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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 95 von 106

 

Gesundheitsausschuss rundweg in Abrede gestellt wurde, dass es dazu schon Konkretisierungen gibt. Zehn Tage später hat es sie gegeben, nämlich Frau Frauengesundheitsbeauftragte Prof Wimmer-Puchinger wird künftig in den Fonds Soziales Wien eingegliedert werden. Die organisatorische und finanzielle Gebarung wird über den Fonds abgewickelt werden.

 

Da tut sich bei einer weiblichen Gemeinderätin wie mir durchaus eine skeptische Alarmglocke auf. Denn es ist die Frage zu stellen, ob es sich da möglicherweise um eine Machtübernahme handeln könnte, um ein Über- und Unterordnungsverhältnis seitens des Fonds gegenüber der Frauengesundheitsbeauftragten. Diese Frage ist zu stellen, und sie wurde auch in der gestrigen Sitzung erörtert. Es wurde uns gesagt - vor allem von Frau Prof Wimmer-Puchinger -, sie freut sich auf diese Zusammenarbeit, sie findet es spannend, sie sieht kein Über- und Unterordnungsverhältnis. Wir hoffen, dass dem so ist. Denn wir glauben, es ist wichtig, dass es hier eine starke, nicht anderen Institutionen untergeordnete Frauengesundheitsbeauftragte gibt, deren Verantwortlichkeit gegenüber der zuständigen Politikerin bestehen soll.

 

Nach diesen Bemerkungen zu den Unklarheiten über die verschiedenen Funktionen der Beauftragten und ihrer Eingliederung in die Magistratsstruktur möchte ich zum konkreten Anlassfall kommen, nämlich dem Geschäftsstück, über das wir heute sprechen: die Umsatzsteuernachzahlung des Herrn Dr DAVID als Drogenbeauftragter. Wir haben über seine Honorarerhöhung schon vor einigen Monaten diskutiert, und es hat uns GRÜNEN nicht gefallen, dass es hier viele Funktionen gibt, die in einer Person versammelt sind. Wir haben das auch schon entsprechend kritisiert.

 

Ich stehe aber nicht an zu sagen, dass Herr Dr DAVID jemand ist, der unsere volle Anerkennung hat, was seine fachliche Qualifikation betrifft. Und was die positive Erledigung seiner Aufgabe betrifft, hat er unsere volle Unterstützung. Was wir allerdings nicht verstehen, da wir hier schon wieder mit seinen Honorarfragen befasst werden, ist, dass es da eine Situation gibt, die offensichtlich auf ein Chaos in der Abwicklung der finanziellen Dotation dieses Honorars verweist.

 

Eigentlich zahlt man Umsatzsteuer jährlich, man zahlt sie selbst, und man verrechnet sie seinem Auftraggeber weiter. Es war zwischen den Jahren 1992 und 1997 der Fall - so wurde uns gesagt -, dass der Magistrat die Umsatzsteuer überwiesen hat und die Umsatzsteuer auch abgeliefert wurde. Von 1998 bis 2002 war man im Magistrat der Ansicht, dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine ärztliche Tätigkeit und nicht etwa um eine Beratungstätigkeit handeln würde, sodass nur der verminderte Steuersatz von 3,4 Prozent und nicht jener von 20 Prozent Umsatzsteuer abzuführen wäre. (Zwischenruf des GR Dr Wilfried Serles.) So steht es vielleicht im Akt. Gut, ich entnehme das dem Akt, vielleicht kann Sie da jemand anderer aufklären.

 

Der Umstand, dass die Gemeinde Wien hier offensichtlich eine andere Auffassung als das Finanzamt hatte, hat dazu geführt, dass Herrn Dr DAVID die Umsatzsteuer verrechnet wurde. Sein Steuerberater hat sie auch abgeführt, hat aber offensichtlich vergessen - so wurden wir informiert -, Herrn Dr DAVID davon in Kenntnis zu setzen, dass er Umsatzsteuer zahlt, die ihrerseits dem Magistrat nicht in Rechnung gestellt wurde. Faktum ist, von seinem Nettobetrag wurde sie abgeführt, und Faktum ist weiter, dass Herr Dr DAVID in all den Jahren nicht draufgekommen ist, dass er Umsatzsteuer bezahlt hat. Das ist nicht etwa eine kleine Summe, sondern es ist die Erklecklichkeit von umgerechnet 800 EUR im Monat. Davon leben andere - dem Herrn Dr DAVID ist nicht aufgefallen, dass dieser Betrag sozusagen nicht in seiner Abrechnung enthalten war. Er hat einfach so lange gebraucht, festzustellen, dass er in all diesen Jahren die Umsatzsteuer, die er legitimerweise von der Gemeinde hätte einfordern können, laut Finanzamtsbescheid nicht bezogen hat, aber er hat sie eben bezahlt.

 

Die Gemeinde Wien möchte jetzt diesen Missstand sanieren, und zwar auf eine Weise, die für uns nicht akzeptabel ist. Denn ich würde nun einmal annehmen, dass ein Umsatzsteuerpflichtiger als Erstes eine Klärung bei seinem Steuerberater herstellt, ob er Steuern, die veranschlagt werden und die er selbst einnehmen kann, auch wirklich bezieht. Wenn sein Steuerberater dazu nicht die richtige Auskunft gibt, dann ist auch der Steuerberater zur Verantwortung zu ziehen. Wenn es nicht so ist - und ich erinnere mich an meinen eigenen Steuerberater, der mir alles zur Unterschrift vorlegt und mir jede Position genau erklärt -, dann unterschreibt man, was man auch tatsächlich an Steuerleistung erbringt, und weiß, dass man seine Steuer und auch seine Umsatzsteuer zu zahlen hat.

 

Faktum ist, dieser Missstand wurde nicht behoben. Über all diese Jahre hat es Uneinigkeit zwischen dem Finanzamt und der Gemeinde Wien darüber gegeben, welche Steuer nun anzuwenden ist, und jetzt soll der Steuerzahler eine erkleckliche Summe von 48 000 EUR nachzahlen, weil die Dinge nicht rechtzeitig saniert wurden.

 

Wir sehen hier Handlungsbedarf. Einerseits soll Herr Dr DAVID prüfen, wie weit sein Steuerberater für diese Misere verantwortlich ist, und er soll das rechtlich bilateral mit ihm regeln, bevor er zur Gemeinde Wien kommt. Zweitens würde ich doch meinen, dass Herr Dr DAVID in der Fülle der Einkünfte, die er hat, so weit Überblick gewinnen sollte, dass er sieht, ob ein Betrag von immerhin 800 EUR im Monat eingegangen ist oder nicht, oder ob dieser Betrag fälschlich abgebucht wurde. Drittens meinen wir, dass die Gemeinde Wien erschöpfend und abschließend klären müsste, ob die Tätigkeit des Drogenbeauftragten eine ärztliche Tätigkeit ist oder ob es eine Beratungstätigkeit ist, für die diese Umsatzsteuer zu begleichen ist. Sie soll das mit dem Finanzamt klären.

 

Da wir meinen, dass diese Dinge zur Klärung anstehen, sind wir der Ansicht, dass die Nachzahlung von 48 000 EUR zurückgestellt werden soll. Ich beantrage daher entsprechend § 22b die Vertagung der Verhandlung über dieses Geschäftsstück zur Erledigung dieser Punkte. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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