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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 23.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 122

 

Wirtschaftskammer dies abgelehnt haben. Das ist Ihre Wirtschaftpolitik! Das ist die Politik, wo Sie behaupten, diese für Klein- und Mittelbetriebe zu machen! Aber so wie die Wählerinnen und Wähler in Wien die Vorgangsweise der Oppositionsparteien beziehungsweise der Regierungsparteien auf Bundesebene durchschaut haben, werden sie das auch in Zukunft in der Wirtschaftskammer machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Pfeiffer. - Bitte. - Die Redezeit ist 20 Minuten, Herr Gemeinderat.

 

GR Gerhard Pfeiffer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Wieder einmal erlaube ich mir, anlässlich des Rechnungsabschlusses Ihre Aufmerksamkeit auf den Biotechnologiecluster Heiligenstadt zu richten. Und wieder einmal hoffe ich, nicht vor ganz tauben Ohren zu sprechen, wiewohl nunmehr fünf Jahre ins Land gezogen sind und ich schon den zweiten Wirtschafts- und Finanzstadtrat, Stadträtin zuerst und jetzt den Herrn VBgm Rieder erlebe. Obwohl es meine fünfte Rede zu diesem Gegenstand ist, muss ich konstatieren, seitens des Finanzressorts hat es bisher keinerlei wie immer geartete Unterstützung für diese doch sehr wichtige Frage gegeben. Dennoch werde ich nicht müde werden, Ihnen die Situation vor Augen zu führen.

 

Unsere Stadt hat trotz der verlorenen Zeit - fünf Jahre - die Chance, als Bioregion Wien, ein globaler Player zu werden. Das ist gar nicht so ohne. Warum soll diese Chance genützt werden? Warum soll es diese Bioregion Wien geben? - Die Biotechnologie ist vermutlich die wichtigste und ertragreichste Zukunftstechnologie. Ich habe das alles schon einmal kurz erwähnt, möchte es aber jetzt noch einmal - noch kürzer - sagen. Die Fakten sind relativ klar, es soll aber doch die Rede zumindest in irgendeinem Zusammenhang stehen und nicht nur Schlagworte ausgetauscht werden.

 

Die EDV, die Informationstechnologie, unterliegt heute schon einem reinen Verdrängungswettbewerb. Würden wir in der Stadt noch so viel investieren, so könnten wir gerade an diesem Verdrängungswettbewerb teilnehmen. Die großen Profiteure würden wir nicht werden.

 

Die Nanotechnologie als zweite große Zukunftstechnologie ist eine solche, die noch sehr tief in den Kinderschuhen steckt und daher noch einer langen Grundlagenforschung bedarf. Sie wissen, Nanotechnologie ist jener Nanobereich, wo mit molekularen Maschinen gearbeitet werden soll, unter anderem auch in der Medizin.

 

Die Werkstofftechnologie als dritte wirklich große Zukunftstechnologie bedarf davor und danach jeweils großer Industrien, zuerst Grundstoffindustrien, welche die Vorläufer dieser Werkstoffe erarbeiten, dann kommt die Umwandlung und schließlich jene Industrien, die danach diese neuen Werkstoffe wiederum verarbeiten. Dafür ist Wien nicht der geeignete Standort. Dafür kommt eher das Ruhrgebiet oder dergleichen mehr in Frage.

 

Es bleibt also von den vier großen Zukunftstechnologien für uns tatsächlich nur die Biotechnologie als jene, die eine Bioregion, eine ganz wichtige Standortinvestition, sinnvoll macht. Warum lebt diese Chance für eine solche Bioregion? Ich sage es trotz der nunmehr schon fünf verlorenen Jahren wieder dazu, wobei sie nicht ganz verloren sind. Ich werde gleich sagen, warum. Warum lebt diese Chance immer noch?

 

Da ist zuerst einmal die historische Entwicklung von Wien als Standort, denke ich nur an die zwei Wiener medizinischen Schulen, an die Physik, an die Chemie. Die meisten unserer Nobelpreisträger seit der Jahrhundertwende kommen aus diesem Bereich. Diese Wissenschaft, in Wien angesiedelt, hat immer schon ein hohes Ansehen gehabt und hat auch dazugeführt, dass Firmen hierher gekommen sind oder sich hier etabliert haben. Ich denke nur an die Immuno, die einen guten weltweiten Ruf in dieser Biotechnologie für Wien begründet hat. Aus diesem Grund haben sich auch große, weltweit führende Unternehmen, wie zum Beispiel Baxter, wie zum Beispiel Boehringer Ingelheim, wie zum Beispiel Novartis, österreichische Betriebe gesucht, zum Teil aufgekauft oder sind hierher gesiedelt. Diese Betriebe haben dann die Biotechnologie in ihrem Sinne, für das große Unternehmen, weitergeführt. Biotechnologie Kundl zum Beispiel für Novartis oder eben die Immuno für Baxter, nur als Beispiele.

 

Das Zweite, warum diese Bioregion immer noch eine Chance hat, hier verwirklicht zu werden und warum diese Chance verwirklich werden sollte, ist, dass wir durch Glück und Geschick eigentlich drei ganz wichtige Biotechnologien hier aufgebaut haben. Das eine ist das VBC, das Vienna Bio Center in der Bohrgasse, das auch weiterhin ausgebaut wird, das mit Hilfe der Universität Grundlagenforschung betreibt und das ein ganz wichtiger Standort werden wird. Es ist dankenswert - das muss man sagen -, dass die Gemeinde Wien hier massiv teilgenommen hat, um das zu entwickeln und mit Geld, mit Strukturen und dergleichen mehr auszubauen.

 

Das Zweite ist die Verfahrenstechnologie. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn in der Grundlagenforschung verdient man meist nicht sehr viel Geld. Da braucht man lang dazu, braucht viele Ideen, braucht vor allem auch Glück, um gerade die vernetzten, wissenschaftlichen Zusammenhänge zum richtigen Zeitpunkt - dieser Heurekaeffekt ist in der Grundlagenforschung ja bekannt - zu bekommen. In der Verfahrenstechnologie schaut es anders aus. Hier ist Ingenieurswissen, Wissen, wie diese Grundlagenforschungsergebnisse in industrielle Produktion umgesetzt werden, gefragt. Hier bedarf es entsprechender handwerklicher Fähigkeiten. Hier bedarf es - ich sage es noch einmal – Ingenieurswissen. Das geht bis hin zu großen Installationen, sowohl materieller Art, wie es zum Beispiel Bioreaktoren und dergleichen sind, aber auf der anderen Seite auch ideeller Art, wie es zum Beispiel große Programmpakete sind, die zur Steuerung solcher Produktionsvorgänge notwendig sind.

 

Dieser Teil, Verfahrenstechnologie, ist der, der Geld bringt. Grundlagenforschungsergebnisse können bald einmal einen Vater finden. Da ist ein Patent nicht so langlebig, dass diese Idee nicht vielleicht dann doch

 

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