Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 97 von 145
Wir haben bis jetzt, zu Recht meine ich, immer wieder
kritisiert, dass der Geschäftsführer des Fonds weniger Sprachrohr der Migranten
als Sprachrohr der SPÖ ist. Und seit der letzten ausführlichen Debatte zu
diesem Thema haben wir es auch schriftlich in die Hand bekommen, und zwar ist
es so, dass es einen Veranstaltungskalender der SPÖ-Margareten gibt, wo der
Herr Geschäftsführer Seitner Funktionär ist. Und aus diesem
Veranstaltungskalender, der auch von ihm unterschrieben ist, zitiere ich jetzt
sehr gerne. Dort heißt es nämlich, dass für allgemeine politische Aktionen
außerhalb der Partei Freiraum geschaffen werden muss zur Wiedererlangung der
politischen Hegemonie der SPÖ in Österreich. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das heißt nämlich Vorherrschaft!)
Sehr geehrte Damen und Herren! Das muss man sich auf
der Zunge zergehen lassen, ja? Da verlangt der Geschäftsführer des
Integrationsfonds, der immer der Erste ist, wenn es gegen Rassismus und für
Antidiskriminierung und ähnliche Arbeitskreise geht, der da immer an vorderster
Front steht, der verlangt jetzt für eine Fraktion die politische Hegemonie.
Sehr geehrte Damen und Herren! Unter Hegemonie
versteht man nicht nur, dass man Erster ist, sondern dass man dem anderen
seinen Willen, seine Kultur aufzwingt, dass der andere unterdrückt und
unterjocht wird. Dafür steht der Geschäftsführer des Integrationsfonds, und Sie
tun damit dem Integrationsfonds einen Bärendienst! (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Integrationspolitik
ist ein trauriges Kapitel der Wiener Stadtpolitik. Aber es ist ja jetzt noch
eines draufgesetzt worden mit einem völlig skurrilen Wahlrecht. Es ist bereits
andiskutiert worden. Die Wahlrechtsreform sieht vor, dass in Hinkunft Fremde
aktiv wahlberechtigt sein sollen, das passive Wahlrecht grundsätzlich auch
haben sollen, nicht allerdings für die Wahl zum Bezirksvorsteher, zum Bezirksvorsteher-Stellvertreter
oder zum Mitglied des Bauausschusses. Wir schaffen daher mit dieser skurrilen
Regelung Mandatare erster und zweiter Klasse, Bezirksräte erster und zweiter
Klasse, und führen diesen gewählten Bezirksräten dann tatsächlich eine
Diskriminierung vor Augen, die absolut unnotwendig und überflüssig ist. Denn
dass der eine, der neben dem anderen in der Bankreihe sitzt, nun plötzlich für
einen gewissen Ausschuss nicht wählbar sein soll, das kann dieser doch nur als
diskriminierend empfinden.
Aber die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist,
überhaupt ein aktives Wahlrecht vorzusehen, die darf schon gestellt werden,
denn die Bundesverfassung sieht bei allen Vertretungskörpern eindeutig vor,
dass der Wähler österreichischer Staatsbürger ist. Das ist so beim Nationalrat
vorgesehen, beim Landtag und selbstverständlich auch bei den Gemeinden. Aus der
Homogenität des Wahlrechts ist nichts anderes ableitbar als das. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Es gibt ein Gutachten!)
Zum Gutachten komme ich gleich, Herr Kollege! Ich komme sehr gerne gleich
zum Gutachten. Aber es ist kein anderer Schluss ableitbar: Wenn die
Bezirksvertretung ein allgemeiner Vertretungskörper ist, können nur Staatsbürger
auch aktiv wahlberechtigt sein. Jedenfalls aber nicht Drittstaatsangehörige,
Herr Kollege!
Es ist ja interessant, dass die SPÖ immer wieder unterschiedliche
Meinungen vertritt, ob jetzt die Bezirksvertretung allgemeiner
Vertretungskörper ist oder nicht. Beim aktiven Wahlrecht für Fremde ist es offensichtlich
kein Vertretungskörper, denn sonst könnte man dieses aktive Wahlrecht ja nicht
vorsehen.
Geht es allerdings um das Resolutionsrecht von Bezirksvertretungen,
dann ist es ganz plötzlich ein allgemeiner Vertretungskörper, denn sonst
bestünde nicht die Möglichkeit, solche Beschlüsse zu fassen, solche Beschluss-
und Resolutionsanträge auf Bezirksvertretungsebene. Es gibt da ein Gutachten:
Richtlinien aus der Magistratsdirektion. Es handelt sich um einen Obersenatsrat,
der immer wieder Stellung nimmt zur Zulässigkeit von Anträgen in der
Bezirksvertretung.
Sie werden sich schon entscheiden müssen, wie Sie die
Bezirksvertretung in Wien qualifizieren. Eine einheitliche Beurteilung wird
Ihrer Glaubwürdigkeit nicht schaden. (Beifall
bei der ÖVP.)
Aber was ganz sicherlich verfassungswidrig ist, das
ist, das passive Wahlrecht durch Fremde vorzusehen. Und da darf ich Sie auf
Artikel 3 des Staatsgrundgesetzes hinweisen, aus welchem ich zitieren
möchte: "Die öffentlichen Ämter sind für alle Staatsbürger gleich zugänglich.
Für Ausländer wird der Eintritt in dieselben von der Erwerbung der
österreichischen Staatsbürgerschaft abhängig gemacht."
Das ist an sich kaum mehr irgendeiner Interpretation
zugänglich für jeden, der lesen kann, aber man versucht es natürlich dennoch,
weil es ein skurriles Wahlversprechen der SPÖ gibt.
Und weil man sich doch nicht getraut hat, die Argumente,
nicht zuletzt der ÖVP-Fraktion, zur Gänze vom Tisch zu wischen, hat man sich
ein Rechtsgutachten von Prof Mayer geholt. Sie haben nur ein großes Problem:
Dieses Rechtsgutachten ist nämlich bereits in sich selbst unschlüssig, und ich
werde Ihnen das unschwer nachweisen können. Auch Herr Prof Mayer sieht
natürlich diese Problematik, in der er sich befindet, und er glaubt, einen
Ausweg finden zu können, indem man das öffentliche Amt mehr oder weniger damit
definiert, dass eine hoheitliche Kompetenz vorgesehen ist. Diese hoheitliche
Kompetenz gibt’s einmal ganz sicher, so sagt er, beim Bezirksvorsteher, beim
Stellvertreter und beim Bauausschuss, denn dieser Bauausschuss entscheidet über
unwesentliche Abweichungen von den Bebauungsvorschriften. Gibt es eine solche
hoheitliche Kompetenz, dann ist ein passives Wahlrecht für einen Fremden nicht
möglich.
Jetzt hat er aber ein großes Problem, der Herr Prof Mayer,
denn eine solche hoheitliche Kompetenz ist auch für die Bezirksvertretung und
damit für alle Mitglieder der Bezirksvertretung vorgesehen, und somit dürfte
ein Bezirksrat, selbst nach der Argumentation von Herrn Prof Mayer, nicht
passiv wahlberechtigt sein. Wo findet sich das? Nur, dass hier niemand im Saale
glaubt, ich erfinde
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