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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 91

 

GATS bedroht sind.

 

Ich verstehe, dass jede Veränderung Befürchtungen bringt. Auch der Fortschritt - wenngleich Fortschritt an sich ein positives Element ist - birgt natürlich Risken in sich. Das ist schon legitim. (GR Mag Rüdiger Maresch: Was ist bei GATS der Fortschritt?) Wenn man dann solche Horrorszenarien aufzeigt, wo Schlagworte wie "Österreich zu Schleuderpreisen!", "Österreich zum Ausverkauf!", "Die Bombe tickt bis März." enthalten sind, halten Sie, meine Damen und Herren, das für Information? (GR Mag Rüdiger Maresch: Wo ist der Fortschritt bei GATS?) Dann gibt es noch weitere Horrorszenarien, dass 20 000 Gemeindebedienstete gehen müssen, dass die Bildung, die Gesundheit und das schon zitierte Wasser der Öffentlichkeit mehr oder weniger entzogen werden. (GR Mag Rüdiger Maresch: Frau Kollegin, wo ist der Fortschritt bei GATS?)

 

Ich meine, zum Beispiel beim Wasser - darauf muss ich schon noch einmal eingehen - ist die Behauptung, dass das österreichische Wasser an das Ausland ausverkauft wird, völlig falsch und aus der Luft gegriffen. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Das stimmt doch!) Österreich hat mit und ohne GATS völlige Verfügungsgewalt über seine Wasserressourcen. (GR Mag Rüdiger Maresch: Was ist in Niederösterreich? Dort verkauft der Pröll Wasser an die EdF!) Das ist schließlich das Wasser, das ich trinke. Dienstleistungen rund um das Wasser sind durchaus in Diskussion. (GR Mag Rüdiger Maresch: Sie müssen sich informieren! Rufen Sie in Niederösterreich an!) Es ist durchaus legitim, dass man über solche Sachen diskutieren kann.

 

Auch wenn ich Sie jetzt damit langweile, ich werde trotzdem noch einmal darauf zu sprechen kommen, was GATS eigentlich ist. GATS ist ein Liberalisierungsabkommen für den internationalen Dienstleistungshandel. (GR David Ellensohn: Beschaffungskriminalität ist das!) Jedes WTO-Mitglied ist völlig frei in der Liberalisierungstiefe und kann über die zu liberalisierenden Sektoren frei wählen und entscheiden. Das ist das Wesentliche. GATS ist an sich kein Deregulierungsabkommen. Sowohl öffentliche als auch private Monopole können durchaus beibehalten werden, wenn dies die nationale Gesetzgebung vorsieht und wenn das politisch gewünscht ist. GATS zwingt Nationalstaaten nicht dazu, im öffentlichen Besitz befindliche Dienstleistungsanbieter zu privatisieren, zu verschleudern oder was auch immer für Worte Sie wählen wollen. GATS zwingt den Nationalstaaten keine Regelungen auf, wie sie Sicherheitsstandards, Qualitätsstandards, Preise et cetera betreffen könnten, die ein Upgrading darstellen würden. (GR Mag Rüdiger Maresch: In manchen Zeitungen schreiben ÖVPler etwas ganz anderes!)

 

Ich muss noch auf den Begriff der Daseinsvorsorge zu sprechen kommen, weil der heute so häufig strapaziert wurde und weil das eigentlich der zentrale Punkt der Diskussion war. Was mir sehr gefehlt hat, war, dass hier niemand von Chancen gesprochen hat. Das gibt es auch im Rahmen des GATS-Abkommens. Darauf komme ich dann noch zu sprechen.

 

Noch einmal zur Daseinsvorsorge: Ich habe es vorhin gesagt, ich habe es vorweggenommen als Reaktion auf die Ausführungen von der Frau Kollegin Jerusalem. Die EU hat keine Forderungen im Bildungs- und im Gesundheitsdienstleistungsbereich gestellt. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Dafür die USA!) Es wurden Forderungen im Umweltdienstleistungsbereich einbezogen, aber das berührt, wie ich gesagt habe, den Zugang zu den natürlichen Wasserressourcen nicht. Eine Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen per se zu verteufeln, ist auch falsch, meine Damen und Herren. In manchen Bereichen macht es durchaus Sinn. (GR Mag Rüdiger Maresch: In welchen, Frau Kollegin?) Ich glaube, das Wort ist schon oft strapaziert worden, aber es ist zutreffend. Mit Augenmaß kann man da durchaus auch Verbesserungen erzielen (GR Mag Rüdiger Maresch: In welchen Bereichen, Frau Kollegin?) Zumindest ein gewisses Maß an Wettbewerb zuzulassen, kann durchaus auch die Vollversorgung im Rahmen von sparsamen und effizienten Möglichkeiten gewährleisten. (GR Mag Rüdiger Maresch: In welchen Bereichen, Frau Kollegin?) Weil Sie fragen, in welchen Bereichen: Wir haben zum Beispiel private Spitäler, Krankenanstalten, die einen eindeutigen Auftrag haben, was den Standard betrifft, was die Kriterien betrifft. Diese versorgen die Bevölkerung durchaus ausreichend und erfolgreich mit Gesundheitsdiensten. (Beifall bei der ÖVP. - GR Mag Rüdiger Maresch: Es gibt zum Beispiel keine ausländischen Firmen, die Krankenschwestern bei uns anstellen!)

 

Meine Damen und Herren! Tun Sie nicht so, als wäre die rein kommunale, öffentliche Versorgung über jeden Zweifel erhaben, dass sie so wirtschaftlich und sparsam wie möglich ein Maximum an Leistungen bietet. Ich habe heute von Herrn Kollegen Prochaska gehört, es stapeln sich dicke Akten im Kontrollausschuss, die anderes beweisen. Ich erinnere nur an den in der letzten Sitzung diskutierten Bericht über die sozialen Dienste. Ich habe daraus nicht den Eindruck gewonnen, dass das ein Persilschein dafür ist, dass mit öffentlichen Dienstleistungsangeboten sorgsam umgegangen wird, sorgsamer, als dies Private könnten. (GR David Ellensohn: Daher die grüne Forderung: mehr Demokratie, mehr Kontrolle, mehr Transparenz!)

 

Ich komme jetzt noch auf etwas zu sprechen, was mir persönlich ein Anliegen ist. Ich habe es schon erwähnt: Was heute - zumindest bisher - gar nicht angesprochen worden ist, ist, dass dieses freie Dienstleistungsabkommen, dieses Handelsabkommen selbstverständlich auch Chancen für die Wirtschaft mit sich bringt. Es wurde ja mit einer sehr abfälligen Bemerkung der GRÜNEN abqualifiziert, die da etwa so gelautet hat - ich schreibe nicht bei allem mit wie Frau Kollegin Jerusalem, daher werde ich es wörtlich vielleicht nicht ganz treffen, aber es war von irgendwelchen "g'stopften Industriellen" die Rede, die mit einem sehr negativen Touch dargestellt worden sind, als wären sie keine Bürger dieses Staates.

 

Im Übrigen kann man auch darauf hinweisen, dass ja Betriebe, wenn sie ordentliche Rahmenbedingungen vorfinden, diejenigen sind, die die Arbeitsplätze in

 

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