Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 98
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Bitte, Herr
Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Herr Gemeinderat! Ich will zur Stunde gar nichts ausschließen, genauso wie ich
mich nicht auf die Priorität für eine Trassenvariante festlegen lasse, denn,
wie gesagt - ich wiederhole mich hier -, wir befinden uns am Beginn einer
Diskussion, und wir wägen hier ab. Zweifelsohne gibt es eine Menge Argumente,
die gegen die jetzt von Ihnen hier genannte Variante sprechen, nicht zuletzt
auch die Form der Besiedlung in diesem Gebiet und die Raummöglichkeiten für
eine leistungsfähige Straße. Das soll außer Zweifel stehen. Aber ich bitte noch
einmal, zu verstehen, dass ich nicht am Beginn einer solchen Diskussion
präjudiziell wirken will. Ich habe Bedingungen genannt, und dabei will ich es
zur Stunde auch belassen.
Im Übrigen freue ich mich immer, wenn wir über
inhaltliche Fragen diskutieren können. Da tun wir uns sicherlich leichter als
in politischen.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke, Herr
Bürgermeister. Die Fragestunde ist somit beendet.
Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Die
sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats hat eine
Aktuelle Stunde mit dem Thema "Wiener Theaterreform – ein wichtiger
Schritt in der Kulturhauptstadt Wien" verlangt. Das Verlangen wurde gemäß
§ 39 Abs. 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte den Erstredner, Herrn GR Woller, die
Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit
10 Minuten begrenzt ist. - Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Ernst Woller (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Einen schönen guten Morgen!
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kuratoren!
Ich möchte die Aktuelle Stunde zum Thema
Kulturpolitik einleiten. Wir wissen, dass kulturpolitische Diskussionen in
diesem Haus oft sehr kontroversiell sind - und ich verhehle auch nicht, dass
ich an diesen kontroversiellen Diskussionen auch immer gerne teilgenommen habe.
Umso bemerkenswerter ist nicht nur die Tatsache, dass heute zwei historische
Beschlüsse für die Kulturpolitik der Stadt Wien gefasst werden, sondern es ist
auch besonders bemerkenswert, dass beide Beschlüsse einstimmig gefasst werden
und dass damit alle vier politischen Parteien im Wiener Gemeinderat gemeinsam
deutlich machen, dass sie nicht nur über die große Bedeutung, die Kunst und
Kultur in dieser Stadt haben, einig sind, sondern auch in den wesentlichen
inhaltlichen Fragen Konsens besteht.
Es ist tatsächlich nicht übertrieben, von
historischen Beschlüssen zu sprechen. Der erste große Wurf, der heute dem
Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny gelingt, ist die Beschlussfassung über
den Fonds für Kunst im öffentlichen Raum. Dass Wien Theaterstadt und Musikstadt
ist, ist ja unbestritten. In den letzten Jahren ist es Wien durch viele
Maßnahmen gelungen, auch zu einer bedeutenden Stadt der zeitgenössischen
bildenden Kunst zu werden. Es gibt einen Boom an Museen, Galerien,
Ausstellungen und wie noch nie, einen Besucherzustrom. Es ist erfreulich, dass
mit dem heutigen Beschluss über Kunst im öffentlichen Raum der Weg in die
Öffentlichkeit gefunden wird und dass die bisher sehr bescheidenen und
ungeordneten Ansätze nun verstärkt werden und qualitativ abgesichert werden,
nämlich durch ein eigenes Budget und durch fachlich kompetente
Entscheidungsstrukturen.
Der zweite große Wurf, den wir heute hier
beschließen, ist das eigentliche Thema dieser Aktuellen Stunde, nämlich das
Leitbild zur Wiener Theaterreform. Wien ist unbestritten eine wichtige
Theaterstadt. Es war in der letzten Zeit aber auch unbestritten, dass es trotz
der Tatsache, dass Wien so eine theaterverrückte, theaterbegeisterte Stadt mit
einem großartigen Angebot ist, dennoch notwendig ist, eine Reform
durchzusetzen.
Es gibt in der langen Geschichte der Wiener
Theaterförderung unzählige Reformversuche und Reformschritte. Ich erwähne nur,
dass nach der Ausweitung des Theaterangebots durch Mittel- und Privattheater in
den sechziger und siebziger Jahren, dann durch über hundert freie
Gruppen ...
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik (unterbrechend):
Meine Damen und Herren! Darf ich darum bitten, dass Sie hinter den Sitzreihen
und auch in den Sitzreihen leiser sprechen. Der Lärmpegel im Saal ist so hoch, dass
man nicht mehr hört, was der Redner am Rednerpult sagt, obwohl er in ein
Mikrophon spricht. - Danke.
GR Ernst Woller (fortsetzend):
Nach der Ausweitung des Wiener Theaterangebots durch die Gründung und
Etablierung von Mittel- und Kleintheatern im Privattheaterbereich und die
Schaffung von über hundert freien Gruppen in dieser Stadt, wobei - um da einen
Gradmesser zu zeigen – in der Amtszeit von Ursula Pasterk das Budget innerhalb
von wenigen Jahren verzehnfacht worden ist, wurden verschiedene Reformschritte
und Reformversuche gestartet:
Ein 100-Punkte-System, wobei 40 Punkte durch
eine Jury und 60 Punkte durch die MA 7 auf Grund von objektiv
nachvollziehbaren Kriterien vergeben worden sind;
die Einführung eines vielschichtigen Beiratsystems,
insbesondere für die Förderung der freien Gruppen; dann in der Zeit von Peter
Marboe Dreijahresverträge, durch die die Förderung auf drei Jahre abgesichert
worden ist, was vielen Theatern natürlich sehr entgegengekommen ist, was aber
insgesamt eher zu einer Stabilisierung, aber auch zu einer Verfestigung der
Situation geführt hat.
Im Jahre 1997 gab es hier einen Antrag der SPÖ,
einen Strukturplan für die darstellende Kunst zu schaffen. Dieser wurde in der
Folge diskutiert, er ist aber leider in dieser Amtszeit nicht zustande
gekommen.
Eine Initialzündung war dann tatsächlich auch ein
Papier, das Mag Thomas Stöphl und Dr Robert Dressler geschrieben
haben. Es war ein magistratsinternes Papier über Theater in Wien, in dem viele
Punkte, die heute hier beschlossen worden sind, schon angesprochen wurden.
Der eigentliche Durchbruch erfolgte dann bei einer
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