Gemeinderat,
18. Sitzung vom 26.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 74
nicht ganz aus der Verantwortung lassen, ich finde es aber
nett, dass immer, wenn es darum geht, ganz visionär der Herr Görg noch immer in
der ersten Reihe hier sitzt. Es waren SPÖ und ÖVP, die diese verrückten
Widmungen für die Multiplexe beschlossen haben. Und wenn ich mich ein bisschen
erinnere, saßen auch Sie, verehrter Herr StR Marboe, im Stadtsenat als amtsführender,
außer ich irre mich jetzt total, wo Flächenwidmungen auch durch den Stadtsenat
gehen müssen, und es sollte mich sehr wundern, wenn Sie Ihrem Kollegen Görg in
den Rücken gefallen wären und gesagt hätten: Hallo, ich protestiere, ich stimme
dieser Widmung nicht zu.
Wir standen hier und haben gesagt: Achtung Leute, ihr
baut ein Multiplex-Desaster. Das war vor sechs Jahren, vor fünf Jahren, vor
vier Jahren. Manchmal war ich es, manchmal war es der Kollege Kenesei. Jetzt
ist es da, und gestern hat es Mailath-Pokorny gesagt, das ist die zweite wahre
Ursache. Eine Verdreifachung von Kinosesseln in Wien, das geht nicht. Und dass
internationale starke Konzerne jetzt laufend Verluste schreiben, weil es
billiger ist, das in den Büchern stehen zu lassen und trotzdem leere Multiplexe
durchzufüttern. Jeder glaubt, der andere wird zuerst zusperren. Und weitere
werden zusperren und Ruinen werden in der Landschaft herumstehen. Ich fürchte
mich ja vor einem noch: vor dem Todeskampf, dass, damit man irgendwelche Leute
ins Kino bringt, falsch, nicht ins Kino bringt, in diese Räumlichkeiten bringt,
damit sie Popcorn und Erlebnisgastronomie und diesen ganzen Mist konsumieren,
wo ja das Kino nur der Anziehungspunkt ist, das als 1 EUR-Film angeboten
wird und dann endgültig die umgebracht werden, die nicht die Kapitalvoraussetzungen
haben. Dazu gibt es eine politische Verantwortung.
Und wenn Sie, Herr Kollege Görg, sagen, was hätten
wir anders machen können, dann sage ich es noch einmal mehr - man soll zu den
Fehlern stehen, man kann auch Fehler machen, jeder kann Fehler machen -: München
ist es gelungen, dass überhaupt kein oder ein Multiplex errichtet worden ist. Es gibt keinen Großinvestor,
der gegen den erklärten Willen der Stadt Wien eine Investition hinstellt.
Wir erleben das jetzt im 7. Bezirk, wo
selbstverständlich jeder Investor zu dem zum Unterschied von einem Planungsstadtrat
oder dem Bürgermeister formal sehr schwachen Bezirksvorsteher kommt und sich erkundigt:
Was sind die Voraussetzungen für meine Investition? Und man sieht sehr wohl:
Wenn Skepsis geäußert wird, überlegen sich das sehr viele. Und ich schaue mir
an, wenn der Planungsstadtrat und der Bürgermeister gesagt hätten, wir wollen
dieses Multiplex nicht, ob der Betreiber sagt: Super, die wollen das nicht, ich
lege jetzt einmal eine halbe Milliarde S hin, das schaue ich mir an, wie
wir das trotzdem durchbringen.
Das heißt, hier gibt es eine Verantwortung. Die
trifft nicht nur Görg, aber maßgeblich den Planungsstadtrat, aber auch die SPÖ,
die jetzt mit der Stimme des Kulturstadtrats sagte: Da sind schwere Fehler
gemacht worden. Ich hätte auch gerne, dass jemand herauskommt von denen, die
jetzt jammern, und sagt, warum sie damals dem zugestimmt haben. Das sind die
Fehler.
Also einmal noch ganz korrekt. Jetzt liegt der Ball
beim Masseverwalter. Das ist eine wirtschaftliche Frage. Ich habe mich jetzt
nicht einzumischen in den Streit, der auch gestern über die APA gelaufen ist,
City Cinemas gegen Viennale. Entweder die Politik sucht sich für ein kommunales
Kinokonzept jemanden aus, Variante 1, oder Variante 2, es wird nach
ökonomischen Kriterien jemand gefunden. Ich habe das Gefühl, dass sich die
Kultur eher für den zweiten Weg entschieden hat, dass es eine wirtschaftliche
Frage ist. Die haben nicht wir zu entscheiden, sondern der Masseverwalter, an
wen er das gibt. Darum stimmen wir dem jetzt heute zu.
Trotzdem ist Folgendes aufklärungsbedürftig, ohne
Unterstellung: Wenn behauptet wird vom Herrn Grasser, City Cinemas, die Stadt
Wien hätte versucht - an die Adresse vom Kulturstadtrat -, die Entscheidung mit
unlauteren Mitteln zu Ungunsten der City Cinemas zu beeinflussen, würde ich gerne
wissen: Was hat das Kulturamt doch getan? Also entweder ich sage, der Masseverwalter
entscheidet, wir nehmen zur Kenntnis, wer das wird, und stelle ein Geld bereit,
damit diese beiden Standorte aus kulturpolitischen Gründen erhalten bleiben,
oder ich überlege mir, der oder der soll es machen, oder die oder die. Schlecht
ist, einerseits Signale auszusenden, wenn welche gesendet wurden. Das würde
mich jetzt noch einfach interessieren. Ich glaube nicht, dass es erfunden wird.
Ich habe mit dem Herrn Grasser nicht gesprochen, ich zitiere ihn noch einmal.
Im Vorfeld der Vergabe hatte Grasser behauptet, die Stadt Wien versuche, die
Entscheidung mit unlauteren Mitteln zu Ungunsten der City Cinemas zu beeinflussen.
So hätten die City Cinemas sich gemeinsam mit dem Filmarchiv um das Metro-Kino
bemüht, es sei aber seitens der Stadt Wien auf den Leiter des Filmarchivs Druck
ausgeübt worden. Außerdem habe Kulturstadtrat Mailath-Pokorny der Viennale
250 000 EUR zukommen lassen, damit diese private Interessen überbieten
könne. So Grasser.
Mich würde interessieren: Was hat das Kulturamt
wirklich getan oder nicht getan? - Das soll jetzt einfach ausgeräumt werden,
damit man gut starten kann. Wie man - und diese Hoffnung, Skepsis erlaube ich
mir zu sagen - ein Gartenbau-Kino so ohne weiteres zum Arthaus-Center umbaut -
das sage ich als jemand, der nicht nur bei der Viennale ins Gartenbau-Kino
geht, aber da gebe ich Ihnen Recht, wo jetzt gelegentlich Filme gespielt
wurden, wo ich nicht in das Gartenbau-Kino gehe; also wenn ich mir schon
"Star Wars" anschaue, dann gehe ich auch in ein Multiplex-Kino, ich
habe keine Multiplex-Phobie -, wie man einen Saal mit 600, mit einem so kleinen
Vorbereich, so leicht mit einem Arthaus füllt und den Saal bestehen lässt,
davon gehe ich ja aus, dass er nicht verkleinert wird, das würde mich noch interessieren.
Dann würde mich auch interessieren, ob der Herr Kulturstadtrat hier Informationen
hat.
Wir haben keinerlei Unterstellung, im Gegenteil, wir hoffen,
dass dieses Geld gut eingesetzt wird, damit das
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