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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 64

 

des Österreichischen Staatsarchivs und des Berlin Document Centre herangezogen. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um erstmalige umfangreiche Recherchen dieses Fragenkomplexes, was die Aufgabe der Kommission, wie durchaus verständlich, sehr zeitaufwendig macht.

 

Da diese Recherchen derzeit voll im Gange sind, kann ein abschließendes Ergebnis noch nicht präsentiert werden. Bei einigen wenigen Personen ist eine sofortige Bewertung schwierig, weil zur Erstellung eines wissenschaftlich seriösen Gesamtbildes auch eine umfangreichere biografische Grundlagenforschung notwendig ist. Dies trifft im Besonderen auf den in der Öffentlichkeit in den letzten Wochen auch diskutierten Julius Wagner-Jauregg zu, zu dessen Biografie entscheidende Forschungsschritte, wie etwa die Sicherung des Nachlasses, die Herausgabe einer vollständigen Fassung seiner Autobiografie, eine systematische Recherche sämtlicher Reden, Aufsätze und wissenschaftliche Publikationen, die Durchsicht von autobiografischen Erinnerungen anderer Personen, etwa seiner Mitarbeiter und Schüler, et cetera ausständig sind, aber wünschenswert wären.

 

Die Kommission hat mir daher bereits schriftlich vorgeschlagen, ein Gutachten des Instituts zur Geschichte der Medizin einzuholen, das allerdings nach Auskunft des Institutsleiters auf Grund der dazu unumgänglich notwendigen äußerst umfangreichen Forschungs- und Grundlagenarbeiten kaum kurzfristig erstellt werden kann.

 

Ich habe der Kommission trotzdem den Auftrag erteilt, ihre Arbeiten möglichst zügig, möglichst rasch zu einem Abschluss zu bringen, weil natürlich dieser, wenn man so will, Schwebezustand für niemanden befriedigend ist. Ich weise aber noch einmal darauf hin, dass wir uns derzeit in einem Zustand befinden, wo diese Ehrungen, und zwar alle Ehrungen, natürlich auch die der Ehrengräber und der ehrenhalber gewidmeten Gräber, aufgehoben beziehungsweise auch nichtig sind. Das heißt, es geht in der Debatte diesbezüglich eigentlich darum, Persönlichkeiten sozusagen neu und aus unserer Sicht her zu hinterfragen und zu bewerten, und für diejenigen, von denen wir nach heutiger Kenntnis und nach heutigem Stand der Dinge annehmen, dass sie für ein Ehrengrab würdig sind, diese Widmung dann vorzunehmen. – Danke.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Die erste Zusatzfrage: Herr GR Ellensohn.

 

GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Vielen Dank, Herr Stadtrat, für die sehr ausführliche Antwort. Es bleiben mir trotzdem glücklicherweise noch eine oder zwei Fragen übrig.

 

Es ist sehr erfreulich, dass betreffend der Ehrengräber diese Aberkennung festgestellt wurde. Wir haben das im Haus lange diskutiert. Eine Frage, die offen bleibt und auch in den Berichten offen geblieben ist: Geht es nur darum festzustellen, wer vielleicht noch ein Ehrengrab bekommen soll, also wer nachträglich die Wiederwidmung erhalten soll, oder geht es auch darum festzustellen, wie mit den nun nicht mehr Ehrengräbern umgegangen werden soll?

 

Wenn ich auf den Zentralfriedhof gehe, merke ich als Besucher keinen Unterschied beim Grab Nowotny – das ist im Haus auch bekannt – gegenüber früher. Es liegt weiterhin in einer Zeile mit anderen Ehrengräbern. Es gibt keine Tafel oder keinen Hinweis, der einem Besucher oder einer Besucherin erklären würde, dass es sich hier nicht mehr um ein Ehrengrab handelt. Das ist mir persönlich zu wenig.

 

Die Frage ist daher: Wird es auch beim Kommissionsbericht am Ende Schritte geben, die umgesetzt werden können?

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Herr Gemeinderat, natürlich erwarte ich mir von der Kommission auch zu dieser Frage eine Empfehlung. Dazu haben wir, glaube ich, sehr seriöse und international anerkannte Experten eingesetzt, auch erfahrene Beamte des Rathauses, die sich schon lange mit diesen Fragen beschäftigen. Da gibt es eine ganze Palette von Möglichkeiten, beginnend beim Friedhofsführer und Ähnlichem mehr. Man muss sich das, glaube ich, sehr gut überlegen und sozusagen alle Facetten einbeziehen. Auch die eventuelle Anbringung von Tafeln will wohlüberlegt sein, wenn wir nicht möglichen sofortigen Beschädigungen einen Vorwand liefern wollen.

 

Also ich glaube, das muss man sich gut überlegen. Auch ich erwarte mir von dieser Kommission Empfehlungen bezüglich weiterer Vorgangsweisen. Das werden wir dann auch diskutieren, denn ich meine, dass man diese Gelegenheit auch dazu nützen sollte, zumindest auf eine gewisse Zeit verbindliche Vorgangsweisen und Klarheiten zu schaffen. Deswegen haben wir ja auch diese Kommission eingesetzt.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön. – Herr GR Prochaska, bitte.

 

GR Johannes Prochaska (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Stadtrat.

 

Bilderstürmerei ist seit der Antike etwas Bekanntes, das ist gar nichts Neues. Das beginnt mit den römischen Cäsaren, die jeweils den Statuen ihrer Vorgänger die Nase und die Ohren abschlagen und den Namen herausmeißeln ließen, damit man sie möglichst nicht mehr sieht und nicht mehr kennt, das geht bis zu den Hassorgien der Französischen Revolution, wo man sogar den Statuen biblischer Könige auf Notre Dame die Schädeln zertrümmert hat, um einem König einen Kopf abzuschlagen. Das alles entspringt weniger dem humanistischen Fortschritt als vielmehr dem kollektiven überschätzten Ego oder einem, sagen wir, Anfall von Selbstgerechtigkeit.

 

Meine Frage an Sie geht nun dahin: Nachdem der Vorschlag der ÖVP, das meines Erachtens einzige objektive Kriterium, das Feststellen von schuldhaftem persönlichem Handeln, mit Mehrheit in diesem Saal abgelehnt wurde, wie und nach welchen Kriterien wollen Sie dann Ehrengräber zuerkennen? Was ist dann das ausschlaggebende Kriterium? Der Todestag, ob der in der

 

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