Gemeinderat,
29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 122
lediglich
um 22,8 Prozent.
Wien profitiert von der
Umschulungsoffensive der Bundesregierung, und die tatsächlichen Arbeitsplätze
im vergleichbaren Zeitraum, dem ersten Quartal 2003, sind in Wien
zurückgegangen. Schauen wir uns auch hier mit einem Blick die Zahlen an.
Bereinigt man die tatsächlichen Arbeitsplätze um die Bezieherinnen von
Kinderbetreuungsgeld, um die Präsenzdiener und um die in Schulung stehenden
Personen, so zeigt sich, dass Wien im ersten Quartal 2003 um 1,7 Prozent
verloren hat. Der österreichische Durchschnitt liegt bei bloß 0,5 Prozent.
Besonders bestürzend ist aber die Tatsache, dass - bei den tatsächlichen
Arbeitsplätzen in Wien - Wien auch das Schlusslicht unter allen anderen
Bundesländern war. Wien hat, wie gesagt, im ersten Quartal 2003
12 000 Arbeitsplätze verloren, und das Wirtschaftsforschungsinstitut
legt schonungslos den Finger in die Wunde, wenn es davon spricht, dass etwa der
Rückgang der Produktionswerte der Wiener Industrie nur selten erzielte Ausmaße
erreicht habe, und dass dieser Rückfall so ziemlich alle Branchen betroffen
hat, die Elektroindustrie, als weitaus wichtigste Branche in Wien, aber in
besonders dramatischer Weise.
Das WIFO spricht auch davon, dass diese Produktionsentwicklung in Wien
von einem dramatischen Beschäftigungsabbau begleitet wurde und dass der
Beschäftigungsrückgang in den Wiener Betrieben, die in der Sachgüterproduktion
tätig sind, fast das Dreifache des Österreichdurchschnitts betragen hat.
Schonungsloser könnte man die Situation der Wiener Wirtschaft wohl nicht
analysieren.
Eine letzte Bemerkung auch aus dem öffentlichen Sektor in Wien, die auch
den Wiener Magistrat betrifft: Auch die Stadt Wien baut Arbeitsplätze ab. Die
Stadt hat 2002 ihren Personalstand um insgesamt 1 882 Be-dienstete
reduziert und der öffentliche Sektor ist in Wien für rund ein Drittel aller
verlorenen Arbeitsplätze verantwortlich.
Meine Damen und Herren, wir halten daher fest, die Wiener
Arbeitsmarktpolitik ist gescheitert. Wien hat sich vom Spitzenreiter auf dem
Arbeitsmarkt zum Schlusslicht auf dem Arbeitsmarkt entwickelt. Die Wiener
Rathaussozialisten konnten noch 1975 den ersten Platz in dieser
Arbeitsmarktstatistik im österreichweiten Vergleich für sich reklamieren. Und
im Jahr 2002 ist nach einer Talfahrt in den achtziger und neunziger Jahren
daraus letztlich das Schlusslicht im Bundesländer-Ranking geworden.
Wir halten daher fest: Das sozialistisch regierte Wien hat sich in den
letzten dreißig Jahren vom Spitzenreiter zum Schlusslicht am Arbeitsmarkt
entwickelt. Dieser Negativtrend ist durch eine falsche Arbeitsmarktpolitik in
Wien hausgemacht, denn er war unabhängig von der Zusammensetzung der jeweiligen
Bundesregierung oder der aktuellen Konjunktursituation. Nichts könnte das
Versagen der Wiener Finanzstadträte besser dokumentieren als diese Zahlen, und
daher lehnen wir auch den Rechnungsabschluss 2002 ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste
Rednerin ist Frau GRin Ludwig gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GR Martina LUDWIG (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr
Vizebürgermeister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte kurz auf meine Vorredner eingehen. Kurz zu
dir, Kollege Margulies. Ich hab da sehr genau zugehört, weil ich es fast nicht
glauben konnte, dass du das tatsächlich gesagt hast. Aber wenn du sagst, Wien
sei nicht lebenswert, und wir sollten Wien wieder zu einer lebenswerten Stadt
machen, dann weiß ich nicht genau, wo du deine Zeit verbringst. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Zu einer
lebenswerten Stadt, habe ich gesagt!) Anscheinend nur in internen
Parteisitzungen, ja, wo ihr euch gegenseitig dann irgendwie anjammert.
Ich kann nur sagen, es gibt viele Probleme in dieser
Stadt, wie in anderen Städten auch, und ich werde auf einige eingehen. Aber
dass Wien keine der lebenswertesten Städte ist, das denke ich mir, das traust
du dich ohnedies nur da zu sagen, denn wenn du das den Wienerinnen und Wiener
sagst, dann glauben sie es dir nicht und würden sich fragen, von welcher Stadt
du sprichst.
Ich habe das Vergnügen gehabt, die letzten Tage
wieder auf dem Donauinselfest zu verbringen, und ich muss sagen, auch hier hat
man gespürt, diese Stadt pulsiert, in dieser Stadt ist was los und die Wiener
und Wienerinnen fühlen sich in Wien sehr wohl. Und darüber bin zumindest ich
sehr froh. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte kurz auf Frau Kollegin Rothauer eingehen und auch dem Herrn
Kollegen Serles zeige ich’s, weil ich mir manchmal denke, sie verwechseln
irgendwie die Häuser, den Wiener Gemeinderat und Landtag hier und da drüben das
Parlament.
Arbeitsmarktpolitik wird nicht von einer Stadt allein gemacht, vor allem
dann nicht, wenn es um AMS-Mittel geht, die ja - und ich hoffe, das wissen Sie
- vom Bund gespeist werden. Und dass Arbeitsmarktmittel nicht erhöht, sondern
gesenkt wurden, ist Ihnen ja hoffentlich auch bekannt, und wie es mit dem
Wirtschaftswachstum Österreichs ausschaut, ist Ihnen, hoffe ich, auch bekannt.
Und ich habe Ihnen nur eine Grafik mitgebracht, die das sehr
schön zeigt. Die zeigt nämlich sehr deutlich, dass das Wirtschaftswachstum
Österreichs eigentlich immer gleichauf mit jenem der EU war, aber siehe da,
seit dem Jahr 2001 geht’s da irgendwie ziemlich stark auseinander. Der schwarze
Balken hier ist Österreich und das Wirtschaftswachstum Österreichs liegt seit
dem Jahr 2000 weit unter dem der EU. (Heiterkeit bei der ÖVP. – GR Dr Kurt
Stürzenbecher: Das ist bezeichnend!) Ja, wir alle ziehen unsere Schlüsse
daraus, und wenn Sie von Investitionspolitik sprechen, dann glaube ich, kann
das Wiener Budget mit dem des Bundes hier sehr wohl gleichhalten. Ganz im
Gegenteil zum Bund investieren wir. Und es wirkt sich eben auch aus, dass sich
die Bundesregierung hier zurück genommen hat. Das wirkt sich leider auch aus,
und das zeigt sich an
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