Gemeinderat,
38. Sitzung vom 16.01.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 35
und -gehen.
Ich habe Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ,
in der letzten Sitzung die Gelegenheit gegeben zu sagen: Ja, auch wir sind
dafür, dass das Jugendwohlfahrtsgesetz vollzogen wird. - Sie haben dankend
abgelehnt, und auch das ist ein Grund, warum ich noch einmal darüber sprechen
möchte.
An die Adresse der Stadträtin gerichtet: Noch einmal:
Das Jugendwohlfahrtsgesetz macht keinen Unterschied zwischen Kindern und
Jugendlichen, die eine österreichische Staatsbürgerschaft haben, und jenen, die
diese Staatsbürgerschaft nicht haben. Es müssen alle gleich behandelt werden! -
Das ist das Erste.
Zweitens: Das Gutachten des
Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte sagt ganz klar: Die Länder sind
zuständig und müssen diese Jugendlichen versorgen. - Es ist schon richtig,
danach muss auch der Bund Geld refundieren, aber zunächst einmal kommt das
Gutachten zu dem eindeutigen Ergebnis - und ich zitiere jetzt wortwörtlich -,
dem zufolge der Jugendwohlfahrtsträger, also das Jugendamt, als Vormund zu
bestellen sei und sowohl für eine geeignete Unterbringung als auch für eine
adäquate Betreuung zu sorgen habe.
Das heißt, Wien ist gesetzlich dazu verpflichtet -
gesetzlich dazu verpflichtet! -, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu
versorgen, unabhängig davon, ob, wann und in welcher Höhe der Bund die Kosten
refundiert. Das Jugendamt hat die Aufgaben eines Vormundes zu übernehmen, ist
für Pflege und Erziehung der Minderjährigen zuständig.
Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie wissen das,
und Sie sind dazu aufgerufen, etwas dazu zu tun, dass die Stadträtin davon
überzeugt wird, dass dieses Gesetz in Wien vollzogen wird.
Ich habe eine Anfrage gestellt, um zu erfahren, um wie
viele Jugendliche es sich denn nun eigentlich handelt, und ich bin sehr froh,
dass mir die Frau Stadträtin wahrheitsgemäß Zahlen geliefert hat, die ja für
sich - und gegen die Politik der Frau Stadträtin - sprechen: Alleine im
Jahr 2003, bis Ende Oktober 2003 sind im Kompetenzzentrum 1 302
neue Fälle – neue Fälle!, da sind noch die anderen auf der Straße spazieren
gegangen - bekannt geworden. Untergebracht sind auf Kosten der Stadt genau 162
und in der Bundesbetreuung 384. Und deswegen spreche ich mit Fug und Recht, auf
der Basis einer Anfragebeantwortung der Frau StRin Laska, davon, dass Hunderte
unbegleitete Jugendliche - viele von ihnen haben eine schwarze Hautfarbe - auf
der Straße unversorgt und obdachlos herumgehen. Fallweise können sie bei irgendwelchen
Bekannten übernachten, fallweise auf irgendwelchen WC-Anlagen, in Kellern von
Abbruchhäusern, auf der Donauinsel. Kalt ist es. Sie haben auch abgelehnt, ein
Notquartier in der Meldemannstraße aufzusperren. - Alles das ist mit einem
sozialen Gewissen absolut unvereinbar und geht letztlich auf das Konto von Frau
StRin Laska, was ich außerordentlich bedauere.
Ich möchte die verbleibende Zeit nunmehr dazu
verwenden, um über eine - ich sage jetzt wohl: anonyme - Beschwerde und Anzeige
gemäß § 54 Geschäftsordnung des Magistrats gegen die Jugendamtsleiterin zu
sprechen. Ich brauche jetzt hier nicht alles vorzulesen, was ihr vorgeworfen
wird. Aber es ist jedenfalls Folgendes zu bemerken: Sollte ihre Äußerung gegen
Jugendliche, zumeist schwarze Jugendliche, die zu diesem Zeitpunkt im
Kompetenzzentrum anwesend waren und in Bezug auf die sie angeblich - man muss
immer sagen: angeblich, laut einer anonymen Anzeige - gesagt haben soll:
"Diese Arschlöcher vergiften unsere Kinder mit Drogen", tatsächlich
gefallen sein, sollte sie das gesagt haben, dann ist es schwerst rassistisch,
und selbstverständlich könnte so jemand nicht weiterhin das Jugendamt leiten.
Es ist daher wichtig - und alle Abgeordneten dieses Hauses müssen ein Interesse
daran haben -, diesen Vorfall aufzuklären. Und er ist klärbar, denn wenn die
Jugendamtsleiterin das weder gesagt noch getan hat, dann ist sie reinzuwaschen
und dann ist das klarzustellen. Dann muss das nicht, dann darf nichts an ihr
hängen bleiben und überbleiben. Wenn sie das aber gesagt hat, dann muss sie die
Funktion verlassen. Es ist leicht zu verifizieren, denn die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter können befragt werden und müssen wahrheitsgemäß antworten. Die
können das bestätigen oder sagen, das ist die Phantasie eines kranken Gehirns.
Oder aber: Es ist auch zu verifizieren, ob der Polizeieinsatz, der hier genannt
wird, stattgefunden hat - ja oder nein. Das kann man bei der Polizei ganz
leicht verifizieren.
Das heißt, es ist ganz leicht, den Vorfall zu klären,
und wir verlangen, dass er geklärt wird. Die Frau Stadträtin ist die
unmittelbare Vorgesetzte der Jugendamtsleiterin, die Frau Stadträtin hat die
Aufgabe, diesen Vorfall in eindeutiger Form zu klären.
Ich möchte daher nunmehr einen Antrag einbringen, der
sich mit dieser anonymen Beschwerde und Anzeige befasst. Ich habe in der
Begründung den genauen Wortlaut der Beschwerde zusammen- oder festgeschrieben,
als Zitat - nichts davon ist von mir, es ist ein reines Zitat -, und möchte
Ihnen folgenden Beschlussantrag nahe legen, sodass wir uns gemeinsam darum
kümmern können, dass hier Aufklärung erfolgt. Der Beschlussantrag lautet:
"Die für das Jugendamt politisch verantwortliche
StRin Grete Laska und Bgm Häupl werden aufgefordert, eine Klärung des
Sachbestandes herbeizuführen. Das Ergebnis möge den Abgeordneten im
Gemeinderatsausschuss für Bildung, Jugend, Soziales, Information und Sport
berichtet werden."
In formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung und
hoffe, dadurch alle Abgeordneten des Hauses auf meiner Seite zu haben, dass wir
sagen: Zuweisen lassen, untersuchen, aufklären, reinwaschen - oder aber
bestätigen, dass der Vorfall stattgefunden hat. Da hoffe ich auf Ihre
Zustimmung.
Nun möchte ich, als meine letzte Feststellung, aber auch
sagen, dass wir der Meinung sind, dass es viele Gründe gibt, die einen
Rücktritt der Frau Stadträtin tatsächlich nahe legen, dass wir uns aber nicht
vorstellen können, einem Antrag der FPÖ, die selbst auf
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