecher mitgehört haben - und kann daher sagen: Er hat jedenfalls nicht dezidiert darauf geantwortet. - Sie waren am Anfang anwesend, Sie haben die Begrüßung vorgenommen. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ich war bis zum Schluss anwesend!) Am Schluss habe ich Sie nicht gesehen. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Das ist Ihr Problem!) Gut. Er hat jedenfalls nicht dezidiert darauf antworten können. Wenn der Herr Stadtrat eine Zahl weiß, dann wird er sie uns sagen, aber ich nehme an, er hat auch keine gehört. (Ruf bei der SPÖ: Ist das für Sie wirklich so interessant?)

 

Aber besonders perfid ist etwas, was ursprünglich als besonders objektiv dargestellt wurde. Das ist die Darstellung des Bereichs der Handlungsspielräume. - Kollege LUDWIG hat das auch bereits in seinem ersten Vortrag erklärt. Es wird also dargestellt, dass sich unterschiedliche - in diesem Fall - Offiziere der deutschen Wehrmacht unterschiedlich verhalten haben. - So weit, so gut. Es wird aber damit in Wirklichkeit suggeriert, dass all jene, die nicht zu Helden geworden sind, weil sie Befehle verweigert haben, letztlich sehr wohl Verbrecher sind, denn sie hätten ja die Möglichkeit gehabt, sich anders zu verhalten. - Das ist das Ergebnis der Darstellung betreffend die Handlungsspielräume.

 

Und damit komme ich nun auch zur Gegenwart, um aufzuzeigen, was hier auf der einen Seite der Kriegsgeneration abverlangt wird und was andererseits Angehörige der heutigen Generation - und gerade jene, die das so besonders einfordern - nicht zu geben bereit sind:

 

Da hätte in Simmering im März eine Ausstellung über Tibet stattfinden sollen, über Künstler aus Tibet, aber natürlich auch über den Völker- und Kulturmord in Tibet. Zwei Tage vor Beginn der Ausstellung wurde diese vom BV Brix, SPÖ, abgesagt, weil es technische Probleme im Museum gibt. Auch die Eröffnungsveranstaltung selbst im Amtshaus konnte nicht stattfinden, weil es zufällig dort auch technische Probleme gab. Das heißt, die Ausstellung durfte nicht stattfinden. - Eigenartig: Es waren Prominente eingeladen, die bei der Eröffnung auch vortragen hätten sollen. Es war verwunderlich: Warum das Ganze?

 

Dann stellt sich heraus, dass wenige Tage später eine Delegation der SPÖ-Simmering nach Peking fliegt - mit dabei auch Landtagspräsident Hatzl, SPÖ-Obmann von Simmering, und auch BV Brix -, um dort mit einem Pekinger Arbeiterbezirk einen Kooperationsvertrag abzuschließen. (Ruf bei der FPÖ: Über was?)

 

Das heißt: Offensichtlich - denn die technischen Probleme zwei Tage vorher an zwei verschiedenen Orten, die glaubt niemand - war es in der heutigen Zeit zwei SPÖ-Politikern, zumindest den maßgeblichen in Simmering, wichtiger, in Peking nicht darauf angesprochen zu werden, in ihrem eigenen Bezirk eine Ausstellung abzuhalten, die die Menschenrechtsverletzungen in Tibet, den Völkermord, den Kulturmord zeigt. Obwohl hier überhaupt keine Gefahr an Leib und Leben oder sonst irgendetwas gegeben war, nicht einmal an Vermögen, war hier offenbar der Heldenmut nicht groß genug. Daran sieht man, dass gerade jene, die mit dem moralisierenden Zeigefinger auf die Vergangenheit weisen und Personen aus dieser Vergangenheit verurteilen, heutzutage nicht einmal bereit sind, die gegenwärtigen Menschenrechtsverletzungen und den gegenwärtigen Völkermord zu verurteilen und dagegen zumindest in einem bescheidenen Ausmaß aufzutreten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es bleibt zu sagen, dass wir Freiheitliche uns auch in Zukunft um das Ansehen der Kriegsgeneration kümmern werden und sie vor pauschalen und übertriebenen Angriffen in Schutz nehmen werden. Wir halten uns insofern vielmehr an das, was der Salzburger Historiker Fellner treffend mit folgenden Worten ausgedrückt hat: "Wir sollten uns hüten, die selbstgerechte Überheblichkeit der Nachgeborenen zum Maßstab des historischen Urteils werden zu lassen." (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr GR Hatzl zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Johann Hatzl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Vorsitzender! Es ist richtig, dass eine Eröffnung einer Tibetausstellung, so wie berichtet, aus technischen Gründen abgesagt wurde.

 

Es ist nicht richtig, dass vom Bezirksvorsteher eine Ausstellung abgesagt wurde.

 

Wahr ist vielmehr, dass jene Person, die einen Gutteil der Gegenstände für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat, dem Bezirksvorsteher mitgeteilt hat: Wenn es die Eröffnungsveranstaltung nicht gibt, zieht er seine Gegenstände aus der Ausstellung zurück. Daher ist die Ausstellung nicht mehr möglich gewesen. Das hat mit der Chinareise überhaupt nichts zu tun.

 

Und das Zweite: Wahr ist vielmehr, wenn man sich meine Erklärungen und Hinweise auch im Zusammenhang mit China und Tibet nur ein bisschen zu Gemüte führt, dann weiß man, dass auch das, was zuvor behauptet wurde, in diesem Zusammenhang nicht eingebracht werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Als Nächster ist Herr GR Dr Michael LUDWIG zum Wort gemeldet. Ihm verbleibt bis 16 Uhr noch eine Redezeit von gut 6 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Dr Michael LUDWIG (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte kurz noch anschließen an das, was Herr GR Hatzl hier in Bezug auf seine Haltung zu Tibet gesagt

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular