Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 145
immer die alte Amtsraumlenkung und so schnell wird sich
daran nichts ändern.
Auf Bundesebene gibt es schon längst eine Beschaffungsagentur
in Form einer privaten Gesellschaft, die den zentralen Einkauf für die Republik
besser und billiger bewerkstelligen wird. - In Wien gibt es nach wie vor eine
Magistratsabteilung, die für den zentralen Einkauf zuständig ist. Über eine
Kooperation zwischen den Bundesländern unter Einschluss von Wien wird nicht
einmal nachgedacht.
Die Bundesregierung plant bereits die Ausgliederung
der Nationalbibliothek. - In Wien sind weiterhin drei Magistratsabteilungen für
Bibliotheken zuständig.
Die Bundesregierung gliedert die Bundesmuseen aus. -
In Wien wurden zwar die Museen mit 1. Jänner ausgegliedert, aber die Stadt
hat sich für zwei Jahre die Personalhoheit vorbehalten.
In der Bundesregierung wird die Ausgliederung des
Bundesinstituts für Erwachsenenbildung bereits aktiv geplant. - In Wien wird
über die Ausgliederung der Volkshochschulen nicht einmal diskutiert. (GRin Mag Sonja Wehsely: Warum sollen wir
sie ausgliedern? Einen privaten Verein ausgliedern?) - Kollegin Wehsely,
wir wissen ganz genau, dass die Volkshochschulen am Tropf der Stadt Wien
hängen, dass das ein ganz wichtiger Bereich ist, in dem Sie Ihren Einfluss
täglich geltend machen. Und wir sagen: Damit muss Schluss sein! (Beifall bei der FPÖ.)
Die Bundesregierung hat die Finanzierungsgesellschaften
mit der Überprüfung und Bewertung aller nur denkbaren Ausgliederungen
beauftragt. - In Wien wird über die Ausgliederung von kommunalen Dienstleistungen
nicht einmal ansatzweise diskutiert.
Die Bundesregierung hat die Postsparkasse, die
Staatsdruckerei, die Austria Tabak AG, das Dorotheum und die Telekom
erfolgreich privatisiert. (Zwischenrufe
der GRe Volkmar Harwanegg und Dr Kurt Stürzenbecher.) - In Wien gehören die
Wiener Stadtwerke nach wie vor zu 100 Prozent der Gemeinde Wien, und vor
kurzem haben wir die Wiener Holding wiederum in den Besitzstand der Gemeinde
Wien geführt.
Die Bundesregierung kürzt außer in Schlüsselbereichen
wie bei der Frauenförderung die Subventionen des Bundes. Und was geschieht in
Wien? - Sie haben es erraten: Die Subventionen wurden auch diesmal deutlich
erhöht - deutlich erhöht deshalb, weil Sie über Subventionspolitik Macht
ausüben und in Vereine und in Bereiche eingreifen, die Sie eigentlich überhaupt
nichts angehen sollten.
Was ist die Alternative des Finanzstadtrats angesichts
dieses Mangels an strukturellen Reformen in Wien? - Die Alternative des
Finanzstadtrats lautet: Es wird gespart. Es wird gespart auf Kosten der Alten
und Behinderten durch Kürzungen bei der Aktion "Essen auf Rädern". Es
wird gespart auf Kosten der Gesundheit durch Aushungern der Wiener Spitäler. Es
wird gespart auf Kosten der Wiener Infrastruktur durch eine drastische Kürzung
der kommunalen Investitionen. Und es wird letztlich auf Kosten der Wiener
Wirtschaft gespart: Die Wiener Wirtschaftsförderung wurde, trotz gegenteiliger
Behauptungen des Finanzstadtrats, mit 1. Jänner 2002 de facto halbiert,
und wir haben soeben gehört, dass die Wiener Unternehmungen durch die neue
Müllsteuer erheblich belastet werden, und zwar in einem Umfang, der rund ein
Zehntel der gesamten Wirtschaftsförderung ausmacht.
Die Konsequenz dieser Belastungspolitik in Wien ist,
dass auch die Bilanz auf dem Arbeitsmarktsektor traurig aussieht: Seit dem
Amtsantritt des Bürgermeisters hat Wien 31 000 Arbeitsplätze verloren. Die
anderen Bundesländer zusammengerechnet haben 112 000 Arbeitsplätze
geschaffen. - So schaut's aus in Wien!
Ursächlich für diese Fehleinschätzung der sozialdemokratischen
Wirtschaftspolitiker in dieser Stadt, ursächlich aber auch für die vielen
Unterlassungssünden im Bereich der Strukturpolitik dieser Stadt ist die kritiklose
Überheblichkeit der Sozialdemokraten dieser Stadt. Die Arroganz der Macht war
noch nie etwas Positives und behindert letztlich strukturelle Änderungen in
Wien.
Damit bin ich noch einmal beim Thema Untersuchungskommission.
Ich will die Aussagen von Herrn SR Steiner jetzt nicht noch einmal breit
kommentieren; das wurde heute teilweise schon gemacht. Erschütternd war für
mich aber das, was Herr SR Steiner über das Klima im Haus ausgesagt hat. Herr
SR Steiner hat klar gesagt, dass es gefährlich war, an Herrn Vokaun Kritik zu
üben. Er hat klar gesagt, dass es unwillkommen und gefährlich war, Kritik zu
üben, und dass derjenige, der Kritik geübt hat, letztlich mit Versetzung auf
den Bisamberg - so plastisch hat er das ausgedrückt - bedroht war.
In diesem Klima der Intoleranz im Magistrat, in diesem
Klima der Unterdrückung müssen Vorfälle wie der jüngste Flächenwidmungsskandal
passieren, sind sie passiert, und es werden sich Vorfälle dieser Art weiterhin
ereignen. Die nächste Untersuchungskommission ist letztlich nur eine Frage der
Zeit, denn immer dann, wenn man Kritiker mundtot macht (GR Johann Driemer: Die Bundesregierung macht dasselbe, offensichtlich!
- GR Franz Ekkamp: Der Innenminister! - GR Christian Oxonitsch: Da sollten Sie
mit Herrn Strasser einmal reden!), ist das der beste Nährboden dafür, dass
solche Versäumnisse passieren können, und der beste Nährboden dafür, dass
Kontrolle letztlich völlig versagt und in Wien kein Thema ist.
Wir werden daher die Beratungen in der Untersuchungskommission
mit großer Aufmerksamkeit und mit großer Umsicht weiterführen. Klar ist aus
meiner Sicht zur Stunde, dass das Wirken und Walten des Herrn Vokaun politisch
motiviert war. Letztlich hat das Flächenwidmungskarussell in Wien das Ziel
gehabt, bestimmten Bauträgern, Freunden satte Widmungsgewinne zu verschaffen.
Dass im Fall Atzgersdorf für die "Wien Süd" ein satter
Widmungsverlust übrig geblieben ist, ist die Pikanterie am Rande und wird auch
in diesem Bereich noch dazu führen, dass wir diese Vorfälle näher untersuchen
werden. Die Chefs der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft werden sich wirklich
ernsthaft dafür rechtfertigen müssen, dass sie um exorbitante
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