Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 121
eigentlich ein wirkliches Alarmsignal für Sie sein und nicht, dass Sie sagen, es ist alles in Ordnung: Im industriell-gewerblichen Bereich sank die Beschäftigung in den letzten acht Jahren – man kann es sogar ungefähr gleichsetzen mit dem Amtsantritt von Bgm Häupl – um mehr als ein Viertel. Insgesamt büßte Wien seit 1995 rund 28 000 oder fast 4 Prozent dieser Arbeitsplätze ein. Und da gehen Sie her und sagen: Wien ist an der ersten Stelle. Nein, Wien ist leider an der letzten Stelle, und ich werde Ihnen das an einigen Beispielen vor Augen führen.
Um aber auch noch das Bild abzurunden, da Sie
versucht haben, ein falsches Bild darzustellen, hat auch wieder das
Wirtschaftsforschungsinstitut einen internationalen Vergleich angestellt. Dabei
wurde die langfristige Beschäftigungsdynamik in 38 europäischen Großstädten,
die Entwicklung der Arbeitsplätze, langfristig seit 1975 untersucht. Und da
liegt Wien von 38 Großstädten am 33. Platz! Also sowohl national als auch
international ist leider unsere Stadt schlecht verwaltet, und Sie haben eine
schlechte Wirtschafts- und vor allem Arbeitsmarktpolitik in den letzten
Jahrzehnten gemacht.
Und wenn Sie sagen, dass eigentlich die Wienerinnen
und Wiener in den letzten Jahren nicht belastet wurden, dann stimmt das einfach
nicht. Wenn Sie wollen, ich werde Ihnen das geben. 25 neue Belastungen wurden
von Ihnen den Wienerinnen und Wienern auferlegt seit 2001, sodass der
durchschnittliche Haushalt in Wien mit 450 EUR im Jahr mehr belastet
wurde, und bei einer Jungfamilie steigert sich das sogar auf 930 EUR pro
Jahr. Daher kann man doch unmöglich sagen, und auch Sie werden dieses
Kunststück nicht zusammenbringen, dass die sozialdemokratische Stadtpolitik in
Wien erfolgreich ist. Na das ist sie mit Sicherheit nicht.
Nehmen wir uns jetzt ein paar Eckpunkte heraus, um an
diesen Beispielen festzumachen, wie schlecht, wie negativ die Entwicklungen in
Wien sind. Im Budget der Gemeinde geht es hinten und vorne nicht mehr zusammen.
Wenn man sich die wichtigsten Eckpunkte anschaut, nämlich die
Wirtschaftspolitik in Wien, wo die Kürzungen den Wirtschaftsstandort Wien immer
mehr gefährden, die Arbeitsmarktpolitik, die so besorgniserregend nicht nur für
Wien ist, sondern für ganz Österreich, weil es nämlich ganz Österreich schon herunterreißt,
dann ist es kühn, mehr als kühn, wenn Sie sich herstellen und sagen: Die Wiener
Politik ist wunderbar, es ist alles in Ordnung, schuld an den Fehlentwicklungen
ist maximal die Bundesregierung.
Der Rechnungsabschluss beweist, dass das Budget nur
auf Kosten der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik gehalten werden konnte,
weil Sie sich auch gerühmt haben, dass Sie hier vergangenes Jahr ausgeglichen
bilanziert haben. Dahinter verbirgt sich nämlich eine enorme negative
Strukturverschiebung. Die Kostenexplosion im Sozial- und Gesundheitswesen der
Stadt musste nämlich durch Kürzungen bei besonders beschäftigungswirksamen
Ausgaben kompensiert werden. Da ist also tatsächlich eine ganz gravierende
Kürzung bei den kommunalen Investitionen vorgenommen worden, nämlich die ist
weit höher als 94 Millionen EUR. Die Wohnbauförderung blieb im
Vollzug um fast 30 Millionen EUR unter dem Voranschlag.
10 Millionen EUR aus der Wiener Wohnbauförderung wurden direkt an das
Ressort Laska verschoben, umgeschichtet. Die Investitionen der Wiener Spitäler
mussten um 22,5 Millionen EUR gekürzt werden, um die
Betriebskostenexplosion zu kompensieren. Hier bewahrheitet sich leider unsere
Prognose, dass die Wiener Spitäler in Kürze insolvent sein werden.
Besonders deutlich wird die negative
Strukturverschiebung im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. So
musste die Wirtschaftsförderung im Vollzug um fast 36 Millionen EUR
und die Arbeitsmarktpolitik um 20 Millionen EUR gekürzt werden.
Auch der U-Bahn-Bau blieb im Vorjahr um
18,8 Millionen EUR hinter dem Voranschlag zurück.
Das Budget kann daher seine
Funktion im Bereich der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik überhaupt nicht
mehr erfüllen. Dadurch hat sich Wien auch zum Schlusslicht beim
Wirtschaftswachstum in Österreich entwickelt. Diese falsche Wirtschaftspolitik
hat dazu geführt, und davon hat man überhaupt nichts gehört vom Herrn
Finanzstadtrat, dass Wien mit 0,3 Prozent die wirtschaftliche Stagnation
nicht überwinden konnte. Und dadurch hat sich eben Wien bei der
Wirtschaftsdynamik zum österreichischen Schlusslicht entwickelt. Dies vor allem
deshalb, weil Wien seit 2000, vor allem 2001 bis 2003, eine falsche
prozyklische Budgetpolitik gemacht hat. Sie hat in Wirklichkeit, als die
Konjunktur negativ war, diese Abschwungphase noch verstärkt. Mitten in der
Rezession wurden die kommunalen Investitionen drastisch gekürzt. (GR Friedrich Strobl: Können Sie das
beweisen?) Ich kann Ihnen
das, Herr Kollege, beweisen. Sie versuchen immer eine Schaumschlägerei hier zu
betreiben, falsche Zahlen zu präsentieren oder verbal nur zu sagen, wir sind
die Besten, alles in Ordnung. Ich kann und wir können Ihnen und wir werden
Ihnen das jetzt bei dieser Debatte um den Rechnungsabschluss auch beweisen,
dass es so ist, dass es wirklich so ist, dass Sie eine falsche
Wirtschaftspolitik gemacht haben, dass Sie eine falsche Budgetpolitik gemacht
haben (GR Dipl Ing Martin Margulies: Die
Bundesregierung!) und dadurch alles noch um vieles schlimmer gemacht haben. (Beifall bei der FPÖ. – GR Dipl Ing Martin
Margulies: Das ist eine gewagte Interpretation!) Nein, die Bundesregierung
hat eine antizyklische Budgetpolitik gemacht. (GR Christian Oxonitsch: Beweise!) Auch das ist nachweisbar. Nehmen
wir ein Beispiel. Herr Kollege Oxonitsch, nehmen wir ein Beispiel, weil der
Herr Finanzstadtrat bei der letzten Diskussion zum Budget 2004 gesagt hat, dass
sozusagen Wien verlassen ist von der Bundesregierung, dass da nur geschadet
wird. Nehmen wir ein Beispiel, an dem Sie ersehen können, dass es tatsächlich
anders ist, als Sie behaupten. Der Bund finanziert nämlich auch zunehmend
kommunale Infrastruktur in Wien mit. (GR
Christian Oxonitsch: Und zwar?) Seit der Erweiterung der Zweckbindung der
Wohnbauförderungsmittel werden Mittel aus dem Zweckzuschuss des Bundes für die
Finanzierung der Infrastruktur in Wien umgeleitet. 2003
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