Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 98
sagen, dass man nicht tun soll, wird gemacht. Und da, liebe
Sozialdemokraten, habt ihr ein Problem mit Verweisen auf Walter/Mayer, da seid
ihr bei mir beim Falschen, ich lese das nämlich manchmal nach.
Ich liebe auch die Satzungen des Fonds Soziales Wien.
Die haben, wie soll ich sagen, so etwas erfrischend Prickelndes. Da fühlt man
sich in seiner Kompetenz als Gemeinderat nahezu herausgefordert, jeden Tag
herzukommen und über diese Satzungen nachzudenken. Mein persönlicher
Lieblingsparagraph ist der § 17 betreffend den Beirat. Der ist
sensationell. Da müssen sich Leute wirklich lange etwas überlegt haben, damit
sie auf so eine Idee kommen. Da steht Folgendes:
§ 17 Abs. 3: "Der Beirat besteht aus
dem/der für die Dotation des Fonds Soziales Wien zuständigen amtsführenden
Stadtrat oder Stadträtin" – wunderbar! – "und einer vom Gemeinderat
zu bestimmenden Anzahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern, die jeweils
mindestens zehn betragen muss." Na hallo! Das ist ja eine Bestimmung, wie
sie normal in der Geschäftsordnung drinnen steht, in der Geschäftsordnung eines
Gemeinderates oder einer gesetzgebenden Körperschaft. Warum steht das in den
Satzungen des Fonds Soziales Wien? Warum erlaubt uns der Fonds Soziales Wien,
dass wir mindestens zehn sein dürfen? Vielleicht wollen wir nur acht sein,
vielleicht auch nur sieben. Was maßt sich der Fonds Soziales Wien an, in die
geschäftsordnungsmäßigen Kompetenzen dieses Hauses einzugreifen? Das ist eine
Bestimmung, meine Damen und Herren, die nicht in die Satzungen des Fonds
Soziales Wien, sondern in die Geschäftsordnung hineingehört. Aber davon
verstehen Sie nichts oder Sie wollen nichts verstehen oder Sie wollen uns
draußen haben. Das ist die Wahrheit. (Beifall bei der FPÖ.)
Die nächste Bestimmung, die ist auch so schön, die
gefällt mir auch gut: "Der Gemeinderat entsendet die Mitglieder des
Beirates mit Mehrheitsbeschluss aus dem Kreis seiner aktiven Mitglieder für die
Dauer eines Legislaturperiode." – Schön. Aber was maßt sich der Fonds
Soziales Wien an, uns das zu sagen? Das ist eine Bestimmung, die in die
Geschäftsordnung hineingehört, aber nicht in die Satzungen des Fonds Soziales
Wien. Die hat hier nichts verloren! Und wenn Sie kein Rechtsverständnis haben,
dann wundert es mich auch nicht, dass Sie so mit uns umgehen. Sie haben halt
kein Rechtsverständnis. Das ist das Problem. (Beifall bei der FPÖ.)
Oder der Absatz 8. Also der ist ja in meiner
Reihung der Lieblingsabsätze ziemlich weit vorne, denn der ist auch genial:
"Die Mitglieder des Beirates haben das Recht, spätestens eine Woche vor
der Sitzung des Beirates schriftliche Anfragen an den/die Geschäftsführer/in zu
richten." Danke! Danke, dass ich dem Herrn Hacker einen Brief schreiben
darf – ich mag ihn ja irgendwie, er ist ja lieb –, was ich nächste Woche gerne
fragen möchte. Also die Bestimmung ist auch eine Sensation. Die ist in der nach
oben offenen Skala der Unglaublichkeitsbestimmungen ganz, ganz weit oben. Da
habt ihr euch echt übertroffen.
Oder der berühmte § 18 – der ist nahezu der
Zenit, es kann fast nicht mehr schlimmer werden –: Kontrolle. Also im
Zusammenhang mit dem Fonds Soziales Wien von Kontrolle zu sprechen, das ist
einfach eine Verhöhnung. Das Gegenteil ist der Fall. Aber jetzt muss man sich
die Bestimmung auf der Zunge zergehen lassen: "Der Fonds Soziales Wien
unterliegt außer der durch Gesetze geregelten Kontrolle ..." Welche
ist das? Wissen wir das? Driemer? Ein kleines Fragespiel: Wissen wir es? Nein,
wir wissen es nicht. (Ironische
Heiterkeit bei der FPÖ.) Gut. Also wir wissen es nicht. Genau. Es geht
Ihnen wie mir, ich weiß es auch nicht. Ich habe versucht, herauszufinden, was
das ist. Der Rechnungshof ist es nicht: nicht gesetzlich geregelt; die
Volksanwaltschaft ist es nicht: nicht gesetzlich geregelt; der Gemeinderat ist
es nicht: nicht gesetzlich geregelt; der Ausschuss ist es nicht: nicht gesetzlich
geregelt. Die Stadträtin? Darüber kann man diskutieren. Der Stadtsenat? Nein.
Er ist keine Fondsbehörde mehr. Nichts da! Schluss mit lustig! Was bleibt da
viel über? (GR Heinz-Christian Strache: Das Kontrollamt!) Danke,
Heinz-Christian! Das Kontrollamt bleibt über, das ist durch Gesetz geregelt.
Aber jetzt
der zweite Halbsatz: "... jener durch Organe der Stadt Wien und durch
sie beauftragte Dritte." Welche Organe der Stadt Wien sind das, die die
Kontrolle ausüben? Wo steht das? In welcher Bestimmung der Stadtverfassung,
Kollege Driemer, die Sie mir zuerst vorlesen wollten, steht drinnen, welche
Organe das sind, die das kontrollieren? Keine! Es gibt kein Organ der Stadt
Wien in dieser Stadtverfassung, das die geschäftsordnungsmäßige oder
verfassungsmäßige Kompetenz der Kontrolle hat. Es gibt keines, es tut mir Leid,
außer dem, das wir zuerst genannt haben. Das ist der erste Halbsatz, der zweite
Halbsatz ist daher eine Verhöhnung. Der schreit nahezu danach, ihn einfach
herauszustreichen und zu sagen: Was soll der ganze Zinnober? Sie wollen ja gar
nicht, dass wir kontrollieren. Sagen Sie es doch einfach. Sagen Sie: Wir wollen
nicht, dass ihr kontrolliert. Wir wollen euch kein Geld geben. Wir wollen das
alles in eigener Hand machen, und wir wollen uns politisch nicht mehr damit
auseinander setzen. Das wäre wenigstens glaubwürdig, und das würde dem
entsprechen, was Sie in den letzten zehn Monaten mit der Opposition und mit der
Öffentlichkeit in dieser Stadt getan haben. (Beifall
bei der FPÖ.)
Aber es wird ja noch skurriler. Als ich mir das zu Hause
vorbereitet habe, habe ich mir gedacht, jetzt musst aber aufpassen, denn jetzt
bist du schon nahe am Kasperltheater. Aber es geht noch skurriler, man glaubt
es ja gar nicht. Das Schönste ist der neueste Beschluss des Stadtsenates über
den Fonds Soziales Wien. Der ist ja auch wieder herrlich. Man muss sich einmal
genau durchlesen, was der Stadtsenat beschlossen hat, um es in seiner ganze
Fülle zu verstehen. Den Fonds gibt es schon, die Fondssatzungen sind schon geändert.
So steht es im Geschäftsstück drinnen, aber das stimmt gar nicht, die sind noch
nicht geändert, die Behörde hat es noch gar nicht beschlossen. Halten wir das
einmal fest: Die Fondssatzungen sind noch gar nicht geändert. Im
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