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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 78

 

mehr, als es in den letzten Jahren schon gezeigt hat. Ich glaube, das ist unbestritten, und auch der Herr Stadtrat hat bei der letzten Eröffnung gesagt, wie wichtig es ihm ist. Wenn Sie auf die Webseiten und in die Informationsbroschüren des Wien Tourismus schauen, dann sind wir dort auch sehr stolz auf diese Veranstaltungsreihe, und der Wien Tourismus tut bekanntlich solche Dinge nur dann, wenn sie dort wissen, dass es in irgendeiner Form Potential im touristischen Bereich hat. Es scheint also offensichtlich so zu sein, dass die Zielgruppe der Schwulen und Lesben für uns interessant ist.

 

Dann frage ich Sie aber, sehr geehrte Damen und Herren: Warum bekommt das Filmfestival dieses Jahr weniger Geld als letztes Jahr? Warum bekommt das "identities"-Filmfestival dieses Jahr nicht 210 000 EUR wie letztes Mal, sondern nur noch 110 000 EUR? Steck dahinter Unachtsamkeit? Schlichtes Desinteresse? Oder ist es einfach nicht so glamourös, 200 000 EUR für ein tolles Filmfestival auszugeben, statt auf dem Life Ball herumzustehen und sich dort zu sonnen?

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist sehr bedauerlich, und ich erkenne gewissermaßen auch ein bisschen System darin, dass es offensichtlich nicht möglich ist, dass die Kulturpolitik dieser Stadt erkennt, dass das, was Potential hat, auch entsprechend gefördert werden muss. Entsprechend gefördert heißt sicherzustellen, dass die Mittel da sind, damit das Festival professionell, hoch qualitativ und in dem Sinne durchgeführt werden kann, wie wir alle uns das erwarten, nämlich als glanzvolles zweitgrößtes Filmfestival dieser Stadt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Die 110 000 EUR - denen wir natürlich zustimmen werden - sind entweder genug, um ein Festival zu veranstalten, aber keine Filme zu zeigen, oder um Filme zu zeigen, aber die Leute, die die Veranstaltung machen, nicht zu bezahlen. Ich glaube nicht, sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie, dass es in Ihrem Interesse ist, dass Leute in dieser Stadt völlig umsonst Kulturarbeit machen sollen. Ja, das ist ein wichtiger Standpfeiler von Kulturarbeit in dieser Stadt, aber es aufzuzwingen kann wohl nicht im Interesse sein.

 

Es ist schade, dass der Herr Stadtrat sich dort hinten auf der Bank versteckt hat; ich glaube, er ist hier. Mich würde schon sehr interessieren - und ich würde ihn auch bitten, uns das heute vielleicht auch persönlich mitzuteilen -, was seine weiteren Schritte bei dem Filmfestival sind. Denn ich wünsche mir und hoffe, die Signale richtig gehört zu haben, dass das Festival für das nächste Jahr noch zusätzliches Geld bekommen wird, um jene Arbeit fortzusetzen, von der wir wissen, dass sie hervorragend ist, dass wir sie brauchen und dass sie wichtig ist für diese Stadt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich schließen mit dem Text der Würdigung, die das Festival bekommen hat, als der große "GALA Gay and Lesbian Award 2003" an das Festival verliehen wurde: Gewürdigt wird die Festivalmacherin für ihre wegweisende, initiative Arbeit im Projekt des 'identities. Queer Film Festivals', dem biennalen Wiener Filmfestival des lesbischen und schwulen Films. Die Jury würdigte besonders die sozialintegrative Funktion des Filmprojekts, auch das heterosexuelle Publikum mit den Lebenswelten von Lesben und Schwulen vertraut zu machen und Berührungsängste abzubauen. Noch dazu haben Barbara Reumüller und ihr Team 'identities' innerhalb weniger Jahre zu einem Publikumserfolg gemacht, der auch in den Medien ein beachtliches Echo hervorruft.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Es wäre doch wirklich schade, wenn dieser Preis umsonst vergeben worden wäre. Ich hoffe, dass wir noch einmal in diesem Jahr und möglichst sehr bald die restlichen 75 000 EUR, die dem Festival noch fehlen, um dort die Arbeit gut zu machen, hier beschließen werden. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Herr Dr Salcher. Ich erteile es ihm.

 

GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich bin ausnahmsweise noch ein bisschen bescheidener, als Frau Ringler es diesmal war. Ich will nämlich gar nicht mehr Geld für ein Projekt, ich will nur, dass es anders ausgezahlt wird. Das heißt, ich rede zum Wiener Film Fonds, der zwar ... (GRin Mag Marie Ringler: Warum bescheiden sein?) Ich sollte nicht bescheiden sein? Egal, ob bescheiden oder unbescheiden, der Herr Stadtrat leiht uns eh nicht sein Ohr, wenngleich ich heute hier bescheiden bin und versucht habe, ihn ein bisschen hervorzulocken - aber erfolglos.

 

Der Wiener Film Fonds hat derzeit ein Budget von 8 Millionen EUR im Jahr, was an sich eine gute Ausstattung ist, die wir auch damals in unserer Zeit der Regierung durchsetzen konnten. Allerdings wird jetzt schon zum zweiten Mal hintereinander das Geld nicht auf einmal, sondern in zwei Raten ausgezahlt. Das ist schlicht und einfach falsch, weil wir alle wissen, dass es bei Filmzusagen - und diese Filmförderung ist ja nicht nur eine Kulturförderung, sondern sehr wohl auch eine Standortförderung und eine Wirtschaftsförderung - um langfristige Zusagen geht. Daher ist das natürlich eine starke Einschränkung, weil ein Geschäftsführer eines Fonds ja nur Zusagen machen kann, die tatsächlich gedeckt sind.

 

Überhaupt glaube ich, dass es beim Film - wir bekennen uns ja sehr zum Filmstandort Wien und haben auch eine Menge dafür getan - sinnvoll wäre, einen Dreijahresvertrag einzurichten, wie das übrigens immer geplant war. Warum das nicht der Fall ist, ist mir, ehrlich gesagt, unklar. Wir haben ja eine Diskussion hier im Ausschuss gehabt, in der argumentiert wurde, dass man uns in der Opposition die Möglichkeit der Information geben will und dass wir ganz genau wissen, welcher Film damit gefördert würde. Ich habe damals schon gesagt, ich würde mir vielmehr wünschen, zum Beispiel das erste Mal in meinem Leben eine Bilanz der Vereinigten Bühnen zu sehen. Das würde meinem oppositionellen Geltungsdrang viel mehr nachkommen als die Möglichkeit, hier im Nachhinein über die Bewilligungen von Filmen etwas zu erfahren, weil mein Vertrauen zur

 

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