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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 67 von 134

 

Thema politische Druck: Sie erinnern sich vielleicht noch ganz gut an den Antrag einer SPÖ-Bezirksorganisation – es ist noch nicht so lange her –, in dem man allen Ernstes beantragt hat, zu überprüfen, ob man den UVS Wien nicht überhaupt ersatzlos auflösen könnte und anstelle dessen einen unabhängigen Landesombudsmann mit politischer Besetzung ins Leben rufen soll. – Politischer Druck.

 

Finanzieller Druck: Fall Windsteig. Das ist auch der Grund, warum wir jetzt ein neues Dienstzeitengesetz für den UVS bekommen. Beim Fall Windsteig ist nicht mehr und nicht weniger passiert, als dass ein Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien seine Arbeit an seinem Zweitwohnsitz verrichtet hat, das auch eingetragen hat in die üblichen Bücher, auch mit Geschäftszahlen und alles. Er hat sich dorthin zurückgezogen, um in Klausur zu arbeiten, woraufhin man von der MA 2 einfach das Gehalt für vier Tage einbehalten hat.

 

Also es würde mich interessieren, wie oft es bei 60 000 Gemeindebediensteten passiert, dass man jemandem vier Tage Gehalt einbehält. Bei 50 Mitgliedern des UVS ist es immerhin einmal passiert.

 

Es hat auch gereicht, dass diese Entscheidung vom Dienstrechtssenat bestätigt worden ist. Vor dem Verfassungsgerichtshof hat sie dann letztendlich nicht mehr gehalten. Glücklicherweise hat sich dieser Verfassungsgerichtshof dem Minority Votum des Richters in diesem Dienstrechtssenat angeschlossen.

 

Oder – ich habe in einer der letzten Landtagssitzungen davon berichtet – der Fall des Oberamtsrates G.: Vielleicht erinnern Sie sich noch, das ist jener Oberamtsrat, der sowohl als Behördenleiter bei der Amtshandlung eingeschritten ist als auch dann als Behördenvertreter im Verfahren vor dem UVS Wien. Es wurde notwendig, eine sitzungspolizeiliche Verfügung durch ein richterliches Organ zu treffen, und gegen diese Verfügung hat nun der Herr Oberamtsrat G. nicht etwa Rechtsmittel ergriffen – er hätte diese Maßnahme mit dem Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof bekämpfen können –, nein, man hat sich bei der Präsidentin des UVS beschwert. Und was hat die Präsidentin des UVS gemacht? Sie hat diese Beschwerde aufgenommen und ein Disziplinarverfahren gegen das UVS-Mitglied eingeleitet. – Dritter Fall der Einflussnahme.

 

Vierter und wahrscheinlich relevantester Fall der Einflussnahme: Es ist noch nicht so lange her, dass ein Disziplinarrecht vom Landtag beschlossen worden ist, in dem das einzigartige Kuriosum verewigt worden ist, dass nämlich die Kontrollierten die Kontrollierenden kontrollieren.

 

Es ist ja so, dass der Magistrat als erste Instanz vom UVS als zweite Instanz kontrolliert wird. Nicht so im Dienstrecht. Da gibt es Magistratsbedienstete, die die UVS-Beamten dann disziplinarrechtlich zu beurteilen haben, was natürlich eine schon einigermaßen seltsame Situation ist.

 

Jetzt hat man da einen Disziplinaranwalt, der Magistratsbediensteter ist. (GR Godwin Schuster: Und zwei unabhängige Richter!) Zwei unabhängige Richter, Herr Kollege Schuster, ich komme schon darauf. Wir haben einen Disziplinaranwalt – das ist ein Gemeindebediensteter, da sind wir uns einig, ja –, der ermittelt und erhebt Anklage beim Disziplinarausschuss. Wenn der Disziplinarausschuss die Meinung des Disziplinaranwaltes nicht teilt, dann kommt es zur Berufung, und wir kommen zu dem von Ihnen so hervorgehobenen Disziplinarsenat, in dem tatsächlich zwei Richter sitzen, aber auch zwei Magistratsbeamte. Das heißt, wir haben wieder die Situation, dass diejenigen, die an sich kontrolliert werden sollten, die Kontrollierenden kontrollieren.

 

Und dann gibt es das Ganze noch ein drittes Mal, weil man jetzt nämlich vorhat, die Amtsbeschwerde einzuführen. Selbst wenn der Disziplinarsenat dann dem Disziplinaranwalt wieder nicht recht gibt, kann der gegen das UVS-Mitglied noch einmal vorgehen, indem er die Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof einbringt.

 

Thema Personal: "Mit 9 000 Euro in die Frühpension – Gesetzeslücke für Stadtpolitiker". So titelt die "Kronen Zeitung", und man kann es ihr nicht verübeln. Das ist im Prinzip richtig, was nicht ganz richtig ist, ist, dass es sich um eine Gesetzeslücke für Stadtpolitiker handelt, denn automatisch bekommt ein Stadtpolitiker keine 9 000 EUR Pension. Die bekommt er nur dann, wenn Rot und Grün gemeinsam in der Gemeinderätlichen Personalkommission so abstimmen. So geschehen am 3. Juli dieses Jahres. Unter den Versetzungen in den Ruhestand von Amts wegen befand sich auch Johann Benke, der seinerzeitige Bezirksvorsteher des 9. Bezirkes. Mit 58 ½ Jahren und 9 000 EUR in Pension geschickt. Verstehen tun das die Wienerinnen und Wiener nicht, aber Rot und Grün werden wissen, warum sie so abgestimmt haben. (Zwischenruf von GR Günther Barnet.) Ich gebe durchaus zu, dass auch eine negative Seite durchaus ihre positiven Seiten haben kann, wie in dem von Ihnen erwähnten Beispiel.

 

Fall Hundstorfer: Wir wissen bis heute nicht, welche besonderen Verdienste dazu geführt haben, dass der Herr Vorsitzende Hundstorfer vom B-Beamten zum A-Beamten avanciert ist. Ah, da hinten steht er ja; er wird uns das vielleicht noch erläutern können. Wenn ich recht informiert bin, dann ist es so, dass nur 25 Beamte im Aktivstand in den Genuss einer solchen Beförderung kommen können, die dann aber auch Besonderes für diese Stadt leisten müssen. Meinen Informationen nach hat der Herr Vorsitzende nicht vor, das zu tun. Er wird als Gemeindebediensteter keinerlei Tätigkeit ausüben.

 

Natürlich hat das Ganze aber auch eine pekuniäre Bedeutung, denn es ist natürlich nicht so, dass das finanziell überhaupt keine Auswirkung hätte. Das hängt wiederum mit den Regelungen über die Dienstfreistellung von Politikern zusammen. Und da ist es vielleicht auch nicht uninteressant, sich einmal die drei Möglichkeiten, die drei Varianten der Dienstfreistellungen näher anzuschauen.

 

Da gibt es einmal die allgemein übliche Variante A nach der Bundesverfassung. In der heißt es, dass Dienstbezüge in dem Ausmaß der tatsächlich erbrachten

 

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