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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 145

 

dort die 40 Millionen EUR lockerzumachen, die man dann für Investitionen eingesetzt hat und einsetzen wird, auch unter dem Gesichtspunkt, dass das eine Investitionsmaßnahme vor dem Hintergrund der Wirtschaftskonjunktur gewesen ist.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bekannt, dass der Finanzminister 2001 das ihm nach dem Stabilitätspakt zugestandene Bundesdefizit von maximal 2,05 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht ausschöpfen musste und mit Hilfe der Länderüberschusse und der ausgeglichenen Gebarungen der Gemeinden schon 2001 das Gesamtnulldefizit, also das österreichische Nulldefizit, bejubeln durfte. Umso größer ist eigentlich dann auch das Desaster jetzt, wo dieses Nulldefizit ungeachtet aller Zahlenkunststücke der Frau Vizekanzlerin und ungeachtet des beredten Schweigens des Bundeskanzlers diesmal, 2002, nicht wird hergestellt werden können. Und ob die Bandbreite jetzt bei 0,4 - so der Finanzminister - oder nach anderen etwas höher liegen wird, ist letztlich egal. Es ist vor dem Hintergrund der seinerzeitigen Bejubelung des Nulldefizits eigentlich sehr deprimierend.

 

Möglich wurde diese Entwicklung im Jahr 2001 durch deutliche Mehreinnahmen auf Grund von Vorauszahlungen und Anzahlungen im Bereich der Einkommenssteuer und der Körperschaftssteuer, die insgesamt 4,7 Milliarden EUR ausgemacht haben, während die Lohnsteuer um eine halbe Milliarde hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Von diesen 4,7 Milliarden hat der Bund rund 3,7 Milliarden vorweg einmal kassiert, an die Länder sind aus diesen Mehreinnahmen 624 Millionen und an die Gemeinden 341 Millionen gegangen.

 

Es ist auch bekannt - ich komme dann gleich auf den kooperativen Teil für Wien -, dass ungeachtet der Tatsache, dass der Finanzminister immerhin schon den größten Teil des Kuchens für sich an Bord gezogen hat, der Finanzminister es nicht unterlassen hat, trotzdem den Versuch zu unternehmen, die Leistungen, die den Ländern und Gemeinden zugestanden sind, unter Berufung auf eine Bestimmung des Finanzausgleichspakts, wieder an sich zu holen. Dass das als unsittliches Angebot von Seiten der Länder, Städte und Gemeinden gesehen wurde, liegt auf der Hand und es ist letztlich abgelehnt worden.

 

Die Tatsache ist aber die, dass damit natürlich auch im Budget des Jahres 2001 Wien mehr Mittel zur Verfügung gestanden sind, als im Voranschlag eigentlich zu erwarten war, und im Gegensatz zu einigen Bundesländern, deren angespannte Budgetsituation sie gezwungen hat, diese Mehreinnahmen zu verwenden, um den Stabilitätsbeitrag zu leisten, war das für Wien auf Grund unserer günstigen Budgetpolitik nicht notwendig - mit der Konsequenz, dass wir diese Mittel nicht Ende des Jahres 2001 verputzt haben, sondern dass wir diese Mittel herübergezogen haben in das laufende Budget 2002, und sie sind die Grundlage für das Investitionsprogramm, das im Februar mit rund 75 Millionen, davon ein Teil, wie gesagt, im Bereich der Spitäler, aber 35 Millionen außerhalb der Spitäler, finanziert wurde, um Maßnahmen im Bereich der Beschäftigungspolitik zu finanzieren, um Maßnahmen im Bereich der Fachhochschulen zu finanzieren.

 

Das ist sozusagen auch eine Erklärung für die Diskrepanz, die möglicherweise ungewöhnlich ist, dass wir in unserem Rechnungsabschluss deutlich mehr Einnahmen und ein administratives Überschussergebnis darstellen können, denn sonst würde man sich fragen: Ist das eine schlechte Kalkulation gewesen oder hat man sich da ein Körbergeld schaffen wollen?

 

Wie gesagt, wir haben diese Mittel eingesetzt, um vor dem Hintergrund der schlechten Konjunkturlage gegenzusteuern, Geld, öffentliche Mittel, für Investitionen einzusetzen.

 

Ich bedaure es, dass der Finanzminister nicht Ähnliches getan hat, denn er hätte genauso die Mittel, die ihm in den Schoss gefallen sind, die quasi nicht verplant waren - 3,7 Milliarden sind kein Lercherl - verwenden können, um ein wirkliches Konjunkturpaket zustande zu bringen und etwas unmittelbar Wirksames auf die Beine zu stellen. Denn wir leiden alle darunter, hier in Wien auch oder ganz besonders, je nachdem, wie man hier den Akzent setzen will, dass das, was die Bundesregierung als Konjunkturpaket verkauft hat, wirklich ein Flop ist. Wenn ich das hier sage, dann ist das nicht eine persönliche Wertung, sondern ich gebe hier ein Zitat aus einer österreichischen Tageszeitung vom 11. Juni wieder, wo es heißt: "Konjunkturpaket ein Flop. Die Maßnahmen der Regierung taugen nur beschränkt zur Belebung der Konjunktur." Dann heißt es weiter, aus gutem Grund versteckt, weil in dem Artikel vorher gesagt wird, es ist auffallend, dass die Bundesregierung das Konjunkturpaket nicht wirklich dargestellt hat, nicht wirklich in die Öffentlichkeit gebracht hat: "Der Fehler ist nicht in der schlechten Verfassung zu suchen, sondern im Inhalt, dieser ist höchst bescheiden." Und dann heißt es weiter: "Einige Maßnahmen wirken nur langfristig" - das ist okay; der Herr Kollege Schock hat ja vor nicht allzu langer Zeit einmal das Konjunkturpaket gerühmt -, "andere wiederum sind zu mickrig, um eine Wirkung entfalten zu können. Zudem kommen sie zu spät. Von den ersten Plänen bis zum Beschluss im Parlament verging ein halbes Jahr." Bekanntlich ist das ja erst vor kurzem beschlossen worden.

 

Ich sage das deswegen, weil die Frage "Wie reagiert die Bundesregierung auf die Konjunktursituation?" ja immer in der Diskussion - ob wir es wollen oder nicht - in Gegensatz gebracht wird, gerade auch von der Bundesregierung, gegenüber der Vorgangsweise in Wien.

 

Wir haben uns in der Budgetpolitik - auch das soll erwähnt sein - auf keine eurostartgefährdeten Experimente eingelassen. Auch dafür ist der Rechnungsabschluss ein Beweis. Also wir haben nicht die Darstellungsprobleme, die es anderswo gibt. Aber das schließt nicht aus, dass wir natürlich auch Möglichkeiten nutzen, die bisher vielleicht nicht in dem Umfang eingesetzt worden sind. Ein Beispiel ist das Cross-Border-Leasing-Projekt, das jetzt umgesetzt wird. Im Stadtsenat ist es

 

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