Gemeinderat,
43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 78
in den Pflegemaßnahmen. Dann hören wir wieder dieselben alten Projekte, die nur kleine und wenige Gruppen betreffen, und schlussendlich weiß er auch, wer schuld ist, und schuld sind die Beamten. Wobei ich nicht sage, dass die nie schuld sind, aber hier steht: "Nach Zeugenaussagen in den insgesamt 15 Sitzungen konnte jedenfalls für aufgezeigte beziehungsweise behauptete Missstände keine politische Verantwortung festgestellt werden. Die Politik schafft die Rahmenbedingungen, für die operative Umsetzung ist nach dem KAV-Statut der Krankenanstaltenverbund zuständig."
Also, Herr Generaldirektor Hauke, Sie werden es
wissen, Sie haben den Schwarzen Peter, die schlechte Karte. Die Politik ist
nicht schuldig und schon gar nicht, wenn die Politik sozialdemokratisch ist.
Eine dumme Sache, Herr Kollege Deutsch, ist dass der
Herr Bürgermeister Ihnen schon einen relevanten Schritt voraus ist. Der Herr
Bürgermeister ist eigentlich der Einzige, auf den man Hoffnung setzen muss,
denn der sagt: So ist das. Es gibt Missstände. 20 Prozent der
Gemeinderatsbeschlüsse, zumindest in Bezug aufs GZW, wurden umgesetzt in der
Vergangenheit, und wir brauchen nichts zu beschönigen. Vielleicht, Herr Kollege
Deutsch, horchen Sie Ihrem eigenen obersten politischen Chef einmal zu.
Mein Eindruck ist, und beweisen Sie mir meinen Irrtum
und belehren sie mich eines Besseren, dass Ihr Takt der ist, die Frau K hat
schmutzige Fingernägel gehabt, der Krankenanstaltenverbund soll sie ihr putzen,
und wenn er das nicht ausreichend macht, werden wir dort Schuldige finden. Aber
die Politik hat an nichts Schuld.
Herr Kollege Deutsch, lesen Sie den Bericht des
Kontrollamtes. Lesen Sie die einschlägige Fachliteratur, wenn Sie der
Opposition nicht glauben. Lesen Sie, was Fachleute zu Großheimen sagen, und ein
Großheim ist eines jenseits der 150. In Wien reden wir von Großheimen über
2 000. Lesen Sie, was die Experten dazu sagen, und behaupten Sie dann
nicht mehr, es sind bloß die zuständig und schuld, die die operativen
Rahmenbedingungen hier vorzugeben haben.
Großheime dieses Zuschnitts, Herr Kollege Deutsch,
sind eine Erfindung der Vergangenheit. Lainz konkret wurde von Bgm Lueger vor
hundert Jahren, damals bahnbrechend, ich stehe nicht an, das zu sagen, gebaut.
Es ist heute längst überholt und längst ein Ort, den man dringend, dringend
einer anderen Bestimmung zuführen soll, als dort alte Menschen in ihren letzten
Lebensjahren endzuversorgen. Endzuversorgen, und der Herr Pflegeombudsmann Dr
Vogt hat heute ja ganz ausführlich und eindrücklich geschildert, was das heißt:
"Lainz wurde nach jedem Skandal umgetauft.
Derzeit nennt es sich 'Geriatriezentrum am Wienerwald', aber der Besucher fährt
noch immer nach Lainz. Im Wienerwald werden zurzeit 2 192 alte Menschen
gepflegt. Jeder zweite Wiener, der allein und pflegebedürftig, dazu noch meist
wehr- und willenlos ist, landet in der Endstation Lainz. Wenig Personal und
viel Arbeit, viel Einsamkeit und wenig Besuch. Miserable öffentliche
Verkehrsanbindung. Keine U-Bahn führt nach Lainz. Eine altenfeindliche und
patientenfeindliche Verkehrsplanung. Von Brigittenau zur Endstations-Oma hin
und zurück sind es zweieinhalb Stunden. Wer die ganz Alten besucht, ist auch
nicht mehr jung und nur gesund. Daher trostlose Einsamkeit."
Wenn Sie jetzt behaupten, daran ist nur der
Krankenanstaltenverbund schuld und nicht etwa eine Politik, die durch
Jahrzehnte durch Wegschauen, Ignorieren und zynische Billigung so einen
Aufbewahrungsort der Schwächsten in der Gesellschaft duldet: Sie ist schuld,
Herr Kollege Deutsch, und nicht etwa der Krankenanstaltenverbund, der dann
seines tun soll in der Umsetzung.
Sie sprechen in Ihrer Aussendung davon, dass das Ziel
der Sechs-Bett-Zimmer demnächst erreicht sein wird. Ich möchte Ihnen jetzt aus
der Wirklichkeit etwas berichten. Sechs-Bett-Zimmer sind nicht viel besser als
Acht-Bett-Zimmer, wenn sie in derselben alten trostlosen Spitalsstruktur
vorzufinden sind. Da ist es vielleicht nicht ganz so eng und gruppendynamisch
nicht ganz so schwierig. Aber Sechs-Bett-Zimmer sind nicht moderne Geriatrie.
Aber allein um dieses Ziel zu erreichen im Geriatriezentrum Am Wienerwald, muss
schon sehr viel horuck passieren.
Da ist zum Beispiel, und das ist vor 14 Tagen
passiert, im Geriatriezentrum Am Wienerwald die Information ausgegeben worden
an die führenden Pflegepersonen und Ärzte, der Herr Bürgermeister wird kommen.
Der Herr Bürgermeister wird kommen, und bis zum Freitag, dem 7. Mai, ist
per Anweisung dafür zu sorgen, dass es keine Sieben-Bett-Zimmer mehr gibt im
Geriatriezentrum Am Wienerwald. Und zwar erklärtermaßen, weil der Herr
Bürgermeister kommen wird. Na was heißt denn das? Was heißt denn das für das
Personal? Schiebt man jetzt die alten Leute noch in die Sanitärräume? Hofft
man, dass die rechtzeitig durch Ableben für diese Statistik sorgen? Oder was
soll das bedeuten? Und dass es ernst gemeint war mit dem potemkinschen Dorf war
darin abzulesen, dass man schriftlich Meldung erstatten musste, wenn man dieses
Ziel nicht erreicht hat.
Ich habe den Herrn Bürgermeister in der
Untersuchungskommission davon berichtet, und er hat es gar nicht in Abrede
gestellt, meine verehrten Damen und Herren. Er sagt, er weiß, dass vor ihm
potemkinsche Dörfer errichtet werden, und das ist auch ein Grund, warum er sich
die Langzeitstationen nicht anschaut, weil es ist eh sinnlos, die Wirklichkeit
wird ihm nicht vorgeführt. Und, Frau StRin Pittermann, Sie haben Ähnliches
schon berichtet. Offensichtlich wird in aller Eile versucht, hier noch Dinge
zurechtzurücken.
Jetzt, Herr Bürgermeister und Frau Stadträtin, wissen
Sie es, dass der Ukas, der da herumgegangen ist, nur dazu da ist, um ein
potemkinsches Dorf an Stelle einer Erledigung vorzuführen, und solange die
Rahmenbedingungen von der Politik nicht vorgegeben sind, dass es realistisch
ist, dass Menschen anders versorgt werden als in abgewohnten Langzeitstationen,
solange die Vorgaben nur Druck aufs Personal sind und nicht wahre Politik,
solange wird sich nichts ändern.
Die Situation in den Pflegeheimen
der Stadt ist auch
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular