Gemeinderat,
39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 64
aufgehoben wurden, wenn sie nicht individuell weitergeführt wurden, Damit wäre beispielsweise jeder Baubescheid, jede Baubewilligung und so weiter aufgehoben. Die sind alle nicht individuell übergeführt worden und sind auch nicht Bestandteil des Reichsüberleitungsgesetzes.
Das heißt, diese Argumentation – und ich werde Ihnen
das auch noch belegen, nachdem das ja offenbar immer noch Thema ist – kann
nicht stimmen. Außerdem hätten wir dann, was ja auch erstaunlich ist, seit
60 Jahren Straßenbenennungen, Ehrengräber und so weiter (GR Christian
Oxonitsch: Das ist eine Fragestunde! Stellen Sie eine Frage!) – ich komme
gleich zur Frage, ich habe den Wink schon verstanden –, die offenbar immer
obsolet waren.
Meine Frage daher: Wie funktioniert die Finanzierung
der Ehrengräber, die ja spätestens seit dem 7. November letzten Jahres
private Gräber sind? Eigentlich sind sie ja seit 1945 Privatgräber, aber seit
dem 7. November 2003 wissen wir erst, dass es private Gräber sind. Wie
funktioniert die Finanzierung dieser Gräber? Mittlerweile zahlt die Gemeinde
Wien aus, ich weiß nicht welchen Gründen, noch immer.
Zweitens: Wie stellen Sie sich ... (GR Christian
Oxonitsch: Kommen Sie zur Frage!) Das ist Ihnen offenbar unangenehm. Es haben
andere hier auch schon längere Fragen gestellt. Also zweite Frage oder
ergänzende Frage dazu: Wie stellen Sie sich das vor, dass Sie an Privatgräbern,
zum Beispiel an meinem Familiengrab, irgendwelche Tafeln anbringen oder
sonstige Vormerkungen machen? Das widerspricht doch ganz klar der
Rechtsordnung.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Ich danke für Ihre rechtlichen Ausführungen: Ich halte
mich da an das, was die zuständigen Juristen des Rathauses sagen. Ich kann
Ihnen nur die politischen Grundlinien sagen. Ich fühle mich im Übrigen nicht
auf einem dünnen Eis, sondern ich stehe auf einem durchaus festen Boden.
Zur Frage der Finanzierung der Ehrengräber: Wir
finanzieren keine Ehrengräber – ich nehme an, Sie meinen die Pflege –, aber die
ganze Frage, wie damit umgegangen wird – sozusagen Ihre zweite erste Frage –,
ist ja einfach damit zu beantworten, dass wir diese Kommission natürlich auch
aus dem Grund eingesetzt haben, um hier ein für allemal Klarheit zu schaffen,
auch Klarheit darüber zu schaffen, welche Maßnahmen man setzen kann und wie man
damit umgeht.
Für den Fall, dass wir einen Großteil – wovon ich
ausgehe – dieser Ehrengräber weiter ungewidmet lassen, also nicht mehr als
Ehrengräber anerkennen, muss klar sein, was damit auch zu geschehen hat, denn –
und ich meine, damit muss man ja auch umgehen und das sollte dann auch am Ende
stehen – es hat ja keinen Sinn, nur Formalakte zu setzen und zu sagen, wir
aberkennen etwas, sondern wir müssen ja dann auch, wie ich meine, entsprechende
Maßnahmen setzen, um die ganze Widersprüchlichkeit aufzuzeigen. Wir machen das
ja teilweise auch im Bereich von Straßennamen, von Straßenbezeichnungen, dass
wir durch Zusatztafeln darauf hinweisen, wie der Verlauf der Geschichte war.
Wenn wir heute durch die Stadt gehen, so werden wir
nicht nur in der Architektur, sondern in vielen anderen Dingen auch erkennen,
dass diese Stadt natürlich eine Geschichte hat. Das Wesentliche ist ja nicht,
dass wir die Geschichte verleugnen, dass wir sie vergessen, dass wir sie
verdrängen, sondern das Wesentliche ist, dass wir mit ihr umgehen, dass wir uns
mit ihr auseinander setzen.
Dieser Grundsatz sollte natürlich auch für den Umgang
mit den Ehrengräbern gelten, weil es aus meiner Sicht einfach keinen Sinn
macht, wiederum etwas wegzuschieben oder zu sagen, es war nicht so, oder quasi
so zu tun, als hätte es das alles nicht gegeben, denn das, was uns in den
letzten 20 Jahren in der Debatte innerlich weitergebracht hat, was
sozusagen die Gesellschaft kollektiv weitergebracht hat, war, glaube ich, die
offene Auseinandersetzung damit, und das sollte auch in diesem Fall geschehen.
Zu Ihrer Anmerkung, was die
Frage der NS-Zeit, respektive die Zeit davor und danach anbelangt: Ich glaube,
was die NS-Zeit anbelangt, war es ja so, dass es Verfügungen von einer
Verwaltung gegeben hat, die keine demokratische war, und dass es aus diesem
Grund natürlich ganz entscheidend ist, damit umzugehen und für diese Zeit 1938
bis 1945 eine Beurteilung des Vorgehens vorzunehmen. Danach suchen wir, das
macht die Kommission. Da versuchen wir, dann auch die Empfehlungen zu bekommen.
Das ist im Übrigen auch die Aufgabenstellung, die ihr der Gemeinderat gesetzt
hat.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön. Noch die letzte Zusatzfrage: Herr
GR Ellensohn, bitte.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Herr
Stadtrat!
Sie haben darauf hingewiesen, dass es sich um sehr
umfangreiche Arbeiten handelt, und davon gesprochen, dass Sie trotzdem
erwarten, dass es zügig zu einem Bericht kommt. Jetzt möchte ich die Kommission
nicht unnötig unter Druck setzen. Das ist ein wichtiges Thema, und wir hoffen,
dass der Bericht sehr umfangreich und sehr exakt sein wird, trotzdem sind wir
natürlich daran interessiert, in etwa einen Zeitplan zu wissen, wenn es möglich
ist. Wir wären daran interessiert zu wissen, ob es möglich ist, dass wir heuer,
noch vor dem Sommer, damit rechen können oder ob es etwas länger dauert.
Weil das eine Frage ist, die eigentlich auch in der
Einleitung beantwortet hätte werden können, stelle ich zwar jetzt keine zweite
Frage, aber wenn Sie die Zeit fänden und vielleicht einen Satz dazu sagen
könnten, ob auf der anderen Seite der Medaille für Deserteure der Wehrmacht
Ehren im weitesten Sinne seitens der Stadt Wien angedacht sind, wäre ich Ihnen
dankbar.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Ich fange gleich mit dem Zweiten an. Ich habe selbst in der
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