Gemeinderat,
19. Sitzung vom 26.09.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 70
Daher meine Frage an Sie, Herr Vizebürgermeister:
Halten Sie grundsätzlich die Praxis der Ausschreibungen für richtig, und in
welcher Form meinen Sie in Vertretung des Herrn Kulturstadtrats, dass Ausschreibungen
in Zukunft vorgenommen werden sollen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
VBgm Dr Sepp Rieder:
Also ich habe nicht vor, das Kulturressort auch noch zu übernehmen (GR Mag Christoph Chorherr: Na geh!),
daher werden Sie eine gewisse Zurückhaltung bei der Beantwortung dieser Frage
verstehen, aber ich möchte vielleicht doch einiges dazu anmerken.
Das Eine ist: Die Bemerkung, die Kollege Mailath-Pokorny
vor dem Sommer gemacht hat, hat doch eines signalisiert, was er ja auch
tatsächlich voll eingelöst hat, nämlich dass er sich unter Anhörung, so wie sie
das Gesetz vorsieht, nicht bloß vorstellt: Sagt mir, was ihr meint, und dann
fahre ich drüber!, sondern er hat das ja in eingehenden Gesprächen und auch in
einem Dialog mit den Mitgliedern des Kuratoriums ausdiskutiert und somit
nachträglich sozusagen auch seine Entscheidung gegenüber den Kuratoriumsmitgliedern
begründet. Es steht im Gesetz einfach nicht drinnen, dass es eine Bindung an
einen Dreiervorschlag gibt, und ich hielte es auch für unvernünftig, wenn es
eine solche Bindung geben sollte.
Das Zweite ist: Ich glaube, es hat die Erfahrung im
Kulturbereich - und zwar nicht nur in Wien, nicht nur in Österreich, sondern
international - doch bestätigt, dass das von Fall zu Fall eine andere Entscheidung
sein muss und dass die Frage, welcher Aspekt im Vordergrund steht, die absolute
Transparenz oder die Möglichkeit, in diesem oder jenem Bereich in Verhandlungen
an die Sache heranzugehen, sehr unterschiedlich beantwortet werden kann.
Es ist nicht meine Aufgabe, dem Kollegen
Mailath-Pokorny Empfehlungen zu geben oder richtungsweisende Entscheidungen
vorzugeben, aber ich glaube, dass es sehr wohl auf das Fingerspitzengefühl
ankommt und auf die Entscheidung, die dann so ausfallen soll, dass sowohl im
vertrauten Umkreis - also sozusagen auf der Innenseite - als auch nach außen Akzeptanz
für die Entscheidung besteht.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön. - Somit ist diese Zusatzfrage
beantwortet.
Die nächste Zusatzfrage: Herr Dr Salcher.
GR Dr Andreas Salcher
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister!
Zunächst
einmal sollten Sie einen Ressortwechsel von Finanzen zur Kultur ernsthaft
überlegen. Ich habe das kurz mit unseren Stadträten besprochen. Von uns würde
es keinen Widerstand geben, wir würden das natürlich akzeptieren.
Zur
konkreten Frage - in der mir eigenen Fairness werde ich Ihnen keine Frage
kulturpolitischer Natur stellen, um nicht sozusagen eventuell schlafende
Geister zu wecken, sondern eine Frage betreffend Ihr ureigenstes Ressort -: Sie
haben gesagt, das Problem dieses Kuratoriums sei gelöst;
"ausdiskutiert" haben Sie, glaube ich, gesagt. Das ist insofern
richtig, als schon das erste Mitglied dieses Kuratoriums, nämlich Frau Prof Wodak, aus Protest gegen
diese Vorgangsweise zurückgetreten ist. Der Kuratoriumsvorsitzende, Dr Lachs -
beide sind, wie Sie wissen, keine prononcierten ÖVP-Anhänger -, hat öffentlich
erklärt, dass man sich diesen gesamten Besetzungsvorgang hätte sparen können,
man hätte nur in der "Wiener Zeitung" in der Rubrik
"erledigt" eine Kleinanzeige annoncieren müssen.
Meine Frage an Sie: Im
gestrigen "Standard" ist gestanden, dass die gesamte Kuratoriumsentscheidung
und der gesamte Ausschreibungsprozess zirka 61 000 EUR aus
Steuermitteln gekostet hat. Finden Sie als zuständiger Stadtrat es
gerechtfertigt, eine so teure Ausschreibung auf Kosten der Steuerzahler
durchzuführen, wenn von vorhinein ohnehin klar war, wer Museumsdirektor werden
soll?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
VBgm Dr Sepp Rieder:
Also ich will jetzt nicht hinterfragen, wer aller das Wiener Museumsgesetz mitbeschlossen
hat. Es ist ja eine gesetzliche Voraussetzung, dass ausgeschrieben wird, und
ich habe jetzt wiederholt betont, dass es an den gesetzlichen Voraussetzungen
liegt.
Die Antwort auf die Frage, ob das Gesetz erfüllt werden
muss, lautet daher Ja. Hätte man es anders regeln können? - Das ist eine Frage,
die letztlich gemäß einem seinerzeitigen Antrag durch den Landtag entschieden
worden ist. Die Frage, wie viel das kostet, kann ich daher jetzt im Rahmen
einer Fragestunde nicht wirklich beantworten. Die Ausschreibung an sich ist der
eine Punkt.
Der zweite Punkt ist: Es kann
nicht eine Frage der persönlichen Befindlichkeit sein, wenn im Rahmen einer
Anhörung der Angehörte seine Meinung gesagt hat und der, der die Verantwortung
für die Entscheidung trägt - das ist zunächst einmal der Kulturstadtrat, letztlich
dann auch die Wiener Landesregierung, die ja diese Entscheidung nicht nur mit
der Regierungsmehrheit getroffen hat -, dann eine andere Entscheidung trifft.
Dafür habe ich eigentlich nur eingegrenztes Verständnis.
Anhörung heißt, dass man mit den besten Argumenten,
die einem zur Verfügung stehen, beispielsweise in der Frage einer
Kandidatenentscheidung, seinen Kandidaten oder seine Kandidatin ins Treffen
führt, aber man muss auch hinnehmen, wenn eine Entscheidung anders ausfällt.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön. - Die letzte Zusatzfrage: Frau
GRin Unterreiner, bitte.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Herr Vizebürgermeister!
Sie sind
ja kraft Ihres Amtes ein viel gereister Mann, aber Sie werden trotz der so genannten Globalisierung - man spricht
sehr viel davon - und bei all dem internationalen Zusammenwirken sicher immer
wieder große Bemühungen gefunden haben, dass die Eigenständigkeit, die eigene
Identität der verschiedenen Länder gewahrt bleiben möge. Wir alle wünschen uns
die kulturelle Vielfalt, aber die ist nur möglich, wenn eben diese eigene
Identität gewahrt bleibt.
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