Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 132 von 145
30 Jahre in Österreich und ich weiß nicht wie viele
Jahrzehnte hier in Wien regiert haben, musste die Pflegedirektorin dort
feststellen, dass körperliche Arbeit, noch dazu, wenn sie im Zusammenhang mit
älteren Menschen erbracht wird, überhaupt nicht angesehen ist. Da muss man
sagen, hier wurde sehr viel verabsäumt, und wenn man dieses Problem löst, so
ist das sicherlich einer der Schlüssel, der dazu beitragen kann, doch mehr Pflegepersonal
zu bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)
Wir forderten seit Jahren gerade für das diplomierte
Pflegepersonal in den Pflegeheimen besondere Dienstzeiten. Auch das wurde
angesprochen.
Wir Freiheitliche forderten seit Jahren eine
Geriatriezulage für das Pflegepersonal in den Pflegeheimen. Das ist etwas, wo
es mich wundert, dass das nicht schon längst von Seiten der Gewerkschaft mit
Nachdruck gefordert wurde. Denn es genügt eben nicht, dass man jenen Menschen,
die tagein, tagaus unsere Alten pflegen, nur den Dank ausspricht, sondern es
muss sehr wohl die Leistung entsprechend abgegolten werden.
Besonders möchte ich auch hier hervorheben, dass von
Seiten der Wiener Gesundheitsverwaltung eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt
wurde, die vornehmlich im Pflegebereich, aber auch im gesamten Bereich des
Personals des Wiener Krankenanstaltenverbunds stattfand. Diese
Mitarbeiterbefragung wäre meiner Ansicht nach auch die Gelegenheit und die
Möglichkeit, herauszufinden, was wirklich durchgeführt werden soll, was auch in
Zukunft notwendig ist, und Maßnahmen zu treffen, um den Mangel im Pflegebereich
auszugleichen.
Es ist ja an sich sehr interessant zu hören, dass von
den 30 000 Mitarbeitern im gesamten Durchschnitt 33 Prozent, in
manchen Spitälern teilweise über 50 Prozent der Mitarbeiter diese
Fragebogen beantwortet haben. Das ist meiner Ansicht nach ein Rücklauf, der
sehr beachtenswert ist und auch zeigt, dass die Mitarbeiter sehr wohl eine
Fülle von Sorgen haben.
Ich möchte Ihnen das eine oder andere von dieser
Mitarbeiterbefragung doch mitgeben und aufzeigen, dass die Menschen wirklich
nicht nur deshalb Probleme in der Pflege haben, weil zu wenig Jugendliche
bereit sind, den Pflegeberuf zu ergreifen, sondern weil auch die Situation und
die gesamte Art und Weise, wie die einzelnen Mitarbeiter in der Pflege
behandelt werden, doch auch zu denken gibt. Es gibt tatsächlich viele Probleme
für diese Mitarbeiter, und es ist notwendig, den Mitarbeitern endlich wirklich
zu helfen und auf ihre Nöte einzugehen.
Wenn ich zum Beispiel die Antworten und die
Befragungen vom Donauspital hernehmen darf. Ich möchte dazu feststellen, dass
es sehr interessant war, dass nicht nur die reinen Fragebögen beantwortet
wurden, sondern dass außerdem auch so genannte Freitexte dazugeschrieben
wurden, die ebenfalls in diese Befragung einfließen konnten. Wenn man das
liest, muss man eigentlich wirklich erschüttert sein und sagen, es ist höchste
Zeit, dass diesen Menschen sofort und rasch geholfen wird, sonst ist der
Pflegeberuf noch mehr gefährdet, als er es bisher schon ist.
Ich möchte das Donauspital nur als Beispiel hier
anführen. Da steht etwa unter Ressourcenmöglichkeit: Führen zu Überlastung und
Krankheit und damit zu weiterer Überlastung.
Führung: Die Auswahl der Führungskräfte erfolgt nicht
nach Befähigungskriterien.
Fehlende Managementausbildung: MitarbeiterInnen
werden wie Befehlsempfänger behandelt.
Organisation: Mangelnde Veränderungsbereitschaft
durch Fixposten. Projektarbeiten werden torpediert aus Angst um das Image. Keine
Fehlerkultur. Ausbildung und Arbeitssituation der Turnusärzte katastrophal.
Arbeitsbedingungen: Extreme Belastung einzelner
fähiger MitarbeiterInnen, teilweise keine Zeit zum Essen - das muss man sich vorstellen
-, keine Möglichkeit, Gutstunden zu nehmen. Organisatorische Abläufe nehmen
keine Rücksicht auf Fähigkeiten, Möglichkeiten und Ausbildung der Mitarbeiter.
Zusammenarbeit: Interdisziplinäre Arbeiten werden
weder gefordert noch gefördert. Keine Diskussions- und Konfliktkultur.
Entlohnung hängt mit erbrachter Leistung nicht
zusammen.
Das ist eine kleine Zusammenfassung der Ergebnisse
der Fragebögen aus dem Donauspital.
Ich darf noch einzelne Freitexte in punkto Arbeit
zitieren:
Personelle Aushungerung findet statt. Extrem viele
Krankenstände sind Symptom dafür. Anstatt Bettensperre sammeln sich Überstunden
und Nachtgutstunden an. Ständige Anrufe in der Freizeit, um in den Dienst
einzuspringen.
Ähnlich ist es im Kaiser-Franz-Josef-Spital. Ich
möchte es Ihnen nicht ersparen, auch hier das eine oder andere zu berichten,
denn es ist wirklich notwendig, hier tatsächlich diese Sorgen zu hören und zu
kennen.
Zusammenfassung der Freitexte:
Missbrauch von Diensten, die wegen Krankheit
entfallen. Das ist übrigens etwas, was sich wie ein roter Faden durch alle
diese Befragungen durchzieht.
Patienten: Einige liegen tagelang in Gangbetten;
etwas, was im Kaiser-Franz-Josef-Spital besonders unangenehm ist, weil dort
eine Reihe von onkologischen Patienten das über sich ergehen lassen muss.
Arbeitsbedingungen: Grobe bauliche Missstände.
Zusammenarbeit: Tüchtige MitarbeiterInnen werden
überlastet, da einige andere nichts tun.
Entlohnung: Keinerlei Leistungsanreize.
Vielleicht noch ein Freitext von der
Generaldirektion: Ich vermisse klare Strategien und Ziele sowie das Leben
unseres Leitbilds KAV. Vor allem aus politischer Richtung - das ist auch
interessant - erfolgen undifferenzierte Aktionen, deren Sinnhaftigkeit nicht
erkannt wird. Generell ist auf Sparflamme geschaltet. Einzelinteressen gehen
vor Gemeinnutzen.
Und so geht es dahin. Ich will es Ihnen ersparen,
auch das von der Wäscherei und anderen Spitälern zu sagen, aber vielleicht doch
noch ganz kurz eine Statistik zur Befragung im Allgemeinen Krankenhaus: Jeder
fünfte Mitarbeiter leidet an der Arbeitssituation.
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