Gemeinderat,
43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 78
umfassenden filmpolitischen Maßnahmenkatalog zur Stärkung der Vienna Region vorgestellt und die Stadt Wien als Plattform einer von Bund, Ländern, ORF und audiovisueller Industrie getragenen Initiative angeboten. Wir können nur hoffen, dass dieser Vorschlag angenommen wird und alle Kräfte für den Film gebündelt werden können. Denn der österreichische Markt ist, wie wir wissen, für Einzelvorstöße ein bisschen zu klein.
Aber vielleicht "wackelt" bei diesen
Verhandlungen und Bündelungen "der Boden unter den Füßen", weil die
"Antworten schwer zu finden sind", um es mit den Worten von Jessica
Hausner zu sagen. Zitat weiter: "Ich hab genug von den Filmen, die auf die
Schulter klopfen und sagen: Alles wird gut." In diesem Sinne: Alle Kräfte
für den österreichischen Film! - Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau
Mag Unterreiner hat sich zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wieder spreche ich nach Frau Dr Vitouch; sie ist
diejenige, die immer die Jubelmeldungen bringt, ich bin immer diejenige, die
kritisiert. Denn ich denke mir, es gibt Jubelmeldungen zum österreichischen
Film zuhauf, aber wer immer sich diesen Akt genau angeschaut hat und wer immer
diesen Akt ganz genau durchgelesen hat - und ich nehme doch an, dass das
zumindest diejenigen tun, die im Kulturausschuss sitzen -, der weiß ganz genau,
dass es in Wirklichkeit sehr, sehr trist um den österreichischen Film
ausschaut. Jahr für Jahr werden ja allein vom Wiener Film Fonds an die
8 Millionen EUR vergeben, und das Österreichische Filminstitut gibt
ungefähr gleich viel an Geldern dazu.
Etwas, was Sie jetzt
verschwiegen haben, Frau Dr Vitouch, ist: Es wurde sogar, was das
Österreichische Filminstitut angeht, der Etat erhöht, und es wurde von Morak
ein eigener Posten eingerichtet, und zwar der Fernsehfilmfonds. Es sind
sozusagen 10 Millionen EUR mehr für die österreichische Filmbranche
da.
Trotzdem - und wir kennen
die Diskussionen seit Jahren - verbessert sich nichts, die Gelder fließen immer
wieder zu denselben Institutionen, zu denselben Filmschaffenden, aber das
Produkt, der Film, verbessert sich nicht. Daher würde ich sagen, objektiv
gesehen ist es mager, subjektiv gesehen - so wie ich das sehe - ist es
katastrophal! Und noch einmal: Lassen Sie sich nicht durch Jubelmeldungen in
den Medien einlullen, sondern lassen Sie einfach nur die Zahlen sprechen. Ich
würde sagen, der Film hängt am Dauertropf, am staatlichen und am städtischen,
und wenn der abgeschaltet werden sollte, dann stirbt der Patient
österreichischer Film!
Lassen Sie mich drei Beweise
für die Erfolglosigkeit anführen. Nämlich als Punkt eins: Es wird schon einmal
als ganz großer Erfolg verbucht, wenn Filme nur bei den Festivals aufscheinen.
Allein das genügt aber nicht, ich muss bei den großen Filmfestivals auch Preise
erringen. Das allein, würde ich sagen, ist also noch kein Kriterium für einen
Erfolg.
Zum Beispiel wird im Akt
erwähnt, dass Michael Hanekes "Wolfszeit" seine Uraufführung feierte.
Dass aber kein Mensch sich freiwillig den Film anschaut und nur wenige sich den
Film angeschaut haben, wird gleichzeitig nicht erwähnt. Ich würde jedoch meinen,
Film ist ein Medium, das viele Menschen erreichen soll, Filme werden für viele
gemacht, Film ist ein Massenmedium. Wenn nur ein paar Tausend hingehen - und
ich habe die Zahlen, ich werde sie dann noch vorlesen -, dann ist das einfach
ein Flop. Das heißt, es muss auch bei den großen Festivals ein Erfolg verbucht
werden können, und es nützt gar nichts, wenn irgendwo in Kuala Lumpur ein
dritter Preis oder in Catalonia irgendein Preis zu verzeichnen ist. Das ist
ganz einfach zu wenig.
Punkt zwei: Es gibt zum Beispiel an Geldern für
Projektentwicklung 472 000 EUR, es gibt Gelder für
39 Filmvorhaben von 7,3 Millionen EUR. Jetzt stellen Sie sich
vor: Von all diesen Vorhaben und Projektentwicklungen sind im Jahr 2003
ausschließlich 19 Filme in die Kinos gekommen! Was das Schicksal der
Filmvorhaben und dieser ganzen Projektentwicklungen ist, weiß man nicht. Allein
das ist ja schon armselig! Wenn ich von vielen, vielen Millionen Euro
ausschließlich 19 Filme in den Kinos starten lasse, zeigt das ja schon,
dass da etwas nicht stimmt. Denn es muss natürlich so sein, dass Filme gemacht
werden, die dann in die Kinos kommen, und nicht nur 19 von so vielen Vorhaben.
Ich nehme nur die Zahlen aus dem Akt, und was die
Besucherzahlen angeht, ist das besonders traurig. Ich kann es Ihnen nicht
ersparen, ich muss es Ihnen diesmal vorlesen, damit Sie sich vorstellen können,
wie uninteressant der österreichische Film für das österreichische Publikum
ist. Wir haben hier Kinostart und Besucherzahlen 2003 aus dem Akt, ich zitiere
also nur den Akt und nichts anderes:
"Vielleicht habe ich Glück gehabt"
2 800 Zuschauer, "Richtung Zukunft durch die Nacht"
1 900 Zuschauer, "2 Väter 1er Tochter"
14 000 Zuschauer, "Am anderen Ende der Brücke" 29 000 Zuschauer
- übrigens ein Film, der in den Medien unglaublich hochgespielt wurde -,
"Rocco" 2 000 Zuschauer, "Move!"
700 Zuschauer, "Kaltfront" 1 400 Zuschauer,
"Struggle" 1 100 Zuschauer, "Fast Film" 2 300 Zuschauer,
"Twinni" 10 086 Zuschauer, "YU" 749 Zuschauer,
"011 Beograd" 1 172 Zuschauer, "Auswege"
455 Zuschauer, "Bockerer IV - Prager Frühling"
10 560 Zuschauer, "Weg in den Süden" 285 Zuschauer,
"Böse Zellen" - der in den Medien hochgejubelte Barbara Albert-Film -
13 500 Zuschauer, "Donau" 7 853 Zuschauer,
"Ein Sommer mit dem Burggespenst" 2 773 Zuschauer,
"MA 2412" 165 122 Zuschauer.
Das war es, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für
das wird jährlich ein riesiger Brocken Geld ausgegeben. Wir müssen doch selbst
zugeben, dass das beschämend ist. Was soll das? Das kann man doch nicht als
Erfolg werten!
Ich habe heute ganz bewusst einmal
wirklich die bitteren Zahlen genannt. Denn ein Film ist erst ein Erfolg,
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