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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 79 von 93

 

daran denkt, die Zusicherung der Beträge an die Heimatvertriebenen Altösterreicher in Frage zu stellen. Ich muss sagen, Hut ab vor diesen klaren Worten, die er heute gefunden hat. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Abschließend möchte ich feststellen, der Vorstoß der Grünen, der hier mit der dringlichen Anfrage geschehen ist, ist meiner Meinung nach der erste Versuch, in einem österreichischen Parlament, Leistungen an politisch, rassisch oder religiös Verfolgte nicht von der Verfolgungshandlung an sich abhängig zu machen, sondern von einer angeblichen politischen Einstellung. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, dass nicht mehr die tatsächliche Schädigung durch politische, rassische oder religiöse Verfolgung das Ausschlaggebende sein soll, sondern offensichtlich die politische Meinung, die in diesem Fall den Vertriebenen von den Grünen unterstellt wird. Weder die Entschädigungen an jüdische Verfolgte oder an andere Verfolgte im Zweiten Weltkrieg, noch die Entschädigungen, die wir Österreicher an die Zwangsarbeiter zahlen, sind auch nur annähernd persönlich, oder was die Verbände betrifft, in irgendeiner Form mit politischem Kontext des Verbands oder des Einzelnen verknüpft worden. Ich halte diese Haltung der GRÜNEN schlicht und einfach für eine Schande! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sie zeigt eben die gebrochene Einstellung der GRÜNEN zu den Menschenrechten. Menschenrechte sind und bleiben unteilbar. Das werden auch die GRÜNEN zur Kenntnis nehmen müssen, dass sie nicht von selbst festlegen können, wer sozusagen etwas geleistet bekommt oder nicht, sondern dass einzig und allein die wichtige Tatsache einer Schädigung, eines Verbrechens, einer Verfolgungshandlung aus den gesagten Gründen Grund sein kann, dass man eine Leistung erbringt. Eine solche Einseitigkeit und eine solche Eindimensionalität, die wir heute von den GRÜNEN erleben, spricht für sich und richtet sich von selbst! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Dr Michael LUDWIG zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

GR Dr Michael LUDWIG (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

"Ich habe an der Arbeit der österreichischen Vertriebenenverbände bisher eigentlich geschätzt, dass sie revanchistische Gelüste, die manche gehabt haben, vermieden haben. Dass sie in diesem Sinn sehr positive Arbeit geleistet haben, war gut." - Ich kann dieses Zitat nicht für mich beanspruchen, sondern das stammt vom Nationalratsabgeordneten Karl Öllinger, der das am 20. September dieses Jahres bei der dritten Lesung dieser Materie im Parlament gesagt hat.

 

Frau Kollegin Ringler, wenn Sie schon so feinfühlig mit Kulturschaffenden in unserer Stadt über dieses Thema sprechen, würde ich Ihnen doch empfehlen, dass Sie sich nicht so sehr mit der Haltung der Sozialdemokratie zu diesem Thema befassen, sondern dass Sie vielleicht den Standpunkt der GRÜNEN, der Wiener GRÜNEN und der Bundes Grünen vertreten! (GR Mag Christoph Chorherr: Warum habt ihr das dann von der Tagesordnung abgesetzt?) Ich glaube, das macht viel Stoff her, denn sich über die antifaschistische Grundhaltung der Sozialdemokratie den Kopf zu zerbrechen, Frau Ringler, das brauchen Sie zweifellos nicht! (Beifall bei der SPÖ. - GR Mag Christoph Chorherr: Warum habt ihr das abgesetzt? Erklären Sie uns das!)

 

Erklären Sie diese Stellungnahmen! (GR Günter Kenesei: Warum ist er abgesetzt worden? Darauf gehört eine Antwort gegeben!) Reden wir zuerst über die Inhalte und dann über die Formalismen! Uns sind immer die Inhalte wichtiger, vor allem bei einem so sensiblen Thema! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Dass auch die GRÜNEN in Wien bewiesen haben, dass es sehr wohl möglich ist, eine so sensible Materie parteiübergreifend zu behandeln, zeigt der Umstand, dass es bereits im Jahr 1995 im Gemeinderat eine Subvention für den Verband der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs über 5 Millionen S gegeben hat, wo unter anderem auch die GRÜNEN mit gestimmt haben. (GR Günter Kenesei: Aber das war für die Errichtung des Gebäudes!) - Richtig! Zweifellos! (GR Günter Kenesei: Da war vom neuen Klub noch keine Rede!)

 

Aber Sie werden uns doch nicht unterstellen wollen, denn das würde ich, so wie es unser Bürgermeister vorhin auch gesagt hat, ablehnen, dass wir derartige Veranstaltungen unterstützen. (GR Günter Kenesei: Wir haben es doch im Kulturausschuss gehabt!) Wenn Sie wissen, dass solche Veranstaltungen stattfinden, und zwar egal, wo in Wien, im Haus der Heimat oder auch in anderen Standorten, ist es meiner Meinung nach das Recht und sogar die Pflicht jedes Mandatars, aber auch jedes Staatsbürgers, entsprechende rechtliche bis hin zu polizeilichen Maßnahmen zu setzen. (GR Günter Kenesei: Das haben wir ja getan!) Das ist vielleicht auch eine gute Möglichkeit, wieder auf die gute Arbeit des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes hinzuweisen, der das auch tut, die einzelnen Veranstaltungen zu Recht zu kritisieren und entsprechende Maßnahmen bis hin zu staatsanwaltlichen Maßnahmen einzuleiten. (GR Günter Kenesei: Warum war es dann auf der Tagesordnung im Kulturausschuss und jetzt plötzlich nicht mehr?)

 

Ich glaube, wir müssen trotzdem zwischen einzelnen Veranstaltungen, die abzulehnen sind, unterscheiden, Veranstaltungen, die rechtsextremen Charakter haben. Da wird es niemanden geben, der das verteidigt. Da bin ich auch dafür, dass man alle Möglichkeiten ausschöpft, um derartige Veranstaltungen zu verhindern und wenn sie stattfinden, entsprechend zu ahnden, bis hin zu polizeilichen Maßnahmen. Aber ich bin dagegen, dass man Pauschalverdächtigungen vornimmt. Wir haben gerade auch vom Bürgermeister sehr beeindruckend gehört, wie vielfältig auch das politische Leben in diesen Verbänden ist. Ich glaube, es wäre ungerecht und würde einen großen Teil dieser Zielgruppe gerade erst recht ins rechtsextreme Lager drängen, wenn man sich nicht darum

 

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