Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 122
äußerst schwierig war, an die Zahlen des Wiener Kulturbudgets
zu kommen. Im letzten Jahr war der Herr Stadtrat ja so freundlich, uns eine
Aufstellung zu geben, die uns durchaus nachvollziehbar gemacht hat, wie sich
denn nun die einzelnen Budgetposten verteilen. In diesem Jahr ist das nicht
geschehen. Es ist nicht geschehen und es ist mit einer sehr seltsamen
Begründung nicht geschehen, die mich doch zweifeln lässt. Es ist nämlich mit
der Begründung nicht geschehen, dass im letzten Jahr dann diese Zahlen dazu
geführt hätten, dass die Opposition den Herrn Stadtrat kritisiert hätte. Na no na, ja. Das ist ja unsere Aufgabe als
Opposition, darauf zu schauen, was in diesem Bereich passiert, wie das Geld
ausgegeben wird und unsere Anmerkungen zu machen. Das nennt sich Demokratie.
Es wundert mich doch sehr und ich bedaure es auch
sehr, dass es notwendig ist, einem sozialdemokratischen Stadtrat immer wieder
aufs Neue - offensichtlich ist es notwendig - zu sagen: Demokratie ist doch die
Basis der Arbeit, die wir hier machen und es doch wohl ganz selbstverständlich,
dass die Opposition die Zahlen bekommt, die sie bekommen will. Offensichtlich
ist das nicht bis in die MA 7 vorgedrungen beziehungsweise bis zum Herrn
Stadtrat und das muss ich sehr bedauern.
Nun ja, wir haben uns selber auf den Weg gemacht,
haben uns selber die Zahlen herausgesucht und haben uns die Aufstellung sehr
genau angeschaut. Nicht zuletzt deshalb, weil die Aussage "Na ja, dann
werde ich ja kritisiert" uns aufhorchen hat lassen.
Was gibt’s denn zu verstecken? Wenn alles in Ordnung
wäre, dann wäre es doch überhaupt kein Problem, auch der Opposition die Zahlen
zu geben, oder? (GR Christian Oxonitsch:
Das glauben Sie aber selber nicht!) Ich höre, Herr Klubobmann Oxonitsch hat
eine ähnliche Meinung von Demokratie wie Herr StR Mailath-Pokorny. Ich weiß
nicht, wer von Ihnen länger in der Stadt ist. Ich glaube Sie. (GR Christian Oxonitsch: Das hat ja damit
nichts zu tun! Aber das glauben Sie doch selbst nicht!) Selbstverständlich
glaube ich, Herr Klubobmann Oxonitsch, dass das notwendig und sinnvoll ist (GR Christian Oxonitsch: Dann ist es ja gut!
- Heiterkeit des GR Christian Oxonitsch.), um eine Diskussion darüber zu führen, was diese Stadt denn tun
soll, dass wir Zahlen haben, um mit Ihnen auf einer Ebene mitdiskutieren zu
können. Und ich glaube eigentlich, dass bis auf die SPÖ alle Parteien in diesem
Haus dieser Meinung sind.
Zum Budget. Wir haben uns das genau angeschaut, sehr
kritisch angeschaut und haben festgestellt, dass die ... Wir haben dann dieses
grüne Buch gelesen, ja. (GR Christian
Oxonitsch: Ja, genau das haben wir ja alle! - Heiterkeit bei der SPÖ. - GR
Christian Oxonitsch: Das war ja ordentlich geheim!)
Also ich muss schon sagen, ich bin zutiefst beeindruckt
von der unglaublichen Kooperationsbereitschaft der regierenden Parteien dieser
Stadt. (GR Christian Oxonitsch:
Entschuldigung, wir lesen auch das grüne Buch!) Ich erinnere Sie daran,
dass am Wahlsonntag, den 25. März 2001, der Bürgermeister gesagt hat:
"Mit Demut nehmen wir dieses Ergebnis an." Und das ist die Demut, die
Sie meinen?
Das Kulturbudget ist nicht gestiegen. Es ist um einen
kleinen Betrag gestiegen, und der kommt (GR
Christian Oxonitsch: Wir lesen alle das grüne Buch! - Weitere Heiterkeit bei
der SPÖ.) aus dem gesetzlich vorgeschriebenen Kulturförderbeitrag. Das ist
Geld, das der Stadt Wien vom Bund zusteht und nicht von der Stadt Wien selber
kommt! Und das ist die einzige Erhöhung in diesem Kulturbudget.
Wenn man dann noch einmal genau hinschaut, dann merkt
man, dass der riesige Teil dieser Erhöhung von der Erhöhung der Personalkosten
der MA 7 aufgefressen wird. Es ist also festzuhalten: Das, was angeblich
eine Erhöhung ist, ist keine Erhöhung, mal wieder keine Erhöhung. Der Kuchen
ist nicht größer geworden und die Kuchenstücke sind maximal anders geschnitten
worden. (GRin Mag Sonja Wehsely: Falsch
gelesen! Falsch gelesen!).
Das ist umso bedauerlicher, weil wir uns ja anschauen
müssen, was derzeit auf Bundesebene passiert. Wir wissen alle, die
Kulturpolitik der letzten zweieinhalb Jahre hat der Kultur mehr geschadet als
sie ihr genutzt hat und sie hat vieles zerstört, was in diesem Land an spannenden
und interessanten kulturellen Aktivitäten aufgebaut worden ist. Und dem wollte
doch die sozialdemokratische Staatregierung etwas entgegensetzen! Da haben wir
doch gehört: Wir brauchen den öffentlichen Diskurs. Wir brauchen neue kritische
Räume. Da haben wir ach so viele schöne Worte gehört und nichts davon, sehr
geehrte Damen und Herren, ist umgesetzt worden! Das Kulturbudget ist auch nicht
erhöht worden.
Wenn ich dem Voranschlag 2003 den Voranschlag 2001,
also das Budget des ehemaligen StR Marboe, gegenüberstelle, dann müssen wir
feststellen, dass es sogar eher noch gesunken ist. Das ist wohl ein Armutszeichen
für die Sozialdemokratie und vielleicht auch mit ein Grund, weshalb viele Leute
letzten Sonntag nicht die SPÖ gewählt haben. Das Gegenmodell zu Blau-Schwarz
ist also auch in Wien abgesagt worden. Es ist offensichtlich kein politischer
Gestaltungswille vorhanden, der klare Ziele und Schwerpunkte erkennbar machen
würde. Es ist nach zwei Jahren sozialdemokratischer Kulturpolitik noch immer
nicht nachvollziehbar, wer, warum und wie viel Geld eigentlich weshalb bekommt.
(GRin Mag Sonja Wehsely: Falsch!)
Da wird relativ wahllos mal an die Albertina, mal an den
Rabenhof und mal ein kleines bisschen an die eine oder andere kritische
Initiative vergeben. Aber bei weitem ist da keine klare Handschrift zu
erkennen. Es ist auch kein Gegenmodell zu erkennen und es ist keine politische
Vision zu erkennen! Und was das Erschütterndste ist - der Herr Stadtrat war ja
leider nicht dabei -, zwei Wochen vor der Wahl haben wir eine Podiumsdiskussion
gehabt, zu der von der IG Kultur Wien eingeladen wurde und der Kollege Woller,
der Kollege Marboe und ich saßen dort und Ernst Woller wird sich wohl noch gut
erinnern können, wie unangenehm dieser Abend für die Sozialdemokratie war. Wie
viele Kulturschaffende an diesem Abend aufgestanden sind und gesagt haben:
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