«  1  »

 

Gemeinderat, 44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 121

 

wurden durch diese Umwidmung städtische Investitionen im Volumen von 140 Millionen EUR direkt vom Bund finanziert. Ich weiß, weil es vom Bund kommt, findet es für Sie nicht statt. Aber das ist die Realität. Und daher können Sie nicht immer nur stereotyp sagen: Der Bund ist schuld, der Bund ist schuld, die Bundesregierung ist schuld, dass es in Wien nicht funktioniert. Sondern das ist hausgemacht, Herr Kollege, das ist hausgemacht, dass wir leider auch wirtschaftspolitisch an die letzte Stelle im Wachstum in Österreich zurückgefallen sind. Das ist bedauerlich. Wir bedauern das. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und die Kürzung der Wirtschaftsförderung in Wien war ebenfalls falsch und führt uns damit schnurgerade zum Problem des Arbeitsmarktes.

 

Ich möchte aber nur eines noch sagen: Dass also die Wirtschaftsförderungen, die verschiedenen Maßnahmen hier gekürzt wurden, ist das eine, das ist eben die sozialdemokratische, die sozialistische Politik. Dass sich aber das die Wiener Handelskammer hat gefallen lassen, ja dass deren Präsident geradezu da mitgemacht hat und auch versucht hat, einen Nebelvorhang zu werfen, ist mehr als erstaunlich und typisch für die Wiener Handelskammer und vor allem für deren Präsidenten. Wir würden vielmehr meinen, dass sich hier die Wirtschaftskammer viel mehr auf die Füße stellen müsste, um wieder die direkten und indirekten Wirtschaftsförderungen in Wien zu verbessern. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Es wurde gespart auf Kosten der Arbeitsmarktpolitik, und das ist von Übel. So schaut eben auch die Entwicklung aus. Das Sparen bei der Arbeitsmarktpolitik findet gerade im Rechnungsabschluss 2003 einen deutlichen Niederschlag. So waren im Voranschlag 2003 für wirtschaftliche Notstandsmaßnahmen 25,5 Millionen EUR budgetiert. Unter diesem Titel sollten Gelder, etwa für eine zusätzliche WAFF-Dotation und ein Lehrlingspaket, aufgebracht werden. Tatsächlich wurden aber – und jetzt hören Sie zu, bitte – im Budgetvollzug nur 5,5 Millionen EUR ausgegeben. 20 Millionen EUR für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen der Stadt fielen dem Rotstift einfach zum Opfer. Und so schaut eben auch die Art der Arbeitsmarktpolitik bis hin zur Lehrlingsproblematik aus. So weigert sich etwa auch der WAFF, eigene Förderungsmodelle für die von der Bundesregierung eingeführte Elternteilzeit zu entwickeln, obwohl die doch so wichtig ist und wirklich eine Innovation darstellt.

 

Daher scheiterte auch die Wiener Lehrlingspolitik. (Zwischenruf des GR Godwin Schuster.) Herr Schuster, Sie sollten da jetzt lieber zuhören, weil das hören Sie nämlich von Ihrem Finanzstadtrat nicht, dass auch die Lehrlingspolitik gescheitert ist (GR Franz Ekkamp, eine Tabelle aus seinem Laptop zeigend: Herr Kollege, das stimmt nicht!), dass wir leider über 1 000 Jugendlichen hier keine Lehrstelle geben können – durch Ihre Schuld, Herr Schuster. (Beifall bei der FPÖ.) Auch hier hat sich Wien zum Schlusslicht entwickelt, 1 034 Lehrstellensuchende sind vorhanden, 189 offene Stellen sind nur da.

 

Sie wollen gar nicht diskutieren. (GR Godwin Schuster: Ganz im Gegenteil!) Sie wollen nicht diskutieren über andere Modelle, wie wir sie etwa in Vorarlberg haben, wie wir sie in Oberösterreich haben oder auch in Kärnten mit der Lehrlingsprämie. Sie wollen darüber nicht diskutieren, sondern Sie sagen, bei uns ist eh alles in Ordnung, obwohl der WAFF mit seinem Ausbildungsverbund nur 14 neue Ausbildungsplätze in Wien schaffen konnte, während zum Beispiel in Oberösterreich mit dem neuen Modell dort 3 000 neue Lehrplätze geschaffen werden konnte. Das interessiert Sie alles nicht. Sie wollen nur an der Macht bleiben, mit der Macht Ihrer Propaganda, die Sie haben, weil ja auch der Presse- und Informationsdienst wieder exorbitant ausgestattet wurde. Sie glauben, Sie können den Leuten ein X für ein U vormachen. Wir werden jedenfalls versuchen, das zu verhindern, weil die Leute spüren das ja draußen, und wenn über tausend Jugendliche keine Lehrstelle finden, dann ist das wirklich eine Katastrophe. Genauso wie der gesamte Arbeitsmarkt. Und Sie lachen drüber! (GR Godwin Schuster: Wer hat das gemacht?) Na, das ist ein trauriges Zeichen, und es ist auch ein gefährliches Zeichen, wenn Sie jetzt darüber lachen.

 

Wien ist seit 2002, 2001 am Arbeitsmarkt gesamtösterreichisch gesehen an letzter Stelle. Wir haben jetzt im ersten Quartal 92 000 Arbeitslose in Wien zu verzeichnen. Da möchte ich wissen, wo der Herr Finanzstadtrat das herbekommt, dass Wien an der ersten Stelle liegt. Ja vielleicht, wenn man das umdreht und sagt: Der, der die meisten Arbeitslosen hat, ist an erster Stelle. So ist Ihre Statistik verständlich, die Sie da vorgezeigt haben in Ihrem Inserat. Aber das darf ja nicht die Wahrheit sein, dass Sie das wirklich so meinen. Wien hat in den letzten drei Jahren 16 400 Arbeitsplätze netto verloren, während in den anderen Bundesländern 53 800 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden.

 

Und jetzt möchte ich zwei Institutionen zitieren. Bei uns sagen Sie ja immer, so wie der Herr Strobl es tut: Aber das ist ja alles nicht wahr, was wir da an Zahlen bringen. Na, ich bringe hier zwei Institutionen, denen Sie vielleicht mehr glauben. Und wenn Sie ihnen schon nicht jetzt glauben, dann vielleicht für die Zukunft, wenn Sie sich das anschauen. Das Wirtschaftsforschungsinstitut sagt wörtlich: "Die schlechte Entwicklung der Ostregion in den letzten Quartalen wird vor allem vom Wiener Arbeitsmarkt geprägt." Geprägt, Herr Strobl! (Zwischenruf des GR Friedrich Strobl.) Da müssen Sie jetzt das WIFO beschimpfen, nicht mich. Kehren Sie lieber vor Ihrer eigenen Tür, weil das ist das Resultat Ihrer schlechten Politik. "Der erhebliche Strukturwandel der Wiener Stadtwirtschaft, der schon im letzten Jahrzehnt zu Arbeitsplatzverlusten insbesondere in der Sachgüterproduktion, dem Bauwesen und dem Handel führte, blieb prägend für die Wiener Beschäftigungslage." Und daher stammt auch schon jeder zweite neue Arbeitslose, gesamtösterreichisch gesehen, aus Wien.

 

Und jetzt noch eine Institution, der Sie vielleicht noch mehr glauben können als dem WIFO, nämlich die Wiener Arbeiterkammer. Sie weist auf diese jetzige dramatische Situation hin und sagt wortwörtlich: "Das Jahr 2003 stellte das vierte Jahr in Folge mit sinkender

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular