Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 129 von 145
Wir brauchen das Personal, wir haben sicher Defizite in der
Ablauforganisation, aber das ist kein Grund, deshalb die Leute, die Patienten
unnötig lange im Spital zu belassen.
Was wir brauchen - da ist Kreativität gefordert; ich
weiß, dass das woanders auch noch nicht befriedigend gelöst ist, aber hier
könnte ja Wien durchaus einmal Innovationskraft beweisen -, was wir brauchen,
ist ein Berechnungsschlüssel, der jedenfalls nicht ausschließlich auf die
Bettenanzahl abzielt. Und dann kommen wir vermutlich zu vernünftigeren,
zeitgemäßeren Strukturen, die letztlich auch wieder im Overhead Kosten sparen,
die wir woanders im Gesundheitsbereich besser einsetzen könnten.
Sehr geehrte Frau Stadträtin! Ich habe jetzt einen
durchaus unvollständigen Katalog an Defiziten aufgezählt, allerdings nicht gerade
an kleinen. Aber was ich vermisse, ist zu all diesen Fragen eine Positionierung
von Ihnen, und zwar nicht nur jetzt, sondern schon in den vergangenen Monaten,
eigentlich seit Beginn Ihrer Amtszeit, und zwar eine Positionierung, die über
den Grad von Ankündigungen hinausgeht, von Ankündigungen, von denen ich,
jahreszeitlich bedingt, oft den Eindruck habe: Das ist sogar weniger als heiße
Luft.
In der Vorwoche haben Sie eine Pressekonferenz mit
dem Wiener Ärztekammerchef gemacht, mit dem Chef der Wiener Gebietskrankenkasse,
und Sie haben dabei einen Quantensprung in der Weiterentwicklung des Wiener
Gesundheitswesens angekündigt. Der von Ihnen apostrophierte
"Quantensprung" wird das Gesundheitsnetz Wiens sein.
Also ich
sage Ihnen ehrlich, wie ich diese dreiseitige Presseaussendung gelesen habe,
habe ich eigentlich nur den oder die Pressesprecher bewundert, die es geschafft
haben, auf drei Seiten derart nichts Sagendes und Belangloses zu Papier zu
bringen, wie das in dieser Presseaussendung gelungen ist. Ich muss das wirklich
so hart und so drastisch sagen, wobei ich durchaus auch konzediere, dass das
Grundanliegen, das diesem Gesundheitsnetz Wien zugrunde liegt, nämlich eine
funktionierende Verknüpfung des niedergelassenen Bereichs mit dem Spitalsbereich,
nicht drei Seiten wert wäre, es wäre 300 Seiten wert, wenn dem Ganzen eine
Substanz zugrunde läge, was aber in dem Fall leider nicht der Fall ist.
Frau Stadträtin! Ich habe
das auch recherchiert und mir angeschaut. Es gibt zwei Bundesländer, nämlich
Wien und das Burgenland - möglicherweise gibt es da auch einen inneren
Zusammenhang, weil es die beiden einzigen sozialdemokratisch dominierten
Bundesländer sind -, es sind also Wien und das Burgenland, die das absolute
Schlusslicht darstellen, was Projekte zur besseren Kooperation zwischen dem
Spitals- und dem niedergelassenen Bereich anbelangt.
Die bis dato in Wien gestarteten Projekte reichen bezeichnenderweise
in die Ära Ihres Vorgängers zurück, und es ist bezeichnenderweise auch der
damalige Spitalsstadtrat und jetzige Finanzstadtrat gewesen, der auf meine
Anregung hin alle im WIKRAF zusammengefassten Spitäler aufgefordert hat,
Projekte einzureichen, weil es auf Grund der derzeit gültigen 15a-Vereinbarung,
wie Sie ja wissen, im Prinzip Projektmittel für Pilotvorhaben, für
Pilotprojekte geben sollte, die eine bessere Zusammenarbeit des niedergelassenen
mit dem Spitalsbereich zum Ziel haben.
Meine Kollegin Lakatha wird auch noch kurz auf das
Thema der Gesundheitsförderung eingehen, aber auch da haben Sie die ohnedies
bescheidenen Mittel, die noch auf Grund der ÖVP-Regierungsbeteiligung in das
Budget 2001 hineinreklamiert wurden, nicht einmal vollständig ausgeschöpft.
Die diversen Gesundheitstage, die wir in Wien haben,
sind im Prinzip eine gute Idee, aber es geht ja nicht darum, dass die
Volkshalle bespielt wird, sondern es geht darum, dass hier Nachhaltigkeit
erzielt wird. Ich hoffe zwar, dass die eine oder andere diesbezügliche
Veranstaltung jedenfalls in Spurenelementen etwas bewirkt hat, aber was fehlt,
ist, wie gesagt, die Nachhaltigkeit, die Hartnäckigkeit. Wien ist in verschiedenen
Kriterien, etwa bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, gesamtösterreichisches Schlusslicht.
Wir wissen das, und man kann sagen - was ja auch gelegentlich getan wird -, das
ist ein großstädtisches Phänomen, das sehen wir auch in anderen Großstädten.
Ich weiß, Frau Stadträtin, dass Sie als Ärztin sich
mit diesem Befund nicht abfinden, aber als Politikerin diesem Phänomen
offensichtlich geradezu ohnmächtig gegenüberstehen und keine Antwort darauf
wissen. Ich kann Ihnen nur sagen: Machen Sie Programme! Manchmal ist weniger,
nämlich weniger im Sinne von weniger Breite, mehr, wenn man sich auf etwas
konzentriert und hier wirklich die Energie hineinbuttert. Glotzen statt
kleckern. Machen Sie Kampagnen! Setzen Sie sich Ziele! Wir müssen doch
evaluieren können, was in zwei, in drei oder in fünf Jahren konkret herausgekommen
ist. Es muss doch Ihr Ziel sein, sagen zu können: Okay, ich habe die letalen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Wien um soundso viele Prozente, um soundso viele
Menschen reduzieren können. Das muss doch für eine Gesundheitspolitikerin ein
Ziel sein, dem man sich verschreiben sollte. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich weiß schon, dass es im Nähkästchen von Regierenden
so etwas wie eine Regieanweisung gibt, sich keine präzisen Ziele setzen zu
sollen, jedenfalls keine öffentlich bekannt zu geben, aber ich sage Ihnen, das
ist ein veraltetes, überholtes Politikverhalten und das gehört geändert. Ich
fordere Sie auf: Setzen Sie sich Ziele! Geben Sie diese bekannt, quantifizieren
Sie sie, limitieren Sie sie! Darüber kann man diskutieren, darüber kann man
streiten, aber es ist etwas Nachvollziehbares.
Unser Verständnis als Oppositionspartei ist das einer
kontrollierenden Opposition, aber nicht nur einer kontrollierenden, sondern wir
sind durchaus auch zu einer konstruktiven Mitarbeit bereit. In diesem Sinne
möchte ich Ihnen heute auch einen Vorschlag unterbreiten, gegossen in einen
Antrag, der darauf abzielt, relativ kurzfristig zumindest ein gut Teil jener
Mittel aufzubringen und bereitzustellen, die etwa für eine forcierte Umgestaltung
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