Gemeinderat,
16. Sitzung vom 29.05.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 90
rung der Wiener Linien plant, aus
Kostengründen die Fahrscheinautomaten in den Bussen abzuschaffen, was zur
Konsequenz hätte, dass die Fahrer dort auch kassieren müssten, was beim Dr
Richard, beim Blaguss, seit Jahrzehnten problemlos funktioniert. Was sagt der
Herr Simanov dazu? - Wenn der erste Chauffeur von irgendeinem Verrückten
ausgeraubt wird, mache ich dieser Sparidee ein Ende. - So spricht ein echter
Eigentümer.
Jetzt muss man sagen: Die
Raubüberfälle sind ja leider Gottes eher bisher auf Taxifahrer abgestellt worden,
aber vielleicht weiß der Herr Simanov, im Zuge der Tariferhöhungen wird’s dann
vielleicht einmal gefährlicher für einen Buschauffeur und die Tageslosung eines
Buschauffeurs könnte natürlich dann auch größer sein als die eines Taxifahrers.
Und jetzt kommen wir zum aktuellen
Beispiel: Herr StR Rieder hat es also gewagt zu sagen: Beim Busverkehr kann ich
mir Wettbewerb durchaus vorstellen.
Der Eigentümer Simanov hat Ihnen
sofort ausrichten lassen - da war die "Wiener Zeitung" noch druckfrisch:
Kein Thema, sonst Streik! Nach dem Motto - das ist jetzt kein Originalzitat -:
Wenn ich das Wort "Wettbewerb“ nur hör, hab ich schon g'fressn.
Ich möchte jetzt einmal wirklich
vom StR Rieder oder einem Vertreter der Sozialdemokraten hören, wem die Wiener
Linien denn tatsächlich gehören. Wenn sie wirklich dem Herrn Simanov verkauft
wurden - kein Problem, dann gehören sie ja ihm, dann kann er sie auch mitnehmen,
er kann sich auch eine Straßenbahn mitnehmen, vielleicht in die Kabane im Gänsehäufel
hineinstellen, oder einen kleinen Autobus nach Hause in den Schrebergarten. -
Kein Problem, die ÖVP hat Respekt vorm Eigentum.
Wenn sie aber nicht verkauft
wurden, die Wiener Linien, dann wird es höchste Zeit, einmal klarzustellen, wem
die Wiener Linien tatsächlich gehören. Nämlich den Wienerinnen und Wienern und
den Steuerzahlern, und das absolut. (Beifall
bei der ÖVP.)
Und es ist auch die Verantwortung
eines Finanzstadtrats der Stadt Wien, die Eigentumsanmaßung durch die sozialistischen
Personalvertreter am öffentlichen Gut abzustellen, und zwar am besten mit einer
Besitzstörungs- und Unterlassungsklage. Denn die sozialistischen
Personalvertreter, die glauben nämlich mittlerweile nicht nur, dass ihnen die
Wiener Linien gehören, sie glauben auch, die ganze Stadt gehört ihnen. (GR Johann Hatzl: Jetzt wird es interessant!
Ein ÖAAB-Betriebsrat bringt eine Besitzstörungs- und Unterlassungsklage ein!
Ich gratuliere Ihnen!) Nein. - Denn sie wollen darüber entscheiden, ob die
Stadt Wien öffentliche Ausschreibungen, zum Beispiel für den Busverkehr, machen
darf oder nicht. Und das geht die überhaupt nichts an. Das geht den Stadtrat
und den Gemeinderat dieses Hauses etwas an. Wien ist auch nach der letzten Wahl
noch keine Großkolchose, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP.)
Und jetzt ein bisschen zum
Politischen vom Rechtlichen. Sie werden natürlich jetzt wieder argumentieren,
und darauf freue ich mich schon: Das sind die typischen Angriffe der
bürgerlichen Privatisierungsfetischisten, die englische Zustände hervorrufen
wollen. - Der Simanov sagt immer, dass Private das Netz ausdünnen und Billigstarbeitskräfte
fahren. Typisch Thatcher, typisch Konservative und so weiter.
Nur, wer regiert eigentlich in
Großbritannien seit sechs Jahren? - Das ist doch dieser nette Herr Blair. Der
war ja auch immer auf einem Foto: Die großen Roten. Da war noch ein anderer
drauf. Also nicht der, der jetzt in Argentinien ist, sondern der Jospin aus
Frankreich. Der ist auch nicht mehr auf dem Foto drauf. Also englische Zustände
herrschen seit sechs Jahren eigentlich dort durch die Sozialdemokraten.
Aber - zur Ordnung des Hauses, wir
reden ja über Österreich - zumindest in Österreich stimmen die Fronten noch.
Schauen wir uns einmal an, vor welchen Erzkonservativen der Herr Simanov die
Wiener Linien bisher durch seine Streikdrohungen vor den Schrecken des Wettbewerbs
bewahrt hat. "Simanov kämpft gegen Frau Mag Ederer." Alles
Originalzitate. "Die SPÖ-Gewerkschaft droht mit streikähnlichen Aktionen,
weil Finanzstadträtin Brigitte Ederer (SP)" - interessant - "den
Wiener Linien keine zusätzlichen Investitionsmittel gewährt."
"Simanov kämpft gegen Swoboda." Wieder Originalzitat.
Der Herr Swoboda hat die kühne
Idee gehabt, die Wiener Linien sollten nicht unbedingt gegen die von der EU geforderte
Ausschreibung der einzelnen Linien sein. Na, mit der Aussage - mehr hat er
nicht gebraucht - hat sich der EU-Parlamentarier Hannes Swoboda, Klammer: SP,
den Zorn der Wiener Straßenbahngewerkschaft, Klammer: SP-dominiert, zugezogen.
Und jetzt wird es spannend. Der Herr Simanov erbost: "Sollen wir uns von
übermächtigen deutschen, französischen und englischen Anbietern die Wiener
Linien wegschnappen lassen und dafür die Pressburger, Brünner und Prager Linien
bekommen?" Eine wahrhaft europäische Gesinnung und vor allem eine echte
reale Gefahr, die ich ja bisher überhaupt noch nicht gesehen habe. Stellen Sie
sich vor: Vermummte englische, französische und deutsche Privatisierungsfetischisten
kommen in der Nacht, packen alle unsere Straßenbahnen, U-Bahnen, Autobusse in
irgendein Sackl, und am nächsten Tag sind die weg. Und wir wachen auf in Wien
und es gibt einfach keine Straßenbahn. Bleibt uns ja gar nichts anderes über,
als nach Pressburg und nach Prag zu gehen und dort ein paar U-Bahnen und
Autobusse zusammenzufladern, damit wir hier auch irgendetwas in Wien haben.
Und diese sehr schlüssige
Argumentationslinie, die kennen wir alle noch aus der EU-Debatte, wo ja auch
die große Gefahr bestanden hat, was wir jetzt gesehen haben, dass die
portugiesischen Billigfriseure ganz Österreich besetzen.
Da braut sich also eine echte konservative Weltverschwörung
zusammen. Die wilden Privatisierer Swoboda, Ederer, Rieder, gestützt von einer
EU-Kommission, die übrigens auch mehrheitlich sozialdemokratisch regiert ist,
auf der einen Seite, und die armen sozialistischen Personalvertreter auf der
anderen Seite. Da habe ich manchmal das Gefühl, der Don Quichotte reitet auch
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