Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 145
Grundstücken wird immer mehr zugunsten der Wohnwidmung
zurückgenommen. Es ist auch in den letzten Jahren sehr still geworden um die
Betriebsaufschließungsgebiete, die im Wirtschaftsförderungsfonds jahrelang
forciert wurden.
Und natürlich gibt es auch hausgemachte Probleme mit
der Verkehrsinfrastruktur, weil ordentliche und zeitgemäße
Straßenaufschließungen nun einmal Voraussetzung sind, dass der Wirtschaftsverkehr
in dem Maße fließen kann, wie es notwendig ist. Und dann haben wir noch einen
vierten Punkt in der WIFO-Studie aufgezeigt, nämlich die ganz besonders
angespannte Situation auf dem Bausektor, der von der Rezession überdurchschnittlich
stark betroffen ist. Das hat auch bis jetzt niemand in Abrede gestellt, es ist
nur bedauerlicherweise weder im Budget oder im Budgetvollzug 2001, noch jetzt
in den weiteren Zukunftsperspektiven von der Stadtregierung darauf angemessen
reagiert worden.
Das WIFO schreibt selbst: "Hochbauaktivitäten gingen
deutlich zurück, ausschlaggebend war vor allen Dingen die geringe Nachfrage im
Wohnbau, die von der regen Bautätigkeit im Industrie- und im Ingenieurbau nicht
kompensiert werden konnte." - Nun, worauf deutet das hin? Das deutet genau
in diese Richtung, die wir auch aus dem Rechnungsabschluss 2001 herauslesen
können, nämlich, dass die Mittel für die Wohnungssanierung zurückgenommen
wurden und zwar beträchtlich. Es wurden nämlich im Jahr 2001 von
232 Millionen EUR, die veranschlagt waren, nur 204 Millionen EUR für
die Förderung von Altbausanierungen ausgegeben.
Ich habe Vorschläge unterbreitet, ich weiß nicht, ob
sie allen bekannt sind, wenn auch, ich werde sie wiederholen. Steter Tropfen
höhlt erstens den Stein und zweitens kann man offensichtlich Dinge nicht oft
genug sagen und sie geschehen trotzdem nicht. Ich habe vorgeschlagen, dass man
als eine der relativ rasch wirksamen Maßnahmen in Wien eine Aktion zur
Beseitigung der Substandard-Wohnungen ins Leben ruft.
Wien hat noch immer
80 000 Substandard-Wohnungen. Das ist an sich schon unschön, denn es ist
nicht einzusehen, warum in Wien nach wie vor Menschen in Substandard leben
müssen, wenn Mittel bereitgestellt werden könnten, um das in einem vernünftigen
Zeitraum zu beseitigen. Es wäre nämlich auch denkbar, dass man bei den
mittlerweile zurückgeschraubten Förderungsmittel für den Neubau von Wohnungen -
was durchaus auch andere Gründe hat, weil wir jetzt im Jahr nicht mehr eine
Bauleistung von 10 000 Neubauwohnungen brauchen - die dadurch frei
werdenden Mittel zielgerichtet in die Sanierung umlenkt. Und ich habe vorgeschlagen,
dass die Stadt Wien durch verlorene Zuschüsse von einem Drittel der
Sanierungskosten zur Beseitigung einer Substandardwohnung auch private Nachfrage
stimuliert.
Wenn ich davon ausgehe, dass die Stadt Wien für eine
Wohnungssanierung zur Beseitigung des Substandards 7 200 EUR zur
Verfügung stellt, dann kann die Stadt Wien mit Aufwendungen von insgesamt
580 Millionen EUR für die Beseitigung aller 80 000 Substandardwohnungen
rund 1,47 Milliarden EUR Investitionsvolumen im Baugewerbe stimulieren,
bitte, auch privates Kapital stimulieren, denn ich glaube, dass das Anreiz
genug ist, dass Private investieren und so dem Baugewerbe Aufträge verschaffen.
Wenn man den allgemeinen Schlüssel, den das WIFO auch
bekannt gegeben hat, einsetzt, nämlich welche Beschäftigungseffekte
Sanierungsvorhaben haben, dann wäre das im Baugewerbe eine Beschäftigung für
33 600 Arbeiter. Das ist schon was, meine Damen und Herren, und ich weiß,
dass das auch nicht innerhalb eines Jahres geschehen kann, sondern ein
mehrjähriges Programm wäre, aber ich bin überzeugt davon, dass das eine
erhebliche Stimulierung brächte. Und ich bin ja nicht allein mit meiner Meinung
- und jetzt halte ich es mit dem Herrn Vizebürgermeister -, auch ich lese
Zeitungen, ich habe da einen Zeitungsartikel von der "Presse" vom
Samstag, den 15. Juni und hier kommt die WIFO-Expertin ... (GR Gerhard Pfeiffer: Sie liest sie
wenigstens!) Ich lese zu wenig. Also, den habe ich gelesen und hier kommt
die WIFO-Expertin Margarete Cerny zu Wort, eine Immobilienexpertin, die genau
das beklagt, was ich aufgezeigt habe und die auch darauf hinweist, dass die
Sanierungsmittel im gleichen Maß angehoben gehörten, als die Neubauförderung
zurückgenommen wird, auch in Anbetracht der massiven Probleme der Bauwirtschaft
in Wien und in Anbetracht dieses besonders beschäftigungsintensiven Mitteleinsatzes.
Und sie weist hier darauf hin, dass sich 90 Prozent der österreichischen
Substandard-Wohnungen, also jene 80 000 Wohnungen, in Wien befinden. Ich
habe weiters vorgeschlagen, dass auch noch eine zusätzliche Dachbodenausbauaktion
weitere Stimulierung bringen könnte, auch im Zusammenhang mit der
Mietrechtsnovelle des Bundes, wo es hier einen Verstärkereffekt geben könnte
und vorgeschlagen, dass THEWOSAN-Sanierungen forciert gehören. Ich höre, dass
dieses Programm, das ja für Objektsanierungen ins Leben gerufen wurde, nicht in
dem Maß angenommen wird. Ich trete dafür an, das Programm zusätzlich auch für
Einzelwohnungssanierungen heranzuziehen. Auch das würde einen großen Anreiz für
privates Kapital bieten, um hier selbst auch noch zu investieren.
Nun, das sind Vorschläge der Opposition, die meist
nicht einmal angehört, aber jedenfalls nicht umgesetzt werden. Ich kann aber
dazusagen, es gibt auch Versäumnisse, die nicht nur durch die Kritik der Opposition
als Versäumnisse dargestellt werden, sondern auch durch fehlende Umsetzung
eigener Vorhaben der regierenden SPÖ. Und hier beziehe ich mich wieder auf das
100-Punkte-Programm, das ich schon zu Beginn zitiert habe, und hier habe ich
einige Punkte, die ich aufzählen könnte - ich werde sie aber straffen und
kürzen -, die zwar als Vorhaben dargestellt wurden, aber nicht in dem Maße,
oder gar nicht in Angriff genommen wurden.
Und wenn ich jetzt schon bei den Zukunftsaussichten bin:
Bevor ich auf die einzelnen Punkte eingehe, möchte ich auch noch eine eigene
Einschätzung des Wirtschaftsförderungsinstrumentariums voranschicken. Wir haben
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