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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 106

 

Zur Postnummer 44 liegen einige Beschluss- und Resolutionsanträge vor.

 

Nachdem Frau Jerusalem ihre Anträge zurückgezogen und noch einmal eingebracht hat, haben sie andere Nummern bekommen.

 

Als Erstes lasse ich den Antrag der GRÜNEN betreffend ein Konzept für den beschleunigten Umbau alter Schulen zwecks Behindertenintegration abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist von der ÖVP, von der FPÖ und von den GRÜNEN unterstützt und somit abgelehnt, weil es nicht die erforderliche Mehrheit ist.

 

Ich lasse den Antrag der ÖVP betreffend Generalsanierung von Wiener Pflichtschulen abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Das ist das gleiche Stimmenverhältnis und somit abgelehnt.

 

Ich lasse den Antrag der GRÜNEN betreffend Lesekampagne mit den Korrekturen, die vorgelesen worden sind, abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Dies ist mit den Stimmen der ÖVP, der SPÖ und der GRÜNEN so angenommen. Die Freiheitlichen waren dagegen. (GR Mag Christoph Chorherr: Nix lesen, nix verstehen!)

 

Ich lasse nun den Antrag der GRÜNEN betreffend Alphabetisierungskampagne, ebenfalls mit der Korrektur, abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. - Dies ist einstimmig so angenommen.

 

Somit sind die beiden Geschäftsstücke erledigt.

 

Wir kommen zur Postnummer 41 (04130/2002-GSV). Sie betrifft die Cross Border Leasing Transaktion für das Rechenzentrum der Wiener Stadtverwaltung.

 

Der Berichterstatter ist Herr GR Ekkamp.

 

Berichterstatter GR Franz Ekkamp: Herr Vorsitzender! Geschätzte Damen und Herren!

 

Ich ersuche um Zustimmung.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich danke. - Die Debatte ist eröffnet. Als Debattenredner ist Herr GR Dipl Ing Margulies gemeldet. - Bitte.

 

GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich hoffe, dass es jetzt nicht Regelmäßigkeit wird, dass wir in jeder Sitzung über einen Cross Border Leasing-Vertrag abstimmen müssen. Gegenwärtig wird der Gesundheitsbereich geprüft.

 

Mein Gott, was soll's. Verleasen wir ganz Wien und leasen wir es uns dann wieder zurück.

 

Gleichzeitig lese ich im letzten "Kommunal", dass die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten, insbesondere ihr Vorsitzender Hundstorfer, ganz massiv den Stopp vom GATS fordert, weil nicht die Frage nach dem Eigentümer oder der Art der Kapitalgesellschaft garantiert Erfolg, sondern eine effiziente Optimierung der Organisation und die Motivation der MitarbeiterInnen. Und dies, statt Ausverkauf, garantiert den Erfolg.

 

Gut, wir stehen noch nicht vorm Ausverkauf, zumindest noch nicht im Bildungsbereich, noch nicht im Kanalbereich, noch nicht im Gesundheitsbereich, denn noch ist das GATS-Abkommen nicht in Kraft. Aber wir erbringen alle Vorleistungen diesbezüglich. Wir holen uns, beziehungsweise die Sozialdemokratie in trauter Eintracht mit Blau-Schwarz, Sie holen amerikanische Investoren, die im Sinne der "Pickle-Lease"-Verträge, selbstverständlich in den USA, das steuerliche und wirtschaftliche Eigentum an dem geleasten Unternehmensgegenstand geltend machen können, das steuerliche und wirtschaftliche Eigentum geltend machen können, weil sonst könnten Sie ja nichts vorzeitig abschreiben, und glauben damit tatsächlich, dass dies keine Auswirkungen darauf haben wird, wie die USA im Bereich der GATS-Verhandlungen, gerade im Bereich der Daseinsvorsorge agieren werden. Na selbstverständlich wird das als Faustpfand benutzt werden, um zu sagen, wir machen das jetzt schon die ganze Zeit, es ist kein Problem bei einer etwaigen Liberalisierung.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist der erste Grund, warum wir auch dieses Cross Border Leasing ablehnen.

 

Der zweite Grund ist - ich habe das letztes Mal nur kurz ausgeführt, ich werde es auch heute nicht sehr viel länger machen -, dass es sich in Wirklichkeit bei Cross Border Leasing-Verträgen um Scheingeschäfte handelt, um Scheingeschäfte, die in vielen anderen Bereichen kritisiert werden, wo in vielen anderen Bereichen gesagt wird, es ist Steuerbetrug, Scheingeschäft zu begehen, wo immer wieder darauf hingewiesen wird, dass es sowohl innerhalb der EU als auch weltweit einer koordinierten Vorgehensweise gegen Steuerdumping bedarf.

 

Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit welcher Berechtigung wollen Sie denn dagegen vorgehen, wenn Sie selbst mit dieser Vorgehensweise, alles und jedes zu verleasen, die Grenze zwischen Ausnutzung eines Steuervorteils und Steuerbetrug immer mehr verwischen? Wie wollen Sie da eine moralische Legitimation heranziehen, um zu sagen, das wollen wir nicht, das geht, und das geht schon?

 

Ich glaube, dass, wenn man in diesem Fall einen Schritt nach dem anderen setzt, das heißt, ein Leasing nach dem anderen macht, letztendlich jede Glaubwürdigkeit dabei verloren geht und dass wirtschaftspolitisch, langfristig betrachtet, der Schaden, der durch diese Cross Border Leasing-Verträge entsteht, um ein beträchtliches Maß größer sein wird, als der Nettobarwertvorteil, der sich kurzfristig realisieren lässt. (GR Heinz Hufnagl: Den Schaden, einen maximalen, hat der amerikanische Steuerzahler und der amerikanische Staat und nicht die Stadt Wien!) Herr Hufnagl, Sie wollen einfach die Argumentationskette nicht verstehen. Sie wollen nicht verstehen, dass es in einer sich immer mehr globalisierenden Welt sehr wohl auch darauf ankommt, wer wo wann und zu welchem Zeitpunkt seine Finger irgendwo drin hat. Gerade in den jetzt umstrittenen Bereichen im Zuge der GATS-Verhandlungen, wo es geht um Bildung, wo es geht um Gesundheit, wo es geht um Abwasser, Ihr Bereich, wenn ich mich recht entsinne, wo wir alle wissen, was herauskommen kann, wenn, längerfristig betrachtet, das Kanalnetz immer schleißiger wird. Schauen Sie sich nur die Städte an, die traurigerweise noch nicht über ein funktionierendes Kanalnetz verfügen. (GR Heinz

 

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