Gemeinderat,
24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 82
diesen Akt heute hier nicht abstimmen zu lassen, ihn von der
Tagesordnung zu streichen und noch einmal mit den Fraktionen, mit der Agenda
und mit den Bürgergruppen neu zu diskutieren - ich bin sicher, dass es in
diesem Bereich eine Lösung gibt - und nicht drüber zu fahren. Aber in
Wirklichkeit hat ja auch der Schicker heute gesagt: „Verantwortlich ist nicht
der Stadtrat, sondern der Gemeinderat“. Und ihr, jeder einzelne
sozialdemokratische Abgeordnete, seid dann für das, was heute hier gegen die
Mehrheit des Bürgerwillens beschlossen wird, verantwortlich.
Ich stelle daher auf Grund des § 17 Abs 6
der Geschäftsordnung, Frau Vorsitzende, den Antrag auf Absetzung dieses
Aktenstücks und bitte, diese Abstimmung geschäftsordnungsmäßig durchzuführen.
Nachdem die Rednerliste erschöpft ist und nachdem der Berichterstatter seine Schlussworte
gesagt hat, bitte ich um Abstimmung meines Antrags auf Absetzung dieses Akts. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als
nächste Rednerin ist die Frau GRin Malyar gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Martina Malyar
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Er wird es im Protokoll lesen, er weiß es dann aber
wahrscheinlich schon: Ich war zwar 1995 nicht mehr in der Bezirksvertretung, weil
ich genau weiß, dass ich im Jänner 1995 in den Gemeinderat gewechselt bin,
aber - und das möchte ich gleich voran stellen - von den Bezirksleitlinien des
Alsergrunds distanziere ich mit natürlich nicht, weil ich immer als Person
daran teilgenommen und verhandelt habe und ich meine Meinung nicht mit dem
jeweiligen politischen Sitz wechsle wie die Unterhosen, sondern zu meiner
Meinung stehe, weil sie von Grundsätzen getragen ist. Das unterscheidet mich
wahrscheinlich in vielen Bereichen von anderen Politikerinnen oder Politikern.
Und zum zweiten wollte ich nur auch zum Rüdiger
sagen, dass die lokale Agenda 21 nicht vom Himmel gefallen ist, sondern es
war in den Anfängen - und ich kann mich noch gut daran erinnern -, dass ich mit
ihm, dem berühmten Benke, mit "dem" Benke, wirklich lange diskutiert
habe, weil er sich von Anfang an total engagiert hat, dass es in Wien und
natürlich auch in unserem schönen lebens- und liebenswerten Alsergrund genau
diese Bürgerbeteiligungsprozesse standardisiert geben sollte und diese
weiterentwickelt werden sollten, weil ja die Idee in Deutschland schon
implantiert war.
"Der" Benke war es eigentlich, der diese
lokale Agenda 21-Geschichte nach Wien in den 9. Bezirk gebracht hat
und wirklich Tag und Nacht dafür gekämpft hat. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Es tut mir persönlich sehr Leid, wenn er
dann hier von Gemeinderäten und -innen anderer Fraktionen als der hingestellt
wird, dem die Bezirksbevölkerung wurscht ist, der über sie drüber fährt, weil
er der ist, der die lokale Agenda 21 zum ersten Mal und zwar in einem
innerstädtischen Bezirk hervorragend implantiert hat und wirklich Tag und Nacht
auch bei Agenda-Sitzungen dabei sitzt und sich sehr, sehr um diese Initiative
annimmt.
Sie dürfte so schlecht nicht sein (Heiterkeit bei GR Mag Harald STEFAN),
weil sie jetzt ausgeweitet wird und vor allem zum Beispiel auch ein
Grün-geführter Bezirk, nämlich der siebente, stark daran interessiert ist,
dieses Agenda-Projekt erweitert zu bekommen.
In diesem Sinn haben Sie einen herzlichen Dank nicht
nur von der Bezirksbevölkerung und sicher nicht nur von denen, die sich jetzt
in den Agenda-Gruppen engagieren, sondern auch von meinen Fraktionskolleginnen
und -kollegen. Danke! (Beifall bei der
SPÖ.)
Es ist für einen Politiker sicher einfacher, über
Dinge wirklich drüber zu fahren als sich hinzustellen und sich mit Meinungen
und mit differenzierten Haltungen auch differenziert auseinander zu setzen. Und
ich hoffe, das Sie dieses auch entsprechend anerkennen, wenngleich es
wahrscheinlich auch sehr schwierig ist wenn man sehr einfach gestrickt ist, so
differenzierte Diskussionen und Haltungen auch wirklich sozusagen in seiner
selektiven Wahrnehmung auch selbst zu hören und hören zu können. Aber da
vertraue ich der Bezirksbevölkerung mehr als so manchem Politiker.
Das, was von Beginn an ganz wesentlich war, auch beim
Agenda-Projekt - und ich sage das deswegen, weil ich bei der Pressekonferenz,
wie es vorgestellt wurde, dabei war und die Volkshochschule, wo ich Vorsitzende
sein darf, die Projektträgerin dieses Agenda-Projekts ist -, und ich habe schon
damals offen und ehrlich gesagt - zwei Stadträte waren dort, der Herr Dr Görg
von der ÖVP und auch unser Svihalek von der SPÖ -, auch dir, Hansi, du weißt es
genau: Wenn wir uns entscheiden, so ein Mitbestimmungsdemokratieprojekt
anzugehen, dann heißt das auch, Verpflichtungen seitens der Politik einzugehen.
Ich habe in erster Linie daran gedacht, dass es nicht
ein Bürgerbeschäftigungsverfahren sein darf, eine Bürgerbeschäftigung, sondern
Konsequenzen für die politische Umsetzung haben muss, weil es sonst nur eine
Beschäftigung ist und ich denke, dass die Männer, Frauen und Kinder in unserem
Bezirk ihre Freizeit noch anders verbringen könnten als mit Agenda-Sitzungen.
Das heißt, von Anfang an war uns klar, und mir auch ganz besonders, dass
Agenda 21 bedeutet, dass es finanzielle Auswirkungen geben wird müssen und
wir die auch bereitstellen müssen, und zum zweiten, dass man natürlich bei
allen und in allen Bereichen in einen Diskussionsprozess gehen muss.
Man sieht, dass es schon allein bei diesem Projekt
die ersten Fortschritte gegeben hat. Ich verstehe die Ungeduld von Vielen. Ich
verstehe sachlich die Ungeduld der Opposition. Ich verstehe auch meine und
unsere Ungeduld, auch deine - wir kennen uns seit Jahrzehnten. Du würdest dir
sicher wünschen, noch mehr an Aufklärung, Information und Beteiligung zu
machen, aber jede große Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Ich glaube, wir
sollten auch jeden kleinen Schritt evaluieren und nach diesen sachlichen
Kriterien vorgehen.
Ich denke, dass so eine vernünftige, behutsame,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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