Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 145
Infrastruktur auf Bundesebene keine Investitionen gibt. Die
Folgen davon sind, dass sich große Industriekonzerne auch in der Bauwirtschaft
plötzlich in den Wettbewerb mit Klein- und Mittelbetrieben hier am Standort in
Wien um ganz, ganz kleine Aufträge begeben und da meistens die Klein- und
Mittelbetriebe dann durch die Finger schauen. Der andere Teil der großen
Betriebe entlässt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das ist natürlich für
den Wiener Arbeitsmarkt in erster Linie ein Problem, weil wir wissen alle, dass
diese Zentralen meistens in Wien angesiedelt sind.
Lassen Sie mich aber bitte doch auch ein paar Sachen
zum Wirtschaftsstandort Wien anmerken. Es wurde vieles schon gesagt, aber es
ist mir sehr wichtig, dass auch das erwähnt wird, und zwar noch einmal erwähnt
wird und wirklich nur in Stichworten.
Wien ist die Nummer 1unter allen
Betriebsansiedlungen aus dem Ausland.
Wien ist die Nummer 1 bei Betriebsneugründungen.
Das wurde heute auch schon ausgeführt.
Wien ist die Nummer 1 unter allen Bundesländern
bei der Wirtschaftsleistung. Auch das haben wir heute schon gehört. Mit einem
Fünftel der Einwohner Österreichs erwirtschaftet Wien rund 30 Prozent der
gesamtösterreichischen Wertschöpfung.
Wien ist bei den Arbeitsplätzen die Nummer 1
unter allen Bundesländern, nach wie vor. Bei einem Fünftel der Einwohner
Österreichs bietet Wien nach wie vor ein Viertel aller Arbeitsplätze in
Österreich.
Und eines sei Ihnen noch einmal gesagt: Wien bietet
zudem für rund 200 000 Einpendler Arbeitsplätze und entlastet damit auch
die anliegenden Bundesländer.
Das Bruttojahreseinkommen der Erwerbstätigen ist in
Wien am höchsten. Das wurde heute auch schon erwähnt.
Die Frauenerwerbsquote liegt in Wien bei 71,6 Prozent,
im Österreichschnitt sind es 55 Prozent.
Wien ist Biotechzentrum Österreichs. 75 Prozent
aller österreichischen Unternehmen dieser Branche sind in Wien angesiedelt.
Wien ist nach wie vor eine der wichtigsten
Kongressstädte der Welt.
Wien ist eine der kaufkraftstärksten Regionen
Europas.
Wien fördert die Wirtschaft wie kein anderes
Bundesland in Österreich.
Und weil ich bei der Wirtschaftsförderung bin, dann
möchte ich aber schon wissen, wie Sie immer wieder dieses Rechenbeispiel zu
Stande bringen, wenn Sie sagen, die Wirtschaftsförderung wurde halbiert und es
in Wirklichkeit eine Erhöhung um 9 Prozent gibt. Das ist eine Kunst. Das
ist wirklich eine Kunst! (GR Kurth-Bodo
Blind: So passen Sie doch auf! - GR Mag Hilmar Kabas: Das ist Tatsache! Das ist
Realität!) Es wundert mich - Sie sitzen gerade so nebeneinander, Herr
Kabas, Herr Serles und Herr Schock -, dass Sie (GR Mag Hilmar Kabas: Das ist die Realität! Das ist die Realität! - GR
Walter Strobl: Das ist die Realität!) das nach der Reihe immer wieder
sagen, obwohl Sie doch eigentlich wissen sollten, dass es ganz anders ist.
In Wien sind die Aufwendungen für Forschung und
Entwicklung weit höher als im übrigen Österreich: 3,7 Prozent in Wien
gegenüber 2 Prozent im übrigen Österreich.
Jetzt kommen wir zur Bauwirtschaft. Nur in Wien gab
es zuletzt im Bereich der Bauwirtschaft höhere Auftragsbestände (GR Mag Hilmar Kabas: Ein Minus! Ein Minus
um 2,2 Prozent! Ein Minus!), nämlich plus 2,6 Wochen. In allen
anderen Bundesländern sank der Auftragsbestand kräftig. (GR Mag Hilmar Kabas: Ein Minus!) Den stärksten Rückgang - und
jetzt hören Sie wieder gut zu - musste Kärnten hinnehmen, nämlich minus
6,1 Wochen. Das ist nicht etwas, was ich mir ausgedacht habe, sondern -
die Wirtschaftsvertreter in der ÖVP und bei den Freiheitlichen werden das
natürlich kennen - das ist eine Mitteilung der Bauinnung auf Bundesebene.
Wien hat in den letzten Jahren die Landes- und
Gemeindeabgaben insgesamt um 130 Millionen EUR,
1,8 Milliarden S, gesenkt. Der Bund hat bei allen Bundessteuern um
rund 8 Milliarden EUR, nämlich um 111,5 Milliarden S, erhöht. (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist doch
unglaublich!) Ich habe es Ihnen schon gesagt, den Wettbewerb über die
Erhöhungen Wien gegen Bund gewinnt der Bund um Längen! (GR Dr Matthias Tschirf: Sie können doch das nicht behaupten!) Sie
können doch nicht behaupten, dass ... (GR
Dr Matthias Tschirf: Aber zahlt der Wirtschaftstreibende nicht für die
Müllgebühr, KWK-Zuschlag et cetera?) Sie können doch nicht behaupten, dass
die Belastungen der Bundesregierung auf die Wirtschaft in Wien keine
Auswirkungen haben!
Erstens ist jeder Wirtschaftstreibende selber
Konsument und wird damit belastet und zweitens werden die Konsumenten allgemein
belastet und somit sinkt die Kaufkraft. Das müssten Sie doch wissen! (GR Dr Matthias Tschirf: Und wer zahlt für
die Müllgebühr, KWK-Zuschlag, et cetera?) Wenn nicht, ich bin gerne bereit,
Ihnen das einmal unter vier Augen zu erklären!
Wenn Sie fragen, ob es Wien besser macht oder nicht,
dann gebe ich Ihnen jetzt eine Rechenaufgabe: Nehmen Sie sich einmal den
Budgetvoranschlag der Bundesregierung zur Hand und vergleichen Sie diesen
Budgetvoranschlag mit dem Rechnungsabschluss der Gemeinde Wien. Rechnen Sie
dann um, wie denn das wäre, wenn in Wien in der Relation so wenig investiert
werden würde, wie auf Bundesebene. Rechnen Sie aus, wenn in Wien die Steuern so
erhöht werden würden, wie das im Bund passiert ist. Dann werden Sie
draufkommen, dass, wenn wir so gehandelt hätten, die Situation am Arbeitsmarkt
eine deutlich schlimmere wäre!
Aber auch eines ist ganz klar, und auch das wurde heute
schon erwähnt, es kann nicht Wien, die Gemeinde Wien, die Stadt Wien all diese
Sünden der Bundesregierung alleine auffangen. Das ist ein Ding der
Unmöglichkeit. Wenn es ein Ziel dieser Bundesregierung ist, den
Wirtschaftsstandort Wien zu schwächen, dann ist das sehr traurig. Wenn die
Vertreter der Oppositionsparteien hier im Saal das aber noch unterstützen und
über den Wirtschaftsstandort Wien unisono nur negativ reden,
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