Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 122
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die aktuellen, auch
die jüngsten Prognosen der Wirtschaftforscher machen es jedem wirklich schwer,
daran zu glauben, dass die österreichische Wirtschaft aus eigener Kraft aus
diesem Tief herauskommen könnte. Und daher unterstreiche ich einmal mehr und
appelliere auch an die anderen Gebietskörperschaften, dass es eigentlich
höchste Zeit ist zu einer offensiven, antizyklischen Konjunkturpolitik, die
öffentliche Nachfrage zur Konjunkturbelebung einsetzt.
Wien hat schon im Budget 2002 diese Kurskorrektur
eingeleitet. Ich erinnere daran, dass wir ein über 2-Milliarden-Investitionsprogramm,
einschließlich unserer eigenen Unternehmungen, zustande gebracht haben, und wir
setzen jetzt, im Jahr 2003, diesen Weg der offensiven, antizyklischen
Konjunkturpolitik im Interesse der Beschäftigungssituation, im Interesse der
Wirtschaft fort. Ich möchte einige Zahlen dazu nennen.
Die Stadt Wien und ihre Unternehmungen - das ist eben
der Vorteil, wenn man auch über eigene Unternehmungen verfügt, also sozusagen
öffentliches Eigentum nicht einfach auf den Markt geworfen hat - werden im Jahr
2003 nach den Budgetvorgaben und nach den Wirtschaftsplänen über
2,2 Milliarden EUR investieren. Das ist, umgerechnet in Schillinge, etwas
mehr als ein 30-Milliarden-Paket. Ich kann Ihnen versichern, dass dieses Paket,
dieses Investitionsvolumen, in der Tat in einem hohen Maße wirtschaftsbelebend
und wirtschaftsfördernd sein muss. Eine vergleichbare Investition in anderen
Gebietskörperschaften ist mir allerdings nicht bekannt.
Das Zweite ist: Wir werden in der Wirtschaftsförderung
und in der Technologieoffensive 2003 205 Millionen EUR zur Verfügung
stellen. Im Voranschlag 2002 waren das 107 Millionen EUR. Ich räume ein,
dass wir während des Jahres in diesem Bereich aufgestockt haben, aber es ist in
der Tat im Vergleich zu anderen Gebietskörperschaften eine enorme Summe, die
hier eingesetzt wird, um die Wirtschaft zu beleben.
Und wir werden - und das scheint mir besonders
wichtig zu sein - durch gemeinsame Finanzierung mit Privaten und auch durch
gemeinsame Finanzierung mit anderen Gebietskörperschaften das
Investitionsvolumen wesentlich erhöhen.
In einem Public Private Partnership werden wir den
weiteren Ausbau, um einige konkrete Beispiele zu nennen, des Vienna Biocenters
vorantreiben. Es geht hier um 12,2 Millionen EUR. Hier wird durch eine
Verschmelzung mit einer internationalen und in ganz Österreich tätigen
Investitionsfirma und der Errichtung einer eigenen Betriebsgesellschaft eine
Veränderung herbeigeführt, die zeigt, dass es nicht notwendig ist, um einen
solchen öffentlichen Investitionsschub herzustellen, dass alles aus Steuermitteln
aufgewendet wird, sondern dass es durchaus möglich ist, auch private Mittel zu
mobilisieren.
Der zweite Punkt: In Kooperation mit dem Bundesland
Niederösterreich wird der Automotive Cluster Vienna Region entwickelt. Nach dem
erfolgreichen Pilotjahr 2002 wird jetzt eine Weiterentwicklung für die Jahre
2003 bis 2006 gemeinsam finanziert. Es sind zahllose Kooperationsverträge
bereits abgeschlossen. Es nehmen an diesem Automotive Cluster große
Unternehmungen in Österreich teil. Das wegwischen zu wollen, wird jedermann
schwer fallen. Es hat eine enorme investive Wirkung, und zwar sowohl im
Bundesland Niederösterreich als auch bei uns - Projekt Paukergründe - in Wien.
Wir werden darüber im nächsten Gemeinderat die Beschlüsse fassen.
Der nächste Punkt: Die beiden Calls im Rahmen der
Wiener Innovationsoffensive, nämlich der Call für Lifestyles, also
Biotechnologie, und der Call für Creative Industries werden im Fall der
Realisierung aller eingereichten Projekte - 20 bei Lifestyles, 109 bei Creative
Industries - ein Investitionsvolumen von 144 Millionen EUR auslösen. Auch
das ist ein Beispiel dafür, wie man mit relativ wenig öffentlichen Mitteln im
privaten Bereich eine stärkere Investition auslösen kann. Und ich behaupte,
dass es auch beschäftigungspolitisch wichtig ist, denn durch diese Projekte
werden 500 weitere neue Beschäftigungsplätze geschaffen.
Wir werden, um ein weiteres konkretes Beispiel zu
nennen, die Gewerbeinitiative fortsetzen. Wir werden sie um drei Jahre
verlängern, denn Förderverträge mit fünf Gewerbehöfen sind bereits
abgeschlossen, einer im 10., einer im 11., einer im 15., einer im 16. und einer
im 21. Bezirk. Das hat Platz geschaffen für 48 neue Betriebe. Also, da ist
der Altbestand gar nicht mitgezählt. Und einer dieser Gewerbehöfe ist überhaupt
erst im Bau, sodass dann zusätzlich neue Betriebe dazukommen. Und es gibt
bereits im 5. Bezirk und im 20. Bezirk neue Anträge, solche
Gewerbehöfe einzurichten.
Nächster Punkt: Unter Nutzung der Mittel der Euro-päischen
Union unterstützen wir Förderungsaktionen, sowohl im Ziel-2-Gebiet, das sind
Teile der Leopoldstadt und der Brigittenau, als auch im URBAN-2-Gebiet, das ist
Erdberg, und erreichen damit in einer Zuschussaktion gerade für die
Kleinunternehmungen ebenfalls Impulse zur wirtschaftlichen Entwicklung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass diese
antizyklische Konjunkturpolitik in Wien zumindest - ich bin ganz vorsichtig -
in Teilbereichen greift und Erfolge hat, kann man an zwei Fakten beweisen.
Punkt 1: Der letzt vorliegende Bericht über die
Situation der Wiener Wirtschaft in Wien bestätigt, dass im ersten Halbjahr
dieses Jahres das reale Wachstum der Bruttowertschöpfung in der Wiener
Wirtschaft mit 1,2 Prozent doppelt so hoch gestiegen ist wie im Österreichdurchschnitt.
Also, mehr Wirtschaftswachstum in Wien im ersten Halbjahr, und ich bin
überzeugt, dass sich das im zweiten Halbjahr fortsetzen wird.
Zweites Faktum: Seit dem Sommer gehen die Arbeitslosenzahlen
in den Bauberufen in Wien deutlich zurück, im August um 1,1 Prozent minus,
im September um 0,1 Prozent minus, im Oktober um 4,7 Prozent minus.
Demgegenüber sind die Arbeitslosenzahlen im Österreichdurchschnitt weiter
gestiegen, im Oktober um 3,9 Prozent.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern ist
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular