Gemeinderat,
24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 82
eine Förderung an den Verein Ecce Homo und ich darf hier die
Frau Berichterstatterin, GRin Zankl, bitten, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Inge Zankl: Ich ersuche um Zustimmung.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich danke schön.
Zum Wort als erste ist die Frau GRin Mag Ringler
gemeldet.
GRin Mag Marie Ringler
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrte Damen und Herren!
Wir beschließen heute eine Summe Geld für "Wien
ist andersrum". Das "Wien ist andersrum"-Festival hat in den
letzten Jahren ganz wichtige Arbeit in Wien geleistet. Es hat spannende
Theaterproduktionen nach Wien gebracht, die besonders für die Community der
Schwulen und Lesben in unserer Stadt sehr, sehr wichtig waren und sind, und die
auch für viele Leute, die heterosexuell waren und sind, wichtig sind. Das, was
wir sehr bedauern ist, dass wir heute eine Summe beschließen, die zu gering
ist, um im nächsten Jahr, im Jahr 2003 tatsächlich ein Festival
durchführen zu können. Richtiger Weise wird der Verein entschuldet. Richtiger
Weise, weil die Schulden, die in den letzen Jahren entstanden sind, im
besonderen etwas mit der Politik der Bundesregierung zu tun haben und mit der
Art und Weise, wie die Bundesregierung die letzen zweieinhalb, drei Jahre
Kunst- und Kulturschaffende behandelt hat, die es gewagt haben, einerseits von
ihrem Recht auf die Freiheit der Kunst Gebrauch zu machen und andererseits
kritische Worte über die blau-schwarze Bundesregierung zu finden.
Offensichtlich können der Herr Staatssekretär Morak und der Kunstminister
Schüssel nichts anderes tun, als diese Institutionen zu kürzen, ihnen die
Gelder wegzunehmen, sie zu bestrafen. Dann passiert es, dass sich auch so
wichtige Institutionen verschulden und dass es irgendwann nicht mehr möglich
ist, diese Schulden aus laufenden Subventionen abzudecken und es daher
notwendig wird, sie zu entschulden. Das ist gut und richtig.
Aber wir finden es sehr, sehr bedauerlich, das dieses
Jahr das Festival nicht stattfinden kann, auch wenn man bedenkt, wie wichtig
die SPÖ dieses Festival immer findet. Auch im Folder des Wien-Tourismus wird
darauf Bezug genommen. Es gibt einen eigenen Folder für lesbisch-schwulen
Zielgruppen, die nach Wien kommen sollen. Auch dort wird Bezug auf dieses
Festival genommen und darauf, dass es wichtig ist für diese Stadt. Tatsächlich
ist es wichtig und es wird dieses Jahr ein Loch in die Kulturveranstaltungen
reißen, wenn es nicht stattfinden kann. Und das finden wir sehr, sehr schade
und sehr, sehr problematisch.
Auch die GRin Zankl sagte vor ungefähr einem Jahr:
"Die zu beschließende Subvention bezeichnete Zankl angesichts vieler
anderer Wiener Kulturförderungen als sehr niedrig. Künstlerisch bewertete sie
das Festival als wertvoll und nicht mehr aus dem Wiener Kulturleben
wegzudenken." Ja, Frau GRin Zankl, ich stimme Ihnen zu, es ist nicht mehr
wegzudenken. Und wenn es einmal nicht stattfindet, dann wird das ein Loch
reißen und das ist sehr, sehr schade.
Wir erwarten uns, dass im nächsten Jahr für 2004 das
Festival zumindest soviel Geld bekommt, damit es dann 2004 ausreichend
Geldmittel hat, um ein großes und auch international besetztes Festival auf die
Beine zu stellen. Der Finanzierungsbedarf wurde hier mit 150 000 EUR
angegeben und ich denke, das ist nicht zu hoch gegriffen. Wir hoffen sehr, dass
die SPÖ es mit der Kultur für Lesben und Schwule in dieser Stadt ernst meint
und dass sie es so ernst meint, dass sie diese Summen auch aufbringen wird. Das
ist uns GRÜNE sehr, sehr wichtig und wir werden nicht müde werden weiter zu
fordern, dass "Wien ist andersrum" und all jene Institutionen in
dieser Stadt, die in diesem Bereich tätig sind, ausreichend Geldmittel zur
Verfügung bekommen. - Danke. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: So, als nächster zum Wort gemeldet ist der Herr
GR Dr Salcher.
Aber bevor ich ihn ersuche, mit seiner Wortmeldung zu
beginnen, möchte ich nur im Einvernehmen mit der ÖVP mitteilen, dass bei der
Postnummer 44 mein Abstimmungsvorgang etwas zu schnell war und die ÖVP
hier auch gerne mitgestimmt hätte. (Heiterkeit
bei der SPÖ.) Darf ich das so noch bekannt geben?
So, bitte Herr GR Dr Salcher.
GR Dr Andreas Salcher
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Ich meine, dieser Akt ist ja wirklich einer der
skurrilsten, die es überhaupt je im Wiener Gemeinderat gegeben hat. Wir
beschließen ja heute mit Geldern der Steuerzahler ein Fest, das nicht
stattfinden wird.
Warum ist es zu dieser Situation gekommen? Wir als
Volkspartei - und das haben wir auch in der Ära von StR Marboe gezeigt - haben
nie etwas gegen die Existenz dieses Festes gehabt, im Gegenteil, wir haben es
ja unterstützt, aber wir haben diesem Fest einen bestimmten Betrag und zwar
gemeinsam mit den Beamten zur Verfügung gestellt. Die damalige Vereinsführung
hat sich willkürlich bewusst selbst verschuldet. Das weiß ich, weil ich damals
eingebunden war. Es war ganz klar, wie viel Geld zur Verfügung stehen wird und
dieser Verein hat sich einfach in der Hoffnung darauf, dass es wieder einmal
einen sozialdemokratischen Kulturstadtrat geben wird, der mit der guten Sitte
der Entschuldung fortfahren wird, ganz bewusst verschuldet. Das führt jetzt zu
der wirklich skurrilen Situation, dass es nur mehr eine Entschuldung, aber kein
Fest gibt.
Der neue Vereinsobmann, der hier offensichtlich meiner
Meinung nach wirtschaftlich nicht sehr gut beraten war, wie er das übernommen hat
- das möchte ich auch deklariert sagen - hat mit dieser Misere nichts zu tun.
Aber warum man einen Verein und einen vorhergehenden Geschäftsführer, der ganz
bewusst in diese Richtung gegangen ist, hier mit Steuergeldern entschuldet und
dann kein Festival stattfindet, das ist mir völlig unbegreiflich, weil der
logische Weg wäre ja gewesen, jemand anderen damit zu beauftragen, ein
derartiges Festival durchzuführen und dem das Geld zur Verfügung
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