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Gemeinderat, 16. Sitzung vom 29.05.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 90

 

handeln. Das ist kein Verbrechen. Sie versuchen, für sich einen Vorteil herauszuholen. So weit, so gut.

 

Den Fehler hat nicht das Steirereck gemacht. Auch da muss man wieder die SPÖ kritisieren. Denn Sie rücken dieses Lokal in ein schlechtes Licht. Dort kommen sie in die Medien hinein, als ob sie das größere Verbrechen begangen hätten, und die Kritik an der SPÖ fällt fast hinter die Kritik am Steirereck zurück. Ob dort am Schluss eine Spitzen-Gastronomie sein wird oder nicht, ist jetzt nicht das Hauptproblem. Das hätte man feststellen können, indem man eine Ausschreibung macht. Nicht nur für die Spitzen-Gastronomie, sondern: Was hätte man überhaupt dort machen können? - Nichts, keine Idee, niemand ist gefragt worden!

 

Wie hätte man es machen können? - Bei einer Ausschreibung hätten sich vielleicht nicht nur McDonald's, Starbucks und ich weiß nicht, wer alles melden müssen, sondern es wären vielleicht auch andere Interessenten an die Stadt herangetreten. Immerhin hat dort in den letzten zehn Jahren einiges an Kultur-Events, Jugend-Events und Clubbings stattgefunden, was es in Zukunft alles nicht mehr geben wird. Daher ist neben den Sofiensälen jetzt auch die Meierei für die Jugend versperrt.

 

Aber schauen wir uns jetzt den Baurechtsvertrag im Einzelnen an. Der Baurechtsvertrag läuft auf 99 Jahre, das ist nichts Ungewöhnliches. Der Bauzins beträgt im Jahr 72 600 EUR, das entspricht in altem Geld ungefähr 1 Million S. Für die ersten drei Jahre sind es nur 30 Prozent davon, längstens drei Jahre oder bis zur Inbetriebnahme, wenn es schneller gehen sollte.

 

Jetzt kommt aber die Superklausel, die ausverhandelt wurde: Je nachdem, wie viele Autos dort zufahren dürfen, und je nachdem, wie viele Parkplätze es gibt, verändert sich dieser Bauzins, und zwar gravierend. Wenn nach 19 Uhr keine Autos zufahren dürfen - keine Pkw, keine Taxis et cetera -, sinkt dieser Bauzins auf 25 Prozent. Das ist schon ein schöner Unterschied, damit sind wir noch bei 18 150 EUR.

 

Wenn dort überhaupt keine Autos zufahren dürfen - was für manche Parks nicht ungewöhnlich ist und was auch im Stadtpark nicht ungewöhnlich wäre; je länger Sie freilich Ihre Parkgaragenpolitik fortsetzen, desto weniger Parks wird es am Schluss geben, aber da wäre es noch nicht notwendig, dass man mit dem Auto hineinfährt -, fällt der Zins überhaupt auf 0 EUR jährlich und beträgt somit genau gar nichts! Es kostet dann einfach nichts.

 

Jetzt könnten wir sagen, sie hätten es komplett geschenkt bekommen. Ganz so einfach ist es natürlich nicht, dort sind zahlreiche Adaptierungsarbeiten zu machen, und man darf nicht einfach abreißen und wieder aufbauen. Es wird geschätzt, dass das Steirereck - wenn sie es bekommen werden und wenn heute der Zuschlag durch die Stimmen der Sozialdemokratie erfolgt - in etwa 4,5 bis 5 Millionen EUR brauchen wird, um das Objekt instand zu setzen.

 

Diese unklare Zufahrtsregelung wird aber nicht vorher ausgemacht, sondern sie steht jetzt im Vertrag drin. Das heißt, wir beschließen heute etwas beziehungsweise die Sozialdemokratie beschließt heute etwas, wovon wir gar nicht wissen, was nachher daraus wird. Was ist das für ein Umgang mit dem Stadtpark, wenn man sagt: Zuerst verkaufen wir es? - Im Übrigen ohne genaues Konzept - auch das ist nicht zu finden! Es ist zwar die Rede davon: wir machen da nicht nur Spitzen-Gastronomie, sondern auch irgendetwas anderes - aber es ist nichts Genaues darüber zu finden. Möglich, dass es die Sozialdemokratie weiß; von der Opposition weiß es niemand genau, zumindest nicht aus dem Akt. Ohne ein Konzept dafür, was dort passiert, ohne ein Konzept für die Parkplätze, ohne ein Konzept dafür, wer wie wo zufährt, ohne all das soll das heute beschlossen werden. Und es ist eh alles in Ordnung, wie ich mehreren Aussendungen, mehreren APA-Meldungen von Herrn VBgm Rieder entnehmen kann.

 

Na, was ist denn da in Ordnung? - Wenn das in Ordnung ist, dann frage ich mich wirklich: Wie stellt sich die Sozialdemokratie vor, dass man in Wien irgendetwas vergibt? Wie soll das ungefähr laufen? Da setzen Sie sich zusammen, irgendjemand von Ihren Leuten, von Ihren Ressorts redet mit irgendwelchen Interessierten, und die bleiben natürlich bis zum Schluss anonym. Ob es 23 sind oder nicht, wissen wir nicht genau.

 

Was wir schon wissen, ist, dass Leute von sich aus an die Stadt herangetreten sind und die Stadt gefragt haben: Wie sieht es denn mit der Meierei aus? Was kann man dort machen? Gibt es da eine Möglichkeit, kann man einen Vertrag kriegen? - Sie haben nicht einmal alle eine schriftliche Antwort bekommen! So funktioniert das nämlich, weil die Vergabe schon vorher geklärt war. Es ist ja nicht notwendig, zu informieren: weder die Opposition zu informieren, noch einen Interessenten zu informieren. Es ist alles klar und es ist alles in Ordnung, weil es die Sozialdemokratie schon richten wird.

 

Besonders frech und enttäuschend finde ich es eigentlich, dass, wenn im Wohnausschuss dazu Fragen gestellt werden, einfach nichts gesagt wird. Wissen wir nicht, keine Ahnung; wer waren die Interessenten - weiß ich nicht! - Das halte ich für derart frech, dass ich sagen muss: Wenn das der Umgang ist, so war das auch das, was man mir, bevor ich in den Gemeinderat gekommen bin, darüber erklärt hat, wie das hier ungefähr vor sich geht.

 

Und bei manchem habe ich gesagt: Nein, das glaube ich nicht, das können die so nicht machen! Sie machen es aber genauso und haben überhaupt nichts dazugelernt. Das ist einer der Kritikpunkte an der Sozialdemokratie über viele Jahre hinweg, die sie im Bund zum Beispiel irgendwann einmal auch Stimmen gekostet haben, das ist der Umgang mit den Bürgern und Bürgerinnen in der Stadt.

 

Es wäre auch möglich gewesen, dort zum Beispiel Anrainer und Anrainerinnen einzubeziehen. Das hat es natürlich auch nicht gegeben. Also die Opposition nicht, die Leute, die sich dafür interessieren, nicht, die AnrainerInnen nicht, einfach überhaupt niemand wurde einbezogen. Die einzigen Leute, die einbezogen wurden, sind die sozialdemokratischen Gemeinderäte. Aber "einbezogen"

 

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