Gemeinderat,
38. Sitzung vom 16.01.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 35
Parlament. Dieses Kompliment mache ich Ihnen gerne, weil
alles andere verdient das Attribut von Sachlichkeit mit Sicherheit nicht.
Wenn Sie zum Beispiel sagen, die Bundesregierung tut
nichts etwa im Bereich der Beschäftigungspolitik, dann haben Sie offensichtlich
geflissentlich etwas übersehen. Sie sind ja ein gescheiter Mensch. Daher ist es
Ihnen ja bekannt, und Sie sprechen hier wider besseren Wissens. Sie sprechen
wider besseren Wissens gegen die Konjunkturpakete, die auf der Bundesebene
beschlossen worden sind, Sie leugnen, offensichtlich wider besseren Wissens,
die Investitionen, die es im Bereich der Forschungspolitik gibt. Sie wollen
einfach nicht wahrhaben die umfangreichen Investitionen im Bereich der
Infrastruktur, die es auf der Bundesebene gibt. Ich würde mich freuen, würde
die Stadt Wien eine ähnliche Investitionspolitik an den Tag legen, weil das
wäre eine wirksame Maßnahme, um die hohe Arbeitslosigkeit, die es in Wien gibt,
und das ist eine hausgemachte, das ist eine von Ihrer Regierung verschuldete
Arbeitslosigkeit, zu bekämpfen.
Und Sie hätten natürlich Mittel und Möglichkeiten,
das zu tun. Die Frau Kollegin LUDWIG beispielsweise hat ja hier einen sehr
effizienten Ansatz gebracht. Nur leider tun Sie es selber nicht. Die Frau
Kollegin LUDWIG hat hier gesagt: Stecken wir doch das Geld, das hier in der
Öffentlichkeitsarbeit investiert wird, und in Wien sind das satte
100 Millionen EUR, stecken wir das in andere Bereiche, etwa in den
Bereich der Sozialpolitik, in den Bereich der Wirtschaftspolitik, in den
Bereich der Arbeitsmarktpolitik. Tun Sie das in Wien. Gehen Sie hier mit gutem
Beispiel voran, und wenn Sie das tun, dann legitimieren Sie sich erst hier
tatsächlich, das zu kritisieren, was Sie eben meinen, auf der Bundesebene
kritisieren zu müssen. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber, Frau Stadträtin, die Sitzung heute ist ja an
sich speziell Ihnen gewidmet. "Weil der Mensch zählt" - man darf
daran erinnern - ist ja ein Plakatspruch der SPÖ gewesen, der sich in Wien
natürlich sehr schnell modifiziert hat in den Spruch: "Weil der Mensch
zahlt." Ihre Gebührenerhöhungen waren ja nicht von schwachen Eltern. Sie
haben ja hier den Wienerinnen und Wienern ganz ordentlich etwas zugemutet, aber
trotzdem wird die Budgetsituation in Wien nicht wirklich besser.
"Weil der Mensch zählt", Frau Stadträtin:
Ich glaube, man kann alle Kritikpunkte, die heute hier an Ihrer Politik
geäußert worden sind, nur bestätigen und unterstreichen und mit Nachdruck
betonen, die Fehldotationen im Sozialbereich, die es gegeben hat, Ihre falsche
Budgetierung, die Ungereimtheiten in der Sportpolitik, wo Sie nichts dagegen
unternehmen. Die Affäre bei den Geschützten Werkstätten. Die Kollegin
Schmalenberg hat ausgiebig darauf hingewiesen. Die Fragwürdigkeiten in der
Lehrerabrechnung. Zuerst ist man mit voller Brust hinausgegangen und hat eine
Klage gegen den Bund angekündigt. Von der Klage ist nichts übriggeblieben, man
hat sie zurückgezogen. Man hat sich gesagt, probieren wir es einmal mit dem
Bund, vielleicht kommen wir zu einer anderen Vorgangsweise. Das wurde groß
angekündigt und dann sofort der Rückwärtsgang eingelegt. Sie werden wissen,
warum.
Es gab eine seitenlange Kritik seitens der
Volksanwaltschaft. Es gibt keinen Volksanwaltschaftsbericht, der sich nicht mit
dem Sozialressort in Wien Seiten über Seiten beschäftigt durch Jahre hindurch.
Die Seiten werden länger, die Berichte werden mehr, es wird nicht weniger. Die
Kritik an Ihnen wird mehr, und es nicht nur eine Kritik, die hier die
Opposition an Ihnen übt, sondern das ist doch eine Kritik, die durchaus auch
von anderer, von berufener Stelle, wie etwa der Volksanwaltschaft, geäußert
wird:
Ich muss sagen: Das, was mich in dem Zusammenhang an
der Kritik der Opposition tatsächlich ein wenig verwundert hat, ist dann doch
die Haltung, die die GRÜNEN heute hier eingenommen haben. Dass die GRÜNEN hier
Kritik an der Bundesregierung üben, okay; das sind wir gewohnt. Aber ich meine,
ein bisschen fehlt Ihnen da schon auch die Legitimation dazu, so wirklich aus
vollem Herzen zu kritisieren. Denn es war ja - erinnern wir uns - die ÖVP
durchaus willens, mit Ihnen gemeinsam eine Bundesregierung zu bilden. Die
Verhandlungen haben ja klar und deutlich in diese Richtung geführt. Und es
waren ja auch große Teile der GRÜNEN bereit, in die Bundesregierung zu gehen.
Und wissen Sie, woran es gescheitert ist? Na freilich wissen Sie es. Es ist an
Ihnen selber gescheitert, weil die Wiener GRÜNEN dann nicht bereit waren, hier
politische Verantwortung einmal wahrzunehmen (Zwischenrufe bei den GRÜNEN),
und zwar ausgehend von einer ganz einfachen politischen Überlegung. Ihre
politische Überlegung war sehr einfach. Sie haben gesagt: Na ja, bei den
nächsten Wahlen geht uns möglicherweise das ganze extrem linke Wählerspektrum
verloren. Das brauchen wir. Das geht dann wieder zur SPÖ. Das schwächt die
GRÜNEN, und das wollen wir nicht. Es ist ja viel bequemer, sich hierher zu
stellen, zu sagen, wir nehmen keine Verantwortung auf der Bundesebene wahr, es
ist ja hier schön, wir lehnen uns zurück, tun ein bisschen matschkern, keppeln
und schimpfen und bezeichnen das dann schon als Politik. Das ist Ihre Politik,
meine Damen und Herren von den GRÜNEN! (Beifall bei der FPÖ.)
Und wenn Sie jetzt sagen, Sie werden heute hier
Stimmenthaltung üben - jetzt nehme ich mal nicht an, Sie meinen das im Sinne
der Geschäftsordnung -, so sage ich Ihnen doch: Es gibt zwei Möglichkeiten.
Entweder Sie sprechen der Frau StRin Laska heute hier das Misstrauen aus, so
wie wir das tun werden, oder Sie sprechen ihr das Vertrauen aus. Die zwei
Möglichkeiten haben Sie konkret. Sie haben angekündigt, offensichtlich für ihr
Verhalten ihr das Vertrauen auszusprechen. Soll sein, Vertrauen zur StRin
Laska. Aber das Ganze muss ja eine Ursache haben, und ich glaube, diese Ursache
auch gefunden zu haben, denn zum einen gibt es ja hier ein so genanntes
gemeinsames Arbeitsprogramm von Rot und Grün, und ich nehme mal an, dass dieses
Arbeitsprogramm, das Sie hier mit der SPÖ ausgehandelt haben, natürlich akut
gefährdet wäre, wenn Sie beginnen, Ihre Kritik an der Stadtregierung allzu
akzentuiert zu
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