Gemeinderat,
22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 93
gesagt: "Die Vertreibung ist als unverjährbarer Akt des
Völkermordes zu werten. Null-und-Nichtig-Erklärung der Vertreibung ist ein
moralisches Gebot. Und das Recht auf Heimat ist kein territorialer staatlicher
Anspruch, sondern individuelles und kollektives Recht auf Ausübung der
Selbstbestimmung." Und so weiter. Und selbstverständlich: "Die
Enteignungsdekrete von 45 sind aufzuheben."
Prof Ermacora und andere haben damit sicher die
Meinung vertreten, dass eine politische Geste, wie sie von der Europäischen
Union und Fachleuten von dort empfohlen wird, sicher zu wenig sein wird. Es
wird also an der politischen Ausarbeitung und an der politischen Beurteilung
von solchen rechtlichen Grundlagen liegen, in welchem Ausmaß wir hier einer
Generation Gerechtigkeit widerfahren lassen können, die 50 Jahre nach der
Vertreibung noch immer auf ihre Rechtfertigung wartet.
Das 20. Jahrhundert, das hinter uns liegt, ist
ja wohl ein Jahrhundert der Vertreibung gewesen, wenn man nur auf die
Vertreibung der Armenier am Beginn des Jahrhunderts in der damaligen noch nicht
Türkei, sondern im Osmanischen Reich hinweist, weiters in der Mitte dieses
Jahrhunderts auf die Vertreibung und die sonstigen Verbrechen im Zuge des
Zweiten Weltkriegs und dann zum Schluss auf die Vertreibungen, nunmehr
"ethnische Säuberung" genannt, im ehemaligen Jugoslawien, ein Verbrechen,
das wir uns damals in den Neunziger Jahren eigentlich gar nicht mehr haben
vorstellen können, dass es in Europa nochmals passiert. Trotzdem ist es
geschehen.
Und warum? - Vielleicht haben die Vertreiber ein
Fazit gezogen, nämlich dass sich diese Verbrechen rechnen. Und ich glaube, sie
haben auch Recht damit, dass sich diese Verbrechen rechnen, wenn man in die
Tschechische Republik oder auch in die nunmehrigen Nachfolgestaaten des
ehemaligen Jugoslawiens schaut. Die Dokumente, sozusagen die Grundlagen dieser
ungesühnten Verbrechen, werden nun unter Umständen, wenn wir es nicht
verhindern können, als aufrechter Rechtsbestand in die Europäische Union
hineingetragen: Die Benes-Dekrete, auf die ich jetzt nicht eingehen will und
auch nicht vorlesen will - sie sind bekannt -, die AVNOJ-Bestimmungen unten im
ehemaligen Jugoslawien und auch das Amnestiegesetz als besonders
hervorzuhebende Ungeheuerlichkeit. Im Amnestiegesetz, das eine
Falschbezeichnung darstellt, heißt es im Grunde genommen, dass eben die
Verbrechen - ich will nicht alles zitieren - aus der Zeit vom September 38
bis Oktober 45 auch dann nicht widerrechtlich sind, wenn sie nach den
sonst geltenden Vorschriften strafbar gewesen sind. Das heißt, es wird nicht
von Amnestie gesprochen, sondern es wird schlicht und einfach die
Rechtswidrigkeit von Verbrechen bestritten, die damals passiert sind: Die
Vertreibung, die Ermordung von Hunderttausenden, die Enteignung - das alles ist
nicht nur amnestiert, sondern es ist nicht rechtswidrig! Das ist ein Zustand,
wo ich mir nicht vorstellen kann - es gibt ja aus der Europäischen Union Gott
sei Dank entsprechende Festlegungen -, dass die Europäische Union als
Rechtsgemeinschaft das zur Kenntnis nehmen kann. Ich hoffe es zumindest! (Beifall
bei der FPÖ.)
Hunderttausende Heimatvertriebene haben ihre neue
Heimat eben in Österreich gefunden und sind hier ein guter und wirksamer
Bestandteil unserer Bevölkerung geworden. Sie sind Teil der Aufbaugeneration
gewesen, die dieses Land aus Schutt und Asche wieder errichtet hat. Sie haben
das zerstörte Land wieder hergerichtet und wieder lebenswert gemacht, sodass
wir heute in einem wohl geordneten Staat unser Leben führen können. Dafür muss
man ihnen Dank sagen und sie nicht verunglimpfen, wie es im Grunde genommen durch
die dringliche Anfrage der Kollegin Ringler schlicht und einfach geschehen ist!
Ganz ... (Beifall bei der FPÖ.)
Eine Verunglimpfung, wie sie sich klar darstellt
durch die "Kontext"-Äußerungen von Kollegin Pfrana und anderen von
vorgenannten ... (GRin Dr Sigrid Pilz: Vrana! Vrana! Vrana! - Aufregung bei
den GRÜNEN.) von "so genannten Vertriebenen". Also, für Sie sind
diese keine Vertriebenen, sondern "so genannte Vertriebene". Das
möchte ich feststellen. Von Revanchismus der Volksdeutschen ist in diesem Blatt
die Rede und das trotz der "Charta der Vertriebenen" aus 1950, wo
fünf Jahre nach dem Krieg erstmals von den Vertriebenenverbänden festgelegt
wurde, auf Rache zu verzichten und auf Versöhnung hinzuarbeiten!
Da möchte ich feststellen, dass sonst wohl in der
ganzen weiten Welt bisher keine Vertriebenenorganisation so etwas gemacht hat
und schon gar nicht fünf Jahre nach dem schrecklichen Schicksal, das sie erlebt
haben! Nunmehr diese mit dem Schicksal und dem Vorwurf des Rechtsextremismus,
der an den Haaren herbeigezogen ist, zu beglücken, ist wirklich eine
Ungeheuerlichkeit! (Beifall bei der FPÖ. - Weitere Aufregung bei den
GRÜNEN.)
Gerade beim Verband der Volksdeutschen
Landsmannschaften, der ein Verband mit unterschiedlichsten politischen Meinungsträgern
ist, wo es neben der Seliger-Gemeinde, die Ackermann-Gemeinde und den
Witiko-Bund gibt, wo die verschiedensten politischen Gruppen ihr Dasein
miteinander teilen. Diese Vorwürfe, die hier erhoben werden, sind also aus der
Luft gegriffen und treffen pauschal wieder jemanden, der sich immer schon mit
Kollektivschuldurteilen zu beschäftigen hatte und wo das Verbrechen der
Vertreibung auf dem Versuch einer Kollektivschuld pauschal gegen Deutsche und
Ungarn aufgebaut gewesen ist.
Die Vorwürfe - wir haben es schon gehört - beziehen sich auf
den neuen Klub, gar keine Frage, der den Saal für einzelne Veranstaltungen
mietet, wie viele andere auch, Organisationen, Vereine, übrigens auch Private.
Wenn Frau Ringler Interesse hat, kann sie sich dort auch für ihre Feiern
einmieten. Die Tür steht Ihnen jederzeit offen. Das darf ich Ihnen sagen. (GR
Günter Kenesei: Die Frau Ringler kommt sicher nicht!) Der Saal wird
vermietet wie andere Säle auch, meine Damen und Herren, wie die Börse, wie die
Häuser der Begegnung - wie der Herr Bürgermeister schon gesagt hat -, wie zum
Beispiel die Räumlichkeiten der Universität, wie das
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